Günther Oettinger, dessen bezauberndes Englisch besonders bei den Einwohnern der Pidgin-Inseln jede Menge Beifalls-Stürme ausgelöst hat, Günther Oettinger, Merkels Mann für ´s Blöde, ist eigentlich Kommissar für Energie bei der Europäischen Union. Aber, da seine Chefin in der Euro-Krise jede Menge Hilfe braucht, hat er sich, in einem Interview mit der Bildzeitung, energisch des Problems der Schuldenkrise angenommen. Schulden-Sünder-Staaten, so sagt der tapfere Schwabe, müssten Ihre Flaggen vor den EU-Gebäuden auf Halbmast setzen. So lange bis sie ihren Hauhalt ausgeglichen haben.
Wer denkt, solch originelle Gedankengänge seien neu für unseren Günther, der irrt. Schon 1989, da war er noch Vorsitzender der Jungen Union in Baden-Württemberg, da kam es ihm schon: Zur Unfallvermeidung wollte er das Motorradfahren auf öffentlichen Straßen verbieten. Dieser genialische Vorschlag sei ihm, erklärte er in einem Interview, „unter dem Eindruck des Besuchs einer Unfallklinik entstanden“. Dass der Entzug seines Führerscheins, nachdem er mit 1,4 Promille im Blut erwischt worden war, mit seiner Anti-Motorradkampagne zu tun haben könnte, hat er immer bestritten.
Der Oettinger-Plan, wie ihn die Beamten in Brüssel nennen, soll aber noch weitere pikante Details enthalten. So glauben Eingeweihte zu wissen, dass die Botschafter der Schulden-Sünder-Staaten bei der EU solange mit heruntergelassenen Hosen durch die Straßen der belgischen Hauptstadt laufen müssen, bis der Haushalt ihrer Heimatländer saniert ist. Vertreter der Staaten mit kleineren Schulden-Sünden müssen nur ihre Hosentaschen nach außen krempeln, bei Ländern wie Griechenland empfiehlt der Plan angeblich den öffentlichen Hunger-Pranger: Deren Ministerpräsidenten werden auf dem Grande Place der Europa-Stadt an den Pfahl gebunden, neben ihnen steht dann ein Schild mit Aufschrift "Füttern verboten", das erst weggenommen wird, wenn die Rettungsschirme wieder eingeklappt werden können.
Der kreative Umgang mit Finanzen ist dem Oettinger schon seit Jahren geläufig. Als die Erben der Großherzöge von Baden 2006 mit finanziellen Forderungen an das Bundesland herantraten, wußte Ministerpräsident Oettinger gleich was zu tun war: Er visierte den Kauf kostbarer Handschriften und Inkunabel im Wert von 70 Millionen Euro aus der Badischen Landesbibliothek an, obwohl das Verlangen des Hauses Baden juristisch dubios war und sowohl Kunsthistoriker als auch Forscher von einem "Akt der Barbarei" sprachen. Schon hier deutete sich der spätere Oettinger-Plan an, der sich noch segensreich auf die Schieflage so mancher europäischer Staaten auswirken wird.
Ist der spanische Staat nicht im Besitz einer ganzen Reihe von Gemälden der Künstler Velasques, El Greco oder Goya? Ab nach China mit dem Ramsch, soll Oettinger vorgeschlagen haben, dann ist Spanien saniert. Ist Griechenland nicht voller antiker Trümmer? Da kennt Oettinger schon diesen oder jenen russischen Oligarchen, der sein Schwimmbad gern umdekorieren würde. Nur sein Vorschlag, "des was da so rumhängd" in den Museen in Rom, Florenz oder Venedig, "von dene Dawintschies und de andere Kleggser", zugunsten des Staatshaushaltes an die Mafia zu verkaufen, wird sich nicht realisieren lassen: Den Mafiosi ist das alles schon lange von Berlusconi verpfändet worden.
Fraglos ist Oettinger unter Frau Merkels ausgesucht qualifiziertem Personal der Ausgesuchteste. Konnte er doch mit bloßem Auge feststellen, dass der Nazi-Richter und spätere Ministerpräsident Hans Filbinger "kein Nationalsozialist" war. "Im Gegenteil" sei der furchtbare Jurist, der für eine Reihe von Terror-Urteilen verantwortlich war, "ein Gegner des NS-Regimes" gewesen. So werden Merkel und Oettinger gemeinsam Europa retten, wenn sie schlicht erklären, dass es keine Krise gibt sondern "im Gegenteil" die europäischen Landschaften so heftig blühen, wie die Fantasie der beiden brillanten Politiker.