Der Glanz der Leutseligkeit, er fiel auf alle im Saal, als sie sagte: »Ich bin die Gloria.« Aber natürlich ist die geborene Mariae Gloria Ferdinanda Gerda Teutonia Franziska Margarethe Friderike Simone Johanna Joachima Josefine Wilhelmine Huberta Gräfin von Schönburg-Glauchau die ebenso hochmögende wie verwitwete Prinzessin von Thurn und Taxis. Und alle, die zur alljährlichen Verleihung des »Ordens wider den tierischen Ernst« nach Aachen zur ARD-Aufzeichnung gekommen waren, wussten es auch. Deshalb triefte der Saal auch nur so von Durchlaucht und Hoheit, Brillen beschlugen vor Ehrfurcht, Dekolletés schwitzten aus Demut und der entenbeschwanzte Moderator überschlug sich vor lauter Glück.

Ein ziemliches Glück hatten die Veranstalter, dass die ARD ihre diesjährige Sitzung überhaupt übertrug. Im letzten Jahr hatte der Laudator Friedrich Merz die Verleihung des Ordens an seinen Kunden und Kumpel Hunold (Air Berlin) mit der siebzehnfachen Nennung des Unternehmen-Namens besonders geehrt, der soll es ihm mit weiteren Aufträgen gedankt haben. Dieser Schleichwerbung wegen gab es in den Sendern ein kurzes Nachdenken. Aber die ARD kam an der Aufzeichnung dieser Veranstaltung nicht vorbei, weil, wie aus der Intendanz verlautete, mit ihr das intellektuelle Niveau des Programms angehoben werden sollte: Männer in roten Schürzen sangen in fremder Sprache wechselnde Lieder, die sich immer gleich anhörten. Die anwesende, welke Prominenz wurde, vom Podium und den Kameras, persönlich angesprochen und während Frau Thurn und Taxis ein wenig verzweifelt in die Runde sah, verstand Konstantin von Heeremann auch die billigsten Witze erst nach Minuten, stellte Dietrich Genscher jene verwirrte ältere Person dar, die er ist, Frau Simonis sah auf die Uhr, nur Herr Westerwelle fühlte sich in einem Milieu schlüpfriger Pointen und viertklassiger Albereien offenkundig wohl.

Die Verleihung des »Ordens wider den tierischen Ernst« versteht sich durchaus als politische Veranstaltung: Schon Konrad Adenauer wurde mit ihm behängt und in den schönen Jahren 1980 – 1990 wurde er an neun CDU-Politiker verliehen. Johannes Rau bekam ihn 1986 als Trostpreis für die SPD. Natürlich ist die Ordensverleihung auch eine wirtschaftliche Veranstaltung: Die Tickets kosten bis zu 189,- Euro, das Vip-Paket sogar 1.111,- und der Präsident des Unternehmens redete von einem »Premiumprodukt« und einem »Return of Investment«. Auch der Sponsor »Zentis« kam zu seinem Recht: Ein Preis für Karnevalskinder wurde von der Marmeladenfirma vor laufenden Kameras vergeben und weder der Rundfunkrat noch der Kinderschutzbund hat bisher protestiert. Und während der abgelebte Realsozialismus in der deutschen Öffentlichkeit sonst wenig Liebhaber findet, gab es in Aachen klandestyne Reste zu entdecken: Auch die Redner beklatschten sich.

Dass mit Frau Thurn und Taxis wieder ein milliardenschweres Unternehmen im Mittelpunkt eines öffentlich-rechtlichen Programms stand, war der bescheiden recherchierenden ARD offenkundig entgangen: In der Forbes-Liste der Milliardäre wird der jetzige Chef des Hauses als der weltweit Jüngste seiner Gattung geführt. Allein der jährlich Weihnachtsmarkt der Taxis im Regensburger Stammhaus dürfte mehr Umsatz erzielen, als der Etat einer deutschen Kleinstadt beträgt und der Waldbesitz, der die dreifachen Fläche der Insel Sylt umfasst, bringt der Prinzessin ein hübsches kleines Nadelgeld. Wenn jemand an diesem Abend auf Kosten der Gebührenzahler hat Markenpflege betreiben können, dann war es das CSU-Mitglied Gloria von Thurn und Taxis. Bis zu einem gewissen Punkt machte sie das nicht schlecht: Huldvolles Winken, gnädiges Lächeln, man hätte fast vergessen können, dass die Prinzessin die Chefin der »Congreation Mariä Verkündung« ist, einer Kampfgruppe in Treue zum Papst und zur Verehrung der Mutter Gottes.

Doch dann betrat die frisch gekürte Ordensritterin die Bühne und vermehrte die peinliche Ordensverleihung um eine Rede in einem Touristen-Rheinisch, dass sie offenkundig für gewitzt hielt. Ein Angriff auf die CDU-Modernisiererin von der Leyen, ein schleimiges Lob für Frau Merkel, alles als Emanzipation verkauft, mündete in der Klage, dass der arme Adel seine Schlösser mit den vielen Zimmern putzen müsse. Man sah Gloria förmlich auf dem Boden liegen und schrubben. Dann hub die Frau zu singen an: Sie quietschte und kiekste, sie schrillte und dröhnte, dass Nina Hagen neidisch hätte werden können. Und während ihre Stimme das Gehör peinigte, stampften ihre Beine wir Kolben eines Schiffsdiesels den armen Bühnenboden, ihre kräftigen Arme zerteilten die Luft wie Macheten und der Text handelt irgendwie von Karneval. Soviel ästhetischer und intellektueller Genuss war im Ersten lange nicht zu beobachten. Sicher ist die ARD im nächsten Jahr wieder dabei. Die Rede geht, dass der Orden in 2009 an Roland Koch verliehen wird. Für lustige Bemerkungen über jugendliche Ausländer.