Wann immer die traditionellen Medien – im öffentlichen Bild meist noch durch Zeitungen bestimmt – über die Publikationen im Internet räsonieren, fallen ihnen düstere Vokabeln ein: Geschwätzig sei das Netz, anonym und verschwörungs-theoretisch. Das Presse-Bild zeigt seinem Publikum graue Zwerge, über ihren Computer gebeugt, die Belangloses oder Geheimnisvolles digital verbreiten und so den edlen Ritter des Journalismus, den Redakteuren von "Frankfurter Allgemeiner“ oder "Tagesschau" in das erlernte Handwerk pfuschen, diese hinterhältigen Amateure.

Gern wird eine These von Eli Pariser, einem Netz-Aktivisten zitiert, der von einer "Filterblase" schreibt, die, von anonymen Algorithmen gesteuert, den Nutzer bestimmter Seiten vom Rest der Informations-Welt ab-isoliert und ihm so eine eigene Welt schafft, die mit der wirklichen nur noch begrenzt zu tun hat. Eli Pariser war früher Executive Director von MoveOn.org und ist jetzt Board President dieser Organisation. Dass diese Truppe eine Großspende über 1,46 Millionen US-Dollar von George Soros bekommen hat, gibt einen sachdienlichen Hinweis: Soros spendet auch gern Geld für Regime-Changes. Zum Beispiel für den Putsch in der Ukraine, der Auslöser für einen Bürgerkrieg war und beinahe einen Krieg des Westens mit Russland losgetreten hätte.

Wenn Parisers Theorie von der Blase die übliche Vereinfachung journalistischer Propaganda erreicht, wird sie gern noch mit dem Begriff „Echo-Kammer“ verziert. Gemeint sind dann Menschen, die alle im selben sozialen Netzwerk zu Hause sind, sich selbst gegenseitig bestärken und deshalb in ihrem Netzausschnitt nur das Echo ihrer eigenen Meinung erfahren. So würde das enge Netz also so eine Art virtuellen Stammtisch schaffen. Als gäbe es den realen Stammtisch nicht bereits im wirklichen Leben. Als wären die SPIEGEL-Leser nicht bis heute eine Gemeinschaft der gehobenen Besserwisser und als hörten die ZEIT-Leser nicht ständig ein Echo, das Elite-Elite-Elite ruft und als führten sie nicht als Erkennungszeichen immer ein Kilo Papier unterm Arm mit sich.

Am Beispiel einer einzelnen Meldung soll versucht werden, den Unterschied zwischen dem bösen Netz und der guten Presse zu finden. Die Frau des US-Präsidenten Melania Trump trug jüngst, beim Besuch eines Heims für Migrantenkinder, eine Jacke mit der Aufschrift "I really don't care, do u?" (Es ist mir wirklich egal. Dir nicht?"). Das hat in deutschen Medien ein geradezu chorisches Echo ausgelöst. Der höchst investigative "Spiegel" fragte "Was ist Melania Trump wirklich egal"? Die total seriöse "Frankfurter Allgemeine Zeitung" warf die Frage "Was genau ist Melania Trump egal?" in den Informations-Ring. Und alle, fast alle folgten: Von der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" über die wichtigtuerische "Die Welt" bis hin zum TV-Zentralorgan "Tagesschau". Das Hamburger Organ überraschte sein Millionenpublikum immerhin noch mit der Zusatz-Information: Die Jacke mit dem Egal-Spruch sei bei einer spanischen Billigmodekette zu kaufen. Siehste, böses, dummes Netz, so geht differenzierender Journalismus, wird dem Chefredakteur der täglichen Merkel-Nabel-Schau bei dieser Breiten-Info sicher entfahren sein.

Die Jacken-Meldung wurde in Deutschland von der "dpa", der "Deutschen Presse-Agentur GmbH" verbreitetet. Die "dpa", die faktische Nachfolgerin der "Reichsschrifttumskammer", ist eine millionenschwere Organisation deutscher Verleger, deren Gesellschafter und Kunden größtenteils identisch sind: Medien-Unternehmer versorgen Medien-Unternehmen mit Nachrichten. Wenn jetzt jemandem das Bild von der Filterblase einfällt, dann ist er wahrscheinlich irgend so ein neidischer Netz-Nerd.

Das zur Jacke-Meldung verbreitete Bildmaterial stammt von Getty Images, Inc., einer amerikanischen Bildagentur, die im Jahr 1995 vom Milliardenerben Mark Getty gegründet wurde. Die Agentur hat ein weltweites Monopol. Und diktiert mit 733 Millionen Jahresumsatz was und wer und zu welchem Preis auf den Markt der Bilder kommt. Inzwischen gehört Getty Images einer Schattenbank. Die verfügt über 174 Milliarden US-Dollar Fonds-Summe. Wem jetzt der Begriff "Milliardärs-Filterblase" einfällt, der ist sicher ein völlig mißgünstiger, hinterhältiger, total argwöhnischer Netz-Freak.

Aber so anonym, wie dieses schreckliche Netz so unbekannt, so undurchschaubar, so entpersonalisiert ist die Welt der klassischen Medien doch nicht, oder? Die "Welt" gibt den Autor ihres Melanie-Trump-Gechwätz-Artikels keineswegs der Öffentlichkeit preis. Die FAZ zeichnet ihren nachgedruckten dpa-Massenartikel nicht mal mit einem Kürzel. Auch der Münchner Merkur mag die Anonymität desVerfassers dieser Schlagzeile "Melania Trump sendet mit Spruch auf Jacke versteckte Botschaft" einfach nicht aufheben. Wie gut, dass es die öffentlich-rechtlichen Medien gibt. Vertraut uns doch die "Tagesschau" an, dass ihre Fundamentalfrage zur Trump-Jacke "Mitgefühl - oder doch nicht?" von Timo Fuchs, aus dem ARD-Studio Washington, gestellt wurde. Na klar, jetzt wissen wir Bescheid: der Fuchs Timo, der berühmte, den doch kennt ein jeder. Der ist ARD, also öffentlich!

Wenn jetzt der nahezu anonyme Netz-Autor Uli Gellermann auch noch feststellt, dass die Trump-Jacke-Meldung in die Kategorie des völlig gleichgültigen Jacke-wie-Hose-Geschwätz fällt. Wenn er dann auch noch konstatiert, dass diese Information im Ergebnis einer Milliardärs- und Verleger-Verschwörung verbreitet wurde. Und wenn er dann auch noch behauptet, dass diese Geschwätz-Verbreitung sowohl dem Ziel der Profit-Maximierung als auch der Volksverdummung durch Trivialisierung dient: Dann hat sich wenigsten einer der Netz-Verschwörungs-Theoretiker öffentlich selbst demaskiert.

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Endlich entlarvt mal jemand das Propagandamärchen vom düsteren Netz. Dieser Zwecklüge zur Verteidigung der Verlegerprofite. Und natürlich ist die Lüge auch nützlich, wenn man fas Meinungsmonopol der Herrschenden verteidigen will. Das Netz senkt...

Endlich entlarvt mal jemand das Propagandamärchen vom düsteren Netz. Dieser Zwecklüge zur Verteidigung der Verlegerprofite. Und natürlich ist die Lüge auch nützlich, wenn man fas Meinungsmonopol der Herrschenden verteidigen will. Das Netz senkt die Schwell zur Verbreitung alternativer Meinungen. Das hebe ich noch irgendwo so klar gelesen wie her.

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Bert Wingert
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In diesem Kampf der etablierten Medien gegen die neuen wurde die neue Bedeutung des Wort "Troll" geboren. Die Figur aus der Mythologie wird hier zum bösen Russen am Keyboard. Geschickte Neuschöpfung zur Verschleierung der eigentlichen Linien. -...

In diesem Kampf der etablierten Medien gegen die neuen wurde die neue Bedeutung des Wort "Troll" geboren. Die Figur aus der Mythologie wird hier zum bösen Russen am Keyboard. Geschickte Neuschöpfung zur Verschleierung der eigentlichen Linien. - Übrigens liegt in diesem Kampfgebiet auch die juristische Attacke der Süddeutschen gegen Gellermann.

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Gert Wegener
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Die Aussagen des nahezu anonymen U. Gellermann im letzten Absatz treffen alle vorhandenen Nägel auf den Kopf. Aber sowas von...

Frau Trump war mal Model, sie ist es also gewohnt, ihren Körper mit irgend etwas zu drapieren, dazu ihr barbiehaftes<< Aussehen zu nutzen, damit das von ihr präsentierte Zeug dann mit hohen Profiten verkauft wird.

An...

Die Aussagen des nahezu anonymen U. Gellermann im letzten Absatz treffen alle vorhandenen Nägel auf den Kopf. Aber sowas von...

Frau Trump war mal Model, sie ist es also gewohnt, ihren Körper mit irgend etwas zu drapieren, dazu ihr >>barbiehaftes<< Aussehen zu nutzen, damit das von ihr präsentierte Zeug dann mit hohen Profiten verkauft wird.

An wen? (Diese Frage ist nur zu rethorischen Zwecken eingestreut worden.)

Trotzdem, auch ich fand die Aufschrift, gemessen am traurigen (sehr milde ausgedrückt) Anlass ihres öffentlichen Auftritts, völlig unpassend.

Aber vermutlich wusste sie um die Wirkung auf die niederträchtige marktradikale Presse und hat diese Jacke absichtlich ausgewählt.

Um vllt. auch ihren Mann zu unterstützen. Was ich ihr, als Gattin, eben auch zugestehen muss.

So unberechenbar und grausam dieser Vogel auch Politik machen darf.

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Alles nur Satire
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Ich möchte hier nochmal herausstellen, wer und wie wir an der Nase herumgeführt werden (können), wenn nicht Aufklärung von Uli Gellermann uns darauf stößt: " Eli Pariser war früher Executive Director von MoveOn.org und ist jetzt Board President...

Ich möchte hier nochmal herausstellen, wer und wie wir an der Nase herumgeführt werden (können), wenn nicht Aufklärung von Uli Gellermann uns darauf stößt: " Eli Pariser war früher Executive Director von MoveOn.org und ist jetzt Board President dieser Organisation. Dass diese Truppe eine Großspende über 1,46 Millionen US-Dollar von George Soros bekommen hat, gibt einen sachdienlichen Hinweis: Soros spendet auch gern Geld für Regime-Changes." Also Achtung, Achtung! Ansonsten hat sich die First Lady öffentlich für eine gute Sache ins Zeug gelegt, wie es Präsidentengattinnen weltweit tun. Manchmal ganz eigenständig. Ich erinnere an Danielle Mitterand.

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Elke Zwinge-Makamizile
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Und die Rationalgalerie ist keine Echo-Kammer, aus der es zurücktönt, wie Uli Gellermann hineinruft / bzw. schreibt?

Klaus Bloemker
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Leider ist Ihr Echo ohne jedes Argument.

Uli Gellermann
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AMERICA FIRST!
RAUB UND BESITZE!
WIE EINST BEI HEARST
IST DUMMHALTEN SPITZE!

"Wen juckt´s? Mich nicht! Warum sollte es auch?"
First Lady Melania bringt´s auf den Punkt:
"Die Mehrheit Amerikas steht auf dem Schlauch.
Desinformiert sein ist hilfreicher...

AMERICA FIRST!
RAUB UND BESITZE!
WIE EINST BEI HEARST
IST DUMMHALTEN SPITZE!

"Wen juckt´s? Mich nicht! Warum sollte es auch?"
First Lady Melania bringt´s auf den Punkt:
"Die Mehrheit Amerikas steht auf dem Schlauch.
Desinformiert sein ist hilfreicher Brauch.
Deutschland zieht mit, also hat es gefunkt!"

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Lutz Jahoda
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@ Klaus Bloemker
Die Nörgelei und die Neidhammelei geht mir mittlerweile so richtig auf den Keks, zumal sie schon besser in beidem gewesen sind. Sie lassen nach.

Ulrike Spurgat
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Selbstverständlich gibt es diese Filterblasen. Wie einfach und überschaubar war die Welt, solange es im Wesentlichen nur die "bürgerliche" und die linke Presse gab! Und an den Frontlinien gab es dann die Debatten, die immerhin zu einer gewissen...

Selbstverständlich gibt es diese Filterblasen. Wie einfach und überschaubar war die Welt, solange es im Wesentlichen nur die "bürgerliche" und die linke Presse gab! Und an den Frontlinien gab es dann die Debatten, die immerhin zu einer gewissen gegenseitigen Wahrnehmung (nein, das Wort paßt nicht - besser Auseinander-Setzung) geführt hat. Derlei Polarisierung geht mit dem Herrschaftssystem zusammen, ja sie stützt und fördert es sogar. Dieses System löst sich jetzt nicht etwa auf, aber es bilden sich - begünstigt durch das schier unbegrenzte Wachstum der Kommunikationsmöglichkeiten - immer mehr dieser Blasen und das wird für die bislang zur Herrschaft privilegierten Eliten bedrohlich. Insbesondere dann, wenn diese Blasen aus irgendwelchen anonymen Ecken gesteuert werden ('anonym' meint in diesem Fall 'der Kontrolle der Eliten entzogen').

Gerade an den Rändern des Systems der gesellschaftlichen Deutungshoheit bedeutet dieser Wachstumsraum der Kommunikation, daß die Blasen sich ungehindert ausdehnen können, nicht zu öffentlichen Debatten gezwungen sind, um sich Raum zu erkämpfen. Genau so werden die Blasen zu Blasen. Die Eliten versuchen nun, ihre Herrschaft zu verteidigen. Das kann nur gelingen, wenn sie das Netz vollständig unter ihre Kontrolle bringen. Das gilt es zu verhindern. Viel wichtiger aber ist es, darauf hinzuwirken, daß die Häute der Blasen durchlässig werden und sich das System von Macht und Herrschaft allmählich auflösen kann. Dort findet der Kampf um die Zukunft statt.

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Detlev Matthias Daniel
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"Neidischer Netz Nerd."

Lieber Uli, das ist so gut, dass sich Leute den Titel noch auf ihre T-Shirts drucken lassen werden. Pass nur auf, dass Du die Rechte daran frühzeitig sicherst: Das Geld könnte für zukünftige Gerichtskosten gut gebraucht...

"Neidischer Netz Nerd."

Lieber Uli, das ist so gut, dass sich Leute den Titel noch auf ihre T-Shirts drucken lassen werden. Pass nur auf, dass Du die Rechte daran frühzeitig sicherst: Das Geld könnte für zukünftige Gerichtskosten gut gebraucht werden?

Zur Sache: "I really don't care, do u?" ist doch eigentlich so etwas wie der uneingestandene Wahlspruch der liberalen Gesellschaft. Man echauffiert sich jetzt halt ein bisschen über die schlimmen Zustände im Kinder-Wetback-KZ, nur um dann mit öffentlich erleichtertem Gewissen die für die USA überlebenswichtige Billiglohnsklaverei weiter aufrecht zu erhalten. In Reality, we don't care: Keiner von den jetzt so sauren Hollywoodstars könnte auch nur das Maul aufmachen, geschweige denn zur Anti-Familientrennungs-Demo zu gehen, ohne die eigenen lieben Kleinen vorher der illegal eingewanderten kolumbianischen Nanny-Armee anvertraut zu haben. Aber, von der eigenen Freiheit zu schwafeln, nur um Andere dann um so effektiver unterdrücken zu können, ist Spezialität des Sklavenhalter-Liberalismus. Da macht es wirklich keinen Unterschied, ob man jetzt zu den Obamas oder den Trumps gehört, das ist gute alte anglo-american Tradition von Washington bis Clinton. Ivana kommt halt nur "from the wrong side of the tracks" im Oligarchen-Stadl. Ivana gleich Ivan, sie verstehen? Das ist der eigentliche Grund für den transatlantischen Shitstorm.

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Marc Britz
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Danke für den Finanz-Tip und die Analyse.

Uli Gellermann
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Man kann das Thema, daß Herr Gellermann hier angesprochen hat nicht genug in Wort und Text herausstellen und diejenigen entlarven - was ja nichts anderes bedeutet als "demaskieren" (der Charaktermasken) - , die diese Verschleierungstaktiken in...

Man kann das Thema, daß Herr Gellermann hier angesprochen hat nicht genug in Wort und Text herausstellen und diejenigen entlarven - was ja nichts anderes bedeutet als "demaskieren" (der Charaktermasken) - , die diese Verschleierungstaktiken in die Bewusstlosigkeit anwenden.
Denn um nichts anderes geht es, als darum, die Massen mund- und schreibtot zu machen und, wo das nicht gelingt, deren Ausdrucksformen, Expressionen und Impressionen, mit pseudogebildeter und pseudoelitärer Scheisse zu bewerfen, um ein und denselben ewigen "Mehrwert süß" auf der Speisekarte zu verteidigen und zu garnieren mit frommen Sprüchen und Rezepten aus der Ubiquitärkantin. Die Kanzeln dieser Pfaffen sind hoch und die Küchen der Beiköche fettverschmiert.

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Ernst Blutig
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