US-Präsidenten genießen die Freiheit,
als Vollstrecker des imperialen Erbes zu handeln -
nicht jedoch, dieses Erbe als die erdrückende Bürde zu behandeln,
zu der es geworden ist.
Norman Birnbaum

Was werden die rund 50.000 US-Soldaten machen, die im Irak bleiben? Glaubt man den TV-Bildern und den Kommentatoren, dann muss es so etwas sein wie Golfplätze bauen und anschließend darauf spielen. Denn, so zum Beispiel die "Süddeutsche Zeitung": "USA beenden Kriegseinsatz im Irak". Oder "Tagesschau.de" : "Das Ende einer jahrelangen Mission". Doch nach wie vor wird der Alltag im Irak vom Bürgerkrieg bestimmt. Es findet sich, trotz der Wahlen im März, keine Regierung. Die Widersprüche zwischen den Sunniten und den Schiiten sind ungelöst, die irakischen Kurden proben die schwer bewaffnete Selbstständigkeit und das Öl in und um Kirkuk bleibt der Zankapfel einer Nation, die keine sein will und immer noch das flüchtig konstruierte Ergebnis englischer Kolonialpolitik ist.

Für Barrack Obama mag der demonstrativ verkündete Abzug der Truppen ein "Hole-in-one" sein, jener legendäre Schlag im Golfspiel, der den Ball vom Abschlag aus direkt ins Loch spielt. Denn die kommenden Kongress-Wahlen sollen nicht vom Noch-Krieg im Irak überschattet werden. Für die mehr als 4.000 toten US-Soldaten und die ungezählten toten irakischen Zivilisten gilt der angebliche Befreiungsschlag keinesfalls. Die etwa 7.000 Söldner, die jetzt als zweite Welle der Privatisierung des Krieges in den Irak strömen, um dort Sicherungsaufgaben zu übernehmen, sind zwar besser bezahlt als die regulären amerikanischen Soldaten, aber das schützt nicht vor dem Tod. Dass damit die unsägliche Politik der Cheneys und Rumsfelds von Obama fortgesetzt wird, zeichnet den US-Präsidenten als Getriebenen und nichts als Antreiber einer neuen Politik.

Sieben Jahre nach Beginn des Irakkriegs und mehr als hunderttausend Tote später ist es Zeit Bilanz zu ziehen: Ja, Saddam Hussein, der Diktator ist in den Abgrund der Geschichte verschwunden, ja, es hat so etwas Ähnliches wie demokratische Wahlen gegeben. Und sonst? Die einstmals nationalisierte Öl-Industrie des Irak ist weitestgehend in die Hände ausländischer Investoren zurückgekehrt, die Gegensätze zwischen den religiösen Gruppen und zwischen den nationalen Minderheiten hat sich vertieft und die vorgeblich freie Welt hat mit den Folterstätten Abu Graib und Guantanamo beweisen dürfen, dass sie im Feindesfall auch nicht besser ist als Saddam Hussein.

"Ending combat operations in Iraq" schreibt die Washington Post, als sei nun die von Bush jr. angekündigte "Mission Accomplished" erreicht. Doch immer noch werden die Golflöcher von Bombern in die afghanische Erde gesprengt, immer noch ist das große Spiel um die Rohstoffvorräte der Welt nicht beendet, immer noch werden unter dem Vorwand der Demokratisierung ausländische Truppen in dieses oder jenes Land geschickt. Wer am Beispiel des Iraks nicht begreift, dass die militärische Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten nur Verlierer kennt, wer nicht mit dem Anfang vom Ende des Kriegs in Afghanistan beginnt, der sollte sein Amt aufgeben. Das ist von Frau Merkel und Herrn Westerwelle leider nicht zu erwarten. Mission gescheitert.