Die Zahlen klingen, als gäbe Dagobert Duck seine letzte Pressekonferenz in Entenhausen: Milliarden und Abermilliarden fauler Kredite platzen in den USA. Täglich finden 7.000 bis 8.000 Zwangsversteigerungen statt (im Jahr 2007 waren es 2,2 Millionen). Mehr als hundert Banken in den USA gelten als insolvenzgefährdet. Allein die Rettung des Baufinanzierers IndyMac vor ein paar Wochen, hatte den amerikanischen Steuerzahler 8,9 Milliarden Dollar gekostet. Und nun dies: Fannie Mae und Fredie Mac, die Banken mit den lustigen Namen, die knapp die Hälfte der amerikanischen Hypotheken im Wert von zwölf Billionen Dollar garantieren, sollen verstaatlicht werden.
Für die Markt-Gläubigen, die Mitglieder der allein selig machenden Kirche von Sankt Kapital, ist es so, als wäre George W. Bush Mitglied einer Satanistengemeinde geworden, als ließe Sarah Palin ihr Haar herunter um ihre Freundin zu heiraten und Osama Bin Laden übernähme das Weiße Haus. Verstaatlichung! Schon das Wort schmeckt brenzlig auf der Zunge, die Tatsache selbst schwefelt nur so vor sich hin. Dabei hatte alles mit dem Staat angefangen.
Franklin D. Roosevelt, einer der wenigen US-Präsidenten mit mehr als einer mittleren Begabung, gründete 1938 Fannie Mae (Federal National Mortgage Association), um den in der Großen Depression verarmten Bürgern zu einer Behausung zu verhelfen. Preiswerte Kredite für Viele, das war das Credo von Fannie Mae und ihrer ebenfalls staatlichen Bruderbank Freddie Mac. Roosevelts Plan ging auf. Das Land erholte sich und die Banken gaben nicht nur Geld, sie machten auch welches.
Doch wie immer, wenn der Staat in kapitalistischen Ländern gute Geschäfte macht, ist die Privatisierung nicht weit. Als der US-Präsident Lyndon B. Johnson Geld brauchte, um den Vietnam-Krieg zu finanzieren, wurde Fannie Mae in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Das hat dem Vietnamkrieg nicht so richtig geholfen, wohl aber den Aktionären der Bank. Denn jeder wußte: Im Zweifelsfall springt der Staat ein.
Denn im staatlichen Handeln für private Interessen hat die Krise ihren Ursprung: Als sich die US-Wirtschaft Anfang 2000 in einer Abschwung-Phase befand, verfolgte die US-Regierung die Politik des billigen Geldes. Im Juni 2003 erreichte der US-Leitzins das Rekordtief von einem Prozent. Schuldenmachen wurde immer billiger, ein Konsumrausch auf Kredit war die Folge.
Auf den Rausch folgt der Kater. Immer mehr Banken fahren gegen die Wand, immer mehr staatliches Geld soll den Verfall der privaten Wirtschaft aufhalten. Zwischenzeitlich ist, im Zuge der US-Immobilienkrise, die elfte Bank zusammengebrochen, die Silver State Bank in Nevada. Andrew McCain, Adoptivsohn des republikanischen Präsidentschaftskandidaten, ist dort in führender Position. Natürlich mußte auch bei der Bank der Staat helfend eingreifen. Als er den Verwaltungssrat der Bank ein paar Tage vor der Pleite verließ, soll er gesagt haben. »Da kommt sie schon, die Revolution.«
Droht nach der Aufsichtsräte-Republik nun die wirkliche, die sozialistische Republik? Keiner muss sich Sorgen machen. Zwar ist das Schiff der privaten Wirtschaft leck geschlagen, aber noch schwimmt es. Denn Fannie Mae und Freddie Mac werden nur unter ein »Conservatorship« gestellt, eine Art staatlicher Vormundschaft. Bei einer richtigen Verstaatlichung würden die Bankschulden noch den Staatsschulden der USA von neun Billionen Dollar hinzugezählt. Das könnte bei den Schuldnern der USA schlechte Laune verbreiten. Und das heitere Geräusch, das im Hintergrund zu hören ist, das ist nur die Musik der Schiffskapelle.