Schicke Schnellboote, coole Schießübungen, die Sonne scheint auf adrette Uniformen: Das ZDF zeigt ein Werbevideo für den Abenteuerurlaub mit der Bundeswehr vor der Küste Libanons, in den Abend-Nachrichten versteht sich. Der Zuschauer wartet geradezu auf die Bilder von badenden Soldaten im Blau des Mittelmeers. In Afghanistan wird zur gleichen Zeit in einer anderen Flüssigkeit gebadet.

Längst sind die deutschen Medien schlau geworden: In den Redaktionen hält man die Afghanistan-Präsenz der Bundeswehr nicht mehr für einen Friedenseinsatz oder für einen Wiederaufbau-Auftrag. Auch vom früher treuherzig verkündeten Glauben, dass man in Afghanistan erfolgreich den Terror bekämpfe, sind die Verbreiter der täglichen Wahrheiten ziemlich abgerückt. Diesem oder jenem rutscht sogar das Wort Krieg heraus. Aber wie immer herrscht in deutschen Redaktionen nicht der Kluge sondern der Schlaue, und der Schlaue hat keine Meinung - die Medien sind ja objektiv - er glaubt er hat Ahnung. Und damit er diesen Anstrich behält, sagt er mit kennerischem Gestus: Wir werden, so oder so, in den Süden müssen. Und macht sich damit die Haltung zu eigenen, die er scheinbar kritisiert.

Im Süden kämpfen NATO-Truppen unter Führung der USA angeblich gegen die Taliban. Dort wird täglich gestorben. Auch wenn in der "Zeit" ein sogenannter Experte ungestraft sagen darf: "Noch sind die Zahlen der Menschenopfer erträglich". Wahrscheinlich korrekt listet der "Spiegel" für dieses Jahr 92 tote ausländischeSoldaten auf, das Archiv des "Spiegels" ist für seine gründiche Recherche, frei von irgendwelchen Werten, berühmt. Die Zahl der toten Zivilisten ist nirgendwo zu erfahren, sie werden nicht einmal im Antrag der "Linksfraktion" gegen die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan erwähnt.

Der überlegene Kriegs-Connaisseur in den Redaktionen weiß: "Die Deutschen müssen das Töten lernen", so steht es auf einem "Spiegel"-Titel. Der Redakteur muss es natürlich nicht, er muss auch nicht am Hindukusch verrecken. Deshalb rätselt er auch nicht lange darüber, warum "wir" denn in Afghanistan sind. Kein investigativer Journalismus mag uns sagen, was genau die Bundeswehr-Spezialkräfte an der Seite der US-Truppen im Süden machen. Auch von einer Beendigung des Einsatzes ist eher nicht die Rede: Der "Vorwurf Deutschland verweigere Kanadiern und Briten, die im Süden Afghanistans in Kämpfe verwickelt sind, die Solidarität, wiegt schwer. Zu schwer, um ihn zu ignorieren" kommentiert die "Süddeutsche Zeitung." Wer hat die Soldaten denn "verwickelt" und wer wickelt sie wieder aus, solch kindliche Fragen sind den Schlauen fremd.

In Vorbereitung des Nato-Gipfeltreffens hat die deutsche Regierung längst eine Exit-Strategie entwickelt. Natürlich weiß sie nicht, wann und wie die Truppen aus Afghanistan heimgeführt werden sollen. Aber mit Aplomb erwidern Merkel & Compagnie auf die NATO-Forderungen nach deutschen Soldaten für den Süden Afghanistans, dass sie auf keinen Fall mehr Soldaten schicken werden. Im Kleingedruckten liest man dann bei Frau Merkel, dass wir ein Mandat haben "mit dem wir in Notfällen auch im Süden helfen können" und ein Regierungssprecher sagt nebensätzlich, dass deutsche Soldaten "auch in anderen Regionen außerhalb des bisherigen Gebietes eingesetzt" werden könnten. Vielleicht ist es doch keine Exit-Strategie sondern nur ein Schlupfloch für Schlaue.

Wenn man ein schlauer Kriegsgegner wäre, müsste man sich über jeden Toten in Afghanistan freuen. Denn mit jedem toten Deutschen, tote Afghanen zählen nicht, steigt die Chance, dass eine kurzsichtige und müde Öffentlichkeit in Empörung geriete. Aber so clever können nur Redakteure und Politiker denken.

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