Die letzte Meldung im Konflikt um das iranische Atomprogramm kam aus den USA: Dort soll der Kongress umgerechnet 63 Millionen Euro bewilligen, um "Demokratiebemühungen im Iran" zu unterstützen. Bemühungen wie in Guantanamo oder in Abu Ghraib? Eine Regierung wie die iranische objektiv zu beurteilen fällt schwer: Immerhin ist der Präsident ein durchgeknallter Antisemit und hat, wie demokratisch die iranischen Wahlen auch immer gewesen sein mögen, eine Massenbasis in seinem Land. Doch wenn es, wie zur Zeit, um Krieg und Frieden geht, dann ist Nachdenken allemal besser als Vorbreitungen auf einen Krieg.
US-Senator McCain, der als Präsidentschaftskandidat gehandelt wird, erklärt, dass sich die "USA auf einen Militärschlag gegen den Iran vorbereiten müssten." Der britische Premier Blair will keine Maßnahme gegen den Irak ausschließen und Frau Merkel, die jüngst den Atomdrohungen des französischen Präsidenten applaudierte, vergleicht die jetzige Situation mit jener, in der sich die Welt gegenüber Nazi-Deutschland befand. Da kommen die dänischen Karikaturen gerade recht, um die psychologische Kriegsführung zu munitionieren.
Fraglos ist jede weitere Atomwaffenmacht eine zu viel. Aber baut der Iran an einer Atombombe, wie insbesondere die US-Regierung nicht müde wird zu unterstellen? Was von den Behauptungen der Bush-Administration zu halten ist, weis man spätestens seit der propagandistischen Vorbereitung des Irak-Krieges: Nichts. Hinzu kommt, dass es zunehmend schwieriger wird, die Verbreitung von Atomwaffen mit politischen Argumenten zu verhindern. Nicht nur, weil die USA ihre Versprechungen zur atomaren Abrüstung gebrochen hat. Auch weil Staaten wie Nordkorea, Israel und Pakistan ihre Bomben munter haben bauen dürfen, ohne von der internationalen Staatengemeinschaft ernsthaft daran gehindert zu werden. Zunehmend empfinden die Nicht-A-Waffen-Staaten es als eine Frage der nationalen Souveränität in den Club der Nuklearmächte aufzusteigen.
Keiner soll sagen, es ginge nicht auch um Empfindungen: Seit Jahrzehnten unterstützen die USA und einige ihrer europäischen Verbündeten diktatorische Regime im arabischen Raum. Einst war Saddam Hussein ein fast so guter Freund des ersten Bush-Präsidenten wie die finsteren Saudis. Und im Iran ist weder vergessen, dass die USA den Irak zum Krieg gegen den Iran aufgehetzt und ausgerüstet hat, noch dass die erste frei gewählte Regierung des Landes unter Mossadedgh von der CIA gestürzt wurde, um den Schah zu inthronisieren. Als es die Sowjetunion noch gab, waren die Taliban und andere religiöse Sektierer auf der Darling-Liste in Washington. Erst als man sie nicht mehr brauchte kamen sie an den Schurken-Pranger. Die Frage nach dem Vertrauen in die "westliche" Welt stellt sich im arabischen Raum schon länger nicht mehr.
Die iranische Regierung erklärt, sie wolle ihr Nuklear-Programm nur zu zivilen Zwecken weiter entwickeln und droht, wenn man sie das nicht machen ließe, zumindest aus dem Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag auszusteigen. Das Protokoll sieht kurzfristige Kontrollen vor und erweitert die Informationspflicht auf Forschung und Industrie. Es wäre schön, wenn jene Medien, die den Iran als Atomgespenst an die Wand malen, auch erzählten, dass das Zusatzprotokoll weder von den USA noch von den Staaten der EU bisher unterschrieben worden ist. Auch der japanische Plutoniumsbesitz, ausreichend für eine ganze Reihe von Atombomben, findet keine Erwähnung. Dass Brasilien ebenfalls der Internationalen Atomenergiebehörde den Zugang zu seinen Atomanlagen verweigert, ist der Medienöffentlichkeit unbekannt, von Kriegsdrohungen gegenüber diesem Land war bisher nichts zu hören.
Wer glauben machen will, er könne durch Drohgebärden Konflikte entschärfen, obwohl jede Schulhoferfahrung das Gegenteil beweist, der verbirgt seine wirklichen Absichten. Im Falle der US-Regierung allerdings, ist diese Maskerade besonders dürftig. Fast immer ist es die Sorge um "ihr" Öl, dass die Amerikaner im arabische Raum umtreibt. Und wenn es das nicht ist, dann geht es um noch mehr Öl oder um noch viel mehr Öl. Was europäische Länder, was eine deutsche Regierung an die Seite der USA bringt, kann nur vermutet werden. Übrigens: Frau Merkel hat ihre Billigung des Irak-Krieges nie revidiert.