Spätestens seit Friedrich Merz über Asylbewerber räsonierte, »die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine«, hat die Migrationsdebatte den Mainstream erreicht.
Das Gebiss des deutschen Volks
Eine Debatte, die von der AfD angestoßen worden war und sich lange Zeit auf die kulturellen Folgen der Migration beschränkte, erreicht jetzt auch den Mainstream. Zwar sind die neuen Zähne noch auf die sozialen, wirtschaftlichen Fragen der Migration beschränkt, aber natürlich steckt hinter den Fragen nach den neuen Zähnen die nach dem Volk: Es geht bei Merz nicht um irgendwelche Bürger, sondern um die Deutschen, um deren Zähne sich der Kanzler Sorgen macht; um das Gebiss des deutschen Volks.
Das Volk ist im GG zu Hause
Das deutsche Volk ist im Grundgesetz zu Hause. Im Artikel 20 des Grundgesetz betritt es kräftig und nachhaltig die politische Bühne; dort heißt es unmißverständlich: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.« Es taucht dann im Artikel 146 erneut auf, wenn es um die Deutsche Einheit geht, die eigentlich eine neue Verfassung fordert, »(...) die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist«.
Neue Verfassung?
Nun haben wir zwar die nationale Einheit der Deutschen, aber keineswegs eine neue Verfassung. Allein eine umfassende Debatte um eine neue Verfassung wäre ein Element der Demokratie gewesen, eine grundsätzliche Auseinandersetzung darüber, was das Volk will und wer das Volk ist.
Nationale Souveränität
Die französische Verfassung, die bis heute stark von der bürgerlichen Revolution 1789 bis 1799 geprägt ist, gibt dem Volk eine erkennbare, markante Schlüsselrolle, wie sie im Artikel 3 formuliert wird: »Die nationale Souveränität liegt beim Volke, das sie durch seine Vertreter und durch Volksentscheid ausübt.« Diese Souveränität ist den Deutschen bisher nur auf der Ebene der Bundesländer zugebilligt. Dort gab es und gibt es Volksentscheide in Einzelfragen; Grundsatzfragen müssten auf der Bundesebene entschieden werden. Die Behauptung, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgehe, würde nur dann sichtbar, wenn das Volk in Bewegung geriete.
Als Völkisch gebrandmarkt
Für einen kurzen Moment, ganz zu Beginn des Corona-Regimes, waren die Deutschen über die Parteipräferenzen hinweg in einer widerständigen Bewegung. Schnell haben die Herrschenden, deren Medien und ihre Regierung, dieses kurze Aufmucken als »rechts«, als völkisch gebrandmarkt. Angesichts der deutschen Geschichte war das ein schlauer Schachzug: Das Volk schien sich zu erheben und wurde flugs in eine Nazi-Ecke verbannt, in der es nie war. Als sich die deutsche Linke vor ihrer Verantwortung drückte, dem Volk Leitlinien zu geben, sprang die fraglos rechte AfD auf das Trittbrett der Bewegung gegen das Corona-Regime auf und gab den Medien damit einen Grund, die Bewegung als rechts zu diffamieren. Nicht blöd, nahm die AfD die Chance wahr, und wurde zur einzigen Stimme dieser Bewegung im Parlament.
Neue Revolutionäre Bewegung
Es ist sehr fraglich, ob das Volk sich in historisch kurzer Frist erneut zu einer ähnlichen, fast revolutionären Bewegung aufraffen kann. Der erste Schritt dazu wäre, dass sich die deutsche Linke dem Volk wieder näherte. Das deutsche Volk, siehe die Revolutionen in seiner Geschichte, ist nicht rechts gebore Allerdings muß das eine verstummte Linke begreifen und ohne Scheu als »völkisch« zu gelten, dem eigenen Volk ein Angebot zur Änderung der Verhältnisse zu machen. Dann wird man sehen können, dass die Staatsgewalt nicht von den Merz & Co. ausgeht und dem Grundgesetz wäre Genüge getan.
Der Artikel erscheint parallel in der Zeitung DEMOKRTISCHEHR WIDERSTAND