Jüngst trafen sie sich auf der Website der Tagesschau: Die Bundespolitiker Sevim Dağdelen und Usula von der Leyen. Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Dağdelen musste von der Tageschau mit zusammengebissenen Zähnen zitiert werden. Denn die Frau aus Duisburg-Bruckhausen hatte eine platte, antirussische Lüge der Bundesregierung entlarvt, an deren Verbreitung die ARD gütig beteiligt war: Die Regierung hatte russische Diplomaten mit der Begründung ausgewiesen, dass deren Regierung die Zusammenarbeit in einem Berliner Mordfall verweigert habe. Sevim Dağdelen hatte enthüllt, dass deutsche Behörden erst Monate nach dem Mord und sogar auch noch nach der Ausweisung der russischen Diplomaten offizielle Rechtshilfeersuchen an die russische Seite stellten. Ursula von der Leyen wurde mit dieser Schlagzeile bedacht: "Von der Leyen weiß von nichts - Löschung von Handy-Daten". Denn die CDU-Funktionärin und Präsidentin der Europäischen Kommission hatte die Löschung ihrer Handydaten ausgerechnet zu dem Zeitpunkt veranlasst, an dem ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss in der Leyen-Berater-Affäre diese Daten dringend zur Aufklärung des Korruptionsfalles brauchte.
Die Familien-Ähnlichkeit ist unverkennbar: Das festgefrorene Lächeln hat Ursula von ihrem Vater Ernst Albrecht geerbt. Albrecht war vierzehn lange Jahre der CDU-Ministerpräsident von Niedersachsen, in seiner Amtszeit flog das „Celler Loch“ auf, jener vom Geheimdienst fingierte Sprengstoffanschlag auf das Hochsicherheitsgefängnis Celle zur Einschleusung von V-Personen in die Szene rund um die Rote Armee Fraktion. Auch den unbedingten Willen zur Macht, gleichgültig mit welchen Methoden sie anzustreben und zu sichern ist, hat die zeitweilige Kriegsministerin von ihrem Vater. Gern führte sie die Bundeswehr nach Mali, dort wo es Uran und Gold gibt, denn den Begriff Profit wird die kleine Ursula schon am Mittagstisch des damaligen Bahlsen-Geschäftsführers Albrecht gehört haben, spätestens als der sich für den symbolischen Kaufpreis von einer D-Mark den DDR-Betrieb VEB Eisen- und Hüttenwerke Thale übereignet hatte.
Die kleine Sevim wurde in Duisburg-Bruckhausen geboren. Ein Ort, den der Tatort-Kommissar Horst Schimanski als Schmuddel-Kulisse für seine TV-Folgen nutzte und in dem der Autor Günter Wallraff sein Buch „Ganz unten“ schrieb. Der Tochter einer Einwanderer-Familie aus der Türkei wurden politische Lehren durch ein Leben der Entbehrungen erteilt. Erfahrungen in der demokratischen Auseinandersetzung sammelte sie in der LandesschülerInnenvertretung Nordrhein Westfalen und als Mitglied im Bundesausschuß der BundesschülerInnenvertretung. Etwa zur gleichen Zeit sammelte die von der Leyen im „Arbeitskreis Ärzte der CDU“ jene Beziehungen, die ihr später zur Karriere als stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU verhelfen sollten. Frau Dağdelen fordert die Auflösung der NATO ohne Wenn und Aber, während die Dame von der Leyen trotz der vielen NATO-Überfälle auf andere Länder behauptet, „Wenn es die Nato nicht gäbe, man müsste sie erfinden.“ So münden unterschiedliche Biografien in schroffe Gegensätze. Und beide münden im selben Parlament.
Der So-oder-so Parlamentarismus gilt als Demokratie. Die in der Übersetzung aus dem Griechischen tatsächlich Volksherrschaft bedeutet. Als wolle das Volk mal das eine, dann das andere. Als habe das Volk keinerlei Basisinteressen, wie jene an einem Leben ohne Krieg. Ganz sicher kann das Parlament in seiner Widersprüchlichkeit als Stimmverstärker auch und gerade von jenen benutzt werden, die eben den Basisinteressen zu Gehör verhelfen wollen. Bleibt aber das Interessen am Frieden im geregelten Parlamentsgehege, wird dieses fundamentale Interesse durch die herrschenden Medien domestiziert und kanalisiert. Wer die Spielregeln nicht bricht, der wird weiter spielen, gern das verlogene Stück von der Volksherrschaft. Erst mit der gezielten Verletzung der Regeln, der geplanten Grenzüberschreitung, wird der parlamentarischen Arbeit der Dağdelens zugunsten der Bevölkerung ein Erfolg beschieden sein. Auf ein Neues im neuen Jahr.