Mit pompösem Pathos wird zur Zeit eine Debatte um den neuen Bundespräsidenten geführt: Über den Parteien solle er stehen, insbesondere in Krisenzeiten müsse er eine, das dumme Volk einigende Kraft sein und überhaupt. Der SPD-Chef Gabriel zum Beispiel, trägt seine Meinung zu dieser Frage mit einem so bedeutungsvollen Timbre vor, dass er am ganzen Körper zu wabbeln scheint. Sieht man sich die beiden bisher von den konventionellen Lagern vorgeschlagenen Kandidaten an, erkennt man die pure politische Taktiererei: Christian Wulff ist der gelernte Partei-Appartschik, von dem Merkel hofft, dass er keine Widerworte gibt. Joachim Gauck soll zum einen diesen oder jenen FDP-Delegierten in der Bundesversammlung verführen, die Seiten zu wechseln. Zum anderen soll mit ihm sichergestellt werden, dass möglichst kein Abgeordneter der Linkspartei gemeinsam mit den Sozialdemokraten stimmt. Zwar hat die Linkspartei mit Luc Jochimsen eine respektable Kandidaten in ein aussichtsloses Rennen geschickt, aber deren vorgebliche Pragmatiker, Ramelow und Bartsch, kokettieren bereits vor der Präsidenten-Wahl so heftig mit Herrn Gauck, dass sie ihre Kandidatin schon demontieren bevor sie durchgefallen ist.

Während also hinter den potemkinschen Kulissen der Ehrbarkeit des Amtes der übliche politische Klüngel abläuft, wird die entscheidende Frage nicht gestellt: Wozu brauchen wir eigentlich einen Bundespräsidenten? Um den Botschaftern beim Neujahrsempfang die Hände zu drücken, kleinen Kindern vor Kameras über den Kopf zu streichen und emailliertes Blech an garantiert weiße Westen zu heften: Solch ein Grüß-August kommt den Steuerzahler teuer. Allein das Bundespräsidialamt mit seinen 150 Vollzeit- und 30 Teilzeitkräften und jeder Menge Dienstwagen verschleisst einen Jahresetat von 17 Millionen Euro. Die letzte Renovierung von Schloss Bellevue hat satte 25 Millionen Euro gekostet und selbst die lebenslange Rente beträgt für den jeweiligen Bundespräsidenten, ohne Büro- und Personalkosten, 200.000 Euro jährlich. Da kann das Steuervolk nur hoffen, dass die Präsidenten nicht alt werden.

Glaubt man den Regierenden, dann muss, infolge der Spekulanten-Sanierung, überall gespart werden. Wer laut und frech verkündet, dass wesentlich im sozialen Bereich gekürzt werden soll, der darf vor dem Bundespräsidenten-Amt nicht halt machen. Der Wegfall des Amtes würde nicht nur viel Geld sparen, sondern auch welches einbringen: Die beiden Präsidenten-Immobilien - Villa Hammerschmidt in Bonn und Schloss Bellevue - gehören zu den interessantesten Objekten auf dem Immobilienmarkt und würden, bei einer internationalen Versteigerung, kaum weniger als eine Milliarde erbringen. Ein Segen für die überschuldete Republik. Dass man dann in Berlin womöglich einen der russischen Neureichen im Schloss wohnen hat, kann dem Umsatz in den Luxus-Läden der Stadt nur gut tun. Wegen der Rheinromantik wird sich sicher einer der frischen Milliardäre aus Schanghai finden, der dem gebeutelten Rhein-Ruhr-Raum mit dem Kauf der Villa Hammerschmidt ebenfalls einen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren könnte.

Nun ist das Bedürfnis nach einem repräsentativem Oberhaupt schwer auszurotten. Wer einen Blick in die Regenbogen-Presse oder auf deren Auflagenzahlen wirft, der weiß, dass die Deutschen einen tiefe Sehnsucht nach Kaisern, Königen und insbesondere Prinzessinnen und Prinzen haben. Auch für die jeweils Regierenden ist ein solches Schein-Oberhaupt ganz praktisch: Es kanalisiert die romantischen Wünsche des Volkes und ist eine goldene Zier des grauen politischen Alltags. Deshalb sollte, gegen eine geringe Apanage, der Job eines Leih-Monarchen ausgeschrieben werden. Unter den gekrönten Häuptern im Wartestand wird sich sicher jemand finden. Caroline von Monaco drängt sich geradezu auf: Sie ist schon mit einem echten deutschen Prinzen verheiratet, sieht gut aus, ihr Grundgehalt zahlt bereits das Fürstentum und in Ihren Arbeitsvertrag schriebe man das hinein, was jetzt im Artikel 58 des Grundgesetzes steht: "Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten (der Prinzessin) bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister." So ein Leih-Monarch hätte auch den Vorzug der Abwechslung: Alle zwei Jahre bekäme das Volk ein anderes Oberhaupt, die mediale Inszenierung wäre perfekt. Nach Caroline könnte gut der liechtensteinische Erbprinz Alois ausgeliehen werden: Mit ihm käme dann auch noch diese oder jene Steuermilliarde in das Land zurück, wo sie hinterzogen worden ist.