Gut sieht er aus, der Kandidat: Blondes Haar über festem Lächeln, ein Mann, der sich in den Medien gut schlägt, der Antworten manchmal schneller gibt als Fragen gestellt wurden. Dietmar Bartsch ist einer, der von sich selbst überzeugt ist: Auch deshalb kandidiert der gebürtige Stralsunder für den Parteivorsitz der Linkspartei. Seine solide Ausbildung als Wirtschaftswissenschaftler, als ehemaliger Schatzmeister der PDS und als deren Bundesgeschäftsführer geben ihm jene Karriere-Grundierung, die ein Kandidat braucht. Was ein Kandidat sonst noch mitbringen sollte, Inhalte und Positionen, lieferte der Mann auf seiner Kandidatur-Pressekonferenz sonderbar karg.
"Antikapitalismus allein reicht nicht", wusste der Bundestagsabgeordnete und unterstellte dem bisherigen Kurs seiner Partei damit eine antikapitalistische Begrenzung. Sieht man davon ab, dass die Mitglieder seiner Partei jede Menge Kommunal- und Landespolitik bewegen, in der sie fraglos unterhalb des puren Antikapitalismus agieren, steckt in Bartschs Satz eine verächtliche Kritik des Antikapitalismus, die er schnell mit dem Satz ergänzt: "Die alte radikale Linke hat sich überlebt." Mitten in der tiefsten Krise des Kapitalismus seit langem soll sich die radikale Linke überlebt haben, soll der Antikapitalismus unzureichend sein?
Der Mann, der in den Medien als "Praktiker" firmiert und gern gegen die "unpraktischen" linken Linken ausgespielt wird, hat von seiner eigenen Partei, deren Kurs er offenkundig als überlebt begreift, ein sonderbares Verständnis: In einem Gespräch mit dem SPD-Vorsitzenden Gabriel, dokumentiert vom "Stern", reagierte er auf dessen Angebot doch in die SPD zu kommen mit einem bemerkenswerten Satz: "Um mich dorthin zu kriegen, müsste die Linke sich so entwickeln, dass sie nicht mehr meine Partei wäre." Nicht die SPD müsse sich ändern, damit Dietmar Bartsch sie in Betracht zöge, nein, er befürchtete, dass die eigenen Truppen sich so ändern könnten, dass er ins sozialdemokratische Exil ziehen müsste.
Und damit klar wird, worum es dem Linkspolitiker geht, verkündet er: "Die Linke braucht einen neuen Aufbruch" und sie solle "ihren Weg klar beschreiben und konsequent gehen". Unterhalb des hübschen Marketinggeklingels schwimmt dann ein Satz wie dieser: "Nun wird das Programm auf seine Politikfähigkeit getestet." Nicht, dass das Erfurter Programm seiner Partei umgesetzt werden solle, steht auf der Agenda des Kandidaten. Er will es erstmal testen um dann, wenn die LINKE "lernfähig" ist, "anderen die Hand zu reichen". Wem zu welchen Konditionen die Hand gereicht werden soll, mag Dietmar Bartsch nicht sagen, doch fällt ihm noch ein, dass es nicht reiche, nur Druck auf die SPD auszuüben. So, als ob das alles wäre, was die Linkspartei bisher zu bieten habe. Und so, als nähme man den linken Druck von der SPD - wie mit den Koalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern geschehen - die LINKE dann herrlichen Zeiten entgegen schreiten könne. Die Wahlergebnisse im Resultat der Anpasser-Koalitionen sprechen eine andere Sprache.
Nur manchmal verrutscht dem Kandidaten das Dauerlächeln. So jüngst bei einer Diskussion in Berlin-Mitte, als er auf die Frage, wie er sich denn die vielen widerstreitenden Meinungen und Fraktionskämpfe in der Linkspartei erkläre, einen interessanten Blick in seine Psyche ermöglichte: Da in Zeiten schlechter Wahlergebnisse die Mandate knapper seien, würden sich die Abgeordneten der Linkspartei um die Posten streiten wie "die Hartz-Vierer um den Alkohol". Wer so über seine Leute denkt und offenkundig annimmt, dass der Suff das Erkennungsmerkmal der Arbeitslosen ist, der kann, auf dem Weg in die FDP, die Mitgliedschaft in der SPD gleich überspringen.