Was wäre ein Schweizer Käse ohne Löcher? Er wäre, sagen die Schweizer, lange nicht so lecker. Dieses delikate Prinzip betrifft offenkundig auch die Tagesschau. Die Meldungen sind voller Löcher, es gibt Sendungen, da besteht die angebliche Nachricht nur noch aus Löchern. Ein Rand – der ja notwendig ist, um dem Loch einen gewissen Halt zu geben, ihm Substanz zu verleihen, das Loch erst zum Loch zu machen – fehlt bei manchen Meldungen bis zur Negation des Loches. Dass dieses sonderbare Verfahren die Sendung delikat macht, kann man nicht behaupten.

Loch in der Geografie

"Vorschlag zur Corona-Krise - Weitere 500 Milliarden Euro für Europa" ist eine der Tagesschau-Meldungen übertitelt. Wie immer tut die Tagesschau so, als wäre die EU Europa. Mit diesem Loch in der Geografie werden ein paar Millionen Menschen ausgeblendet und statt handfester Geografie betreibt die Hamburger Redaktion Ideologie: Man tut so, als gäbe es zum Beispiel Russland gar nicht. Aber die Locherei geht noch weiter. Es fehlt die klassische journalistische Frage nach dem WOHIN mit den Milliarden? Ungenau bis zur Unkenntlichkeit geben die scheinbar beamteten Damen und Herren in Hamburg die Regierungsbehauptung einfach weiter: Es "sollten insbesondere Investitionen in den Bereichen des ökologischen und digitalen Wandels gefördert werden". Hä? Wer, wann, wo? Und warum bitte nicht in das marode deutsche Gesundheitswesen? Doch schon die Frage bleibt im düsteren Loch redaktioneller Unfähigkeit stecken, da bleibt dann auch die Antwort im Halse, der ja irgendwie auch ein Loch ist.

Recht auf Bildung

Geradezu typisch für die Tagesschau ist diese Überschrift: "Giffey bestätigt Pläne - Bis zu 20 Wochen Lohnersatz für Eltern". Das klingt ganz gut. Und gemeint ist "Die Verlängerung der Lohnfortzahlung", weil viele Kitas und Schulen derzeit im Notbetrieb arbeiten. Dass es im Land längst Eltern gibt, die in diese Sacher initiativ sind, dass es Aktionen und Demonstrationen gibt, die an das "Recht auf Bildung" erinnern, ein Menschenrecht gemäß Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen, das scheint der Tagesschau in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen zu sein. Obwohl der WDR, ein Sender in der ARD, darüber schon berichtet hat. Die MACHT-UM-ACHT lässt eine der betroffenen Mütter, eine Menschenrechtsaktivistin aus Düsseldorf, zu Wort kommen. Damit auch Kinder und Eltern aus dem Loch des Vergessens auftauchen können und in die ARD-Schlagzeilen kommen.

Löcher der Lufthansa-Finanzierung

Die Löcher in den Tagesschau-Meldungen sind nicht zufällig. Da gibt es zum Beispiel diese Information: "Rettungspaket für Lufthansa - Verhandlungen auf der Zielgeraden". Es geht immerhin um 9 Milliarden Euro, die in die Löcher der Lufthansa-Finanzierung gesteckt werden sollen. Steuergeld, versteht sich. Kurz vor der Rettung ist Heinz Hermann Thiele, ein Mann der Platz 94 auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt belegt, bei der Lufthansa eingestiegen. Wahrscheinlich ein Schnäppchen, das wird jetzt noch mit Steuergeld vergoldet. Dieser Hintergrund taucht bei der Tagesschau nicht auf. Ist ja auch nicht das Geld des Chefredakteurs. Mal wieder mehr Nachrichtenloch als substanzieller Rand.

Was bleibt ist Käse

Zu viele Nachrichten-Löcher sind die Negation einer Informations-Sendung. Von Kunst kann dann leider keine Rede mehr sein, was bleibt ist Käse. Das treibt die Tagesschau-Redaktion in Hamburg bis hin zum Nihilismus, eine Verneinung der Wirklichkeit.

Hier geht es zum Video:

https://kenfm.de/die-macht-um-acht-53/