Wenn ein Film im Kino eine Null-Resonanz erfährt, wenn er dann im Fernsehen nur spät in der Nacht gezeigt wird, was sagt das über seine Qualität aus? Bei gebildeten Leuten: Nichts. Bei ausschließlich wirtschaftlich orientierten Leuten: Alles. So ein Quoten-Flop war der Film "Der neunte Tag" von Volker Schlöndorff. Und auch dieser und jener andere Film des Regisseurs fiel in diese Kategorie. Über die Qualität von Defa-Filmen, aus der Film-Produktionsgesellschaft der DDR, wußte Volker Schlöndorff jüngst zu sagen: "Die Defa-Filme waren furchtbar. Die liefen damals in Paris nur im Kino der kommunistischen Partei". Das, so meint Schlöndorff, sagt etwas über Quoten aus und Quoten hält er offenkundig für Qualität. Armer Mann.

Nicht arm an Geld - über Jahre hat Schlöndorff ganz nett verdient, als langjähriger Geschäftsführer und Abwickler der DEFA in Babelsberg - arm im Geist. Denn als Schlöndorff in Frankreich war, seit Ende der Fünfziger Jahre, hatte die dortige Kommunistische Partei eine halbe Million Mitglieder und war eine kulturelle Macht, mobilisierte also eine gewisse Quote. Allerdings eine Quote in der Opposition und manche dachten bis jüngst, Schlöndorff könnte man dort auch finden. Aber wenn einer, nach einem langen Leben rund ums Kino, bis heute nicht weiß, dass Kommerz-Kino-Quoten, damals wie heute, über die Marketing- und Verleih-Politik der großen amerikanischen Film-Unternehmen hergestellt werden, also mit Qualität nur bedingt zu tun haben, dann ist ihm nicht so recht zu helfen.

Ganz sicher muss man nicht intelligent sein, wenn man den "Roten-Adler-Orden" trägt, ursprünglich gestiftet von Erbprinz Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth, heutzutage von Herrn Platzek, dem kleinen König des Landes Brandenburg, auch an Volker Schlöndorff verliehen. Aber ein wenig Erinnerungsvermögen sollte so ein Ausgezeichneter schon haben. Dass er den Film "Die Stille nach dem Schuss" gemeinsam mit dem Defa-Autor Wolfgang Kohlhaase gemacht hat: Geschenkt. Aber dass er vor ein paar Jahren den Konrad-Wolf-Preis, benannt nach einem der wichtigsten europäischen Regisseure und zugleich einem von der Defa, bekommen hat, das kann ihm eigentlich nicht entfallen sein. Schon damals wurde ihm vorgehalten, dass er über die Defa gelästert hatte, sie röche nicht gut, und dass er sich brüstete, nur einen einzigen Defa-Film gesehen zu haben und das reiche ihm.

Nach der Oscar-Auszeichnung für seinen Film "Die Blechtrommel" waren die Auszeichnungen für Schlöndorff eher mager. Sicher, der Bayerische Verdienstorden ist auch ganz schön, aber der wurde dem Regisseur von Edmund Stoiber verliehen und der stinkt mehr als die Defa jemals hätte riechen können. Deshalb hatte man im vorigen Jahr, als Schlöndorff in der Süddeutschen Zeitung ergebenst Frau Merkels Mannschaft lobte, den Eindruck, er bewerbe sich um ein Bundesverdienstkreuz: ". .. ich glaube, die blenden nicht so. Nicht nur sie, sondern ihr ganzes Team." Da das nichts half, so wird vermutet, hat Schlöndorff nun nachgeschoben: "Bei der Defa hat alles vor sich hingesuppt". Das war die Suppe, aus der mit dem "Untertan" von Staudte einer der größten deutschen Filme entstand, die mit "Jakob der Lügner" eine Oscar-Nominierung erreichte und mit den "Kindern von Golzow" seit fünfzig Jahren eine Langzeit-Dokumentation köchelt, die bisher in der Welt nichts Gleiches gefunden hat.

"Selig sind die Armen im Geiste", sagt uns die Bergpredigt des Jesus, "denn ihnen gehört das Himmelreich", fährt sie fort und liefert so eine weitere Interpretation für Schlöndorffs Ausfälle: Es ist nicht bös gemeint, er hat halt nicht mehr Verstand. Wohl deshalb ist ihm auch entfallen, dass er, in einem Interview mit dem Krtitiker-Papst Peter W. Jansen, seine Übernahme der Defa-Studios als "egoistisch" bezeichnete, denn er "schaffe die Anpassung an Amerika (wo er sich einige Jahre versucht hatte) sowieso nicht." Amnesie ist nicht strafbar. So wird aus einem Bundesverdienstkreuz vielleicht nichts werden, aber einen Platz im Himmelreich sichert sich der Regisseur schon heute.