Wir haben es besser, sagen nicht wenige, insbesondere die weiblichen unter meinen Bekannten. Mit Merkel, so die Fortsetzung, stehen wir allemal besser da als die Franzosen mit Sarkozy oder die Italiener mit Berlusconi. Außerdem: Sie ist eine Frau! Zumindest das scheint zu stimmen. Spätestens nachdem Frau Merkel bei einer Operneröffnung in Norwegen mittels eines Push-up-BH´s ihre sekundären Geschlechtsmerkmale in die Kameras gehalten hat, darf man sich sicher sein. Alles andere ist ungefähr so klug und beweiskräftig, als hätten die französischen und italienischen Nachbarn die Pest und wir würden uns heftig über das Wüten der Cholera in Deutschland freuen.

Noch vor wenigen Tagen hat die Kanzlerin voller Stolz erzählt: Die Arbeitslosigkeit wird weiter sinken. Das ist immerhin so wahr, wie Angela Merkel eine Frau ist. Nur noch 3,6 Millionen Arbeitslose sind es in der Statistik, gegenüber den einst rund fünf Millionen, das wird überall und permanent gedruckt oder gesendet. Ein Land ist im Aufschwung. Und Frau Merkel weiß auch zu berichten, wie es weiter geht: »Wir sind bei der Arbeitsmarktpolitik noch nicht am Ende der Reformen.« So wie das Wort Reform völlig sinnentleert benutzt wird, so ist es auch mit der Arbeitslosenstatistik: Sie ist aufgehübscht, mittels eben jener »Reformen« wird die soziale Wirklichkeit weggelogen.

Rund 6,5 Millionen Menschen müssen in Deutschland von Löhnen um sieben Euro leben . Dieser Niedriglohnsektor weitet sich ständig aus. Innerhalb eines Jahrzehnts wuchs er von 15 auf 22 Prozent. Das ist der eigentliche Aufschwung, um den es geht. Etwa zwei Millionen dieser »Minijobber« bekommen weniger als fünf Euro in der Stunde. Ein wesentlicher Teil von ihnen bekommt Hartz IV. Hier stecken die Arbeitslosen aus der alten Statistik: Sie sind aus der Sparte "arbeitslos" in die Sparte Niedrigstlohn gewandert und dürfen so, unfreiwillig versteht sich, eine Tendenz zur Vollbeschäftigung darstellen wie der Push-up-BH der Merkel eine Tendenz zur strammen Vollbusigkeit vortäuschen soll.

Wenn diese Schaufensterpolitik nichts anderes ergäbe, als die Fälschung einer Statistik zum Zwecke der Wiederwahl, wäre es widerwärtig genug. Aber es geht nicht nur um niedrige Löhne, es geht auch um Erniedrigung. Um die Demütigung für gleiche Arbeit, wie insbesondere bei den Leiharbeitern, weniger Lohn zu bekommen. Um den devoten Gang zum Arbeitsamt, zwecks Beantragung von Hartz IV. Um den »freiwilligen« Verzicht auf Sozialleistungen wie Krankenversicherung und Arbeitslosenversicherung. Es geht um die Verschönerung der Merkelschen Fassade zu Lasten der Armen.

Obwohl das Äußere der Merkel keinen Vergleich zum früheren Kanzler Kohl zulässt, ist ihr doch die gleiche Haltung zu eigen: Probleme ignorieren, aussitzen und klein reden. Zur Bankenkrise, die keineswegs nur in den USA vonstatten geht, fällt der Dame eine, »dass sich das internationale Wirtschaftsumfeld eingetrübt« habe, wie sich ja manchmal das Wetter eintrübt. Sie ist fraglos eine Meisterin sprachlicher Camouflage, des Vereinfachens von Zuständen bis sie nur noch Umstände sind: »Wir müssen zu Hause unsere Hausaufgaben machen«. Das ist mal ein Ratschlag sagt da der deutsche Hausmann, darauf wäre ich alleine nie gekommen.

»Manche Paarungen haben ästhetischen Reiz«, antwortet das Gründungsmitglied der GRÜNEN, Daniel Cohn-Bendit, auf die Frage der »Frankfurter Rundschau« ob er sich eine Koalition von Angela Merkel und Jürgen Trittin vorstellen könne. Cohn-Bendit der Ästhet (der `empfindsame Freund des Schönen´) hat den Trend begriffen: Was sollen uns Inhalte, soziale Verantwortung, innere Werte, Hauptsache es sieht nett aus: Push up, Merkel!

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