Schon wieder hat Bernie Sanders in den US-Vorwahlen einen Staat gegen Hillary Clinton gewinnen können. Und wenn er die nächste, die in New York gewönne, dann wäre vielleicht ein kleines Wunder möglich. Denn immerhin sehen die aktuellen landesweiten Umfragen ihn jetzt gleichauf mit Clinton. Neben den vielen kleinen Spenden bekommt, Sanders der Mann von Unten, inzwischen auch Geld und Unterstützung von Prominenten aus der US-Filmbranche. "Clinton hat die Tür zum Frieden geschlossen. Die Nato betet sie an wie eine Gottheit": So beschreibt der Hollywood-Regisseur Oliver Stone jene Dame, die unter Kennern gern „Killary“ heißt. Und Stone sagt von Sanders, dass er als einziger Kandidat glaubwürdig gegen Korruption vorgehen würde.

Sanders war mal Mitglied der „Socialist Party of America“, einer US-Variante der SPD. Er hat 1962 ein Sit-in gegen die Rassentrennung organisiert, er nahm sogar 1963 am Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit teil. Er war Krankenpfleger und Teilzeitjobber, ein Gegner des Irak-Kriegs, er spricht sich gegen Freihandelsabkommen der USA aus, wendet sich gegen die wachsende Schere zwischen Arm und Reich und ist heute Mitglied des US-Senats für den Staat Vermont. Sanders nennt sich „Sozialist“ – was für die USA ein ganz schön starkes Stück ist. Gemeint ist der Sozialdemokratismus aus der Zeit vor Schröder und Blair, was aber in den USA immer noch ein starkes Stück wäre. Für die Insassen des US-Bootes, in dem auch die deutsche Bevölkerung rudern muss, sind vor allem seine außenpolitischen Positionen interessant.

In Sanders eigenen Worten: „Ich war gegen den ersten Golfkrieg, weil ich geglaubt habe, da wäre ein Weg unsere Ziele zu erreichen, ohne Blutvergießen, durch Sanktionen und aufeinander abgestimmte diplomatische Aktionen“. Ja, aber: „Und in der Folge der Anschläge vom 11. September 2001 war ich für die Anwendung von Gewalt in Afghanistan, um die Terroristen zu jagen, die uns angegriffen hatten.“ So, wie der erste Satz Hoffnung machen kann, so warnt der zweite vor Illusionen aller Art.

In der Zustimmung zu Sanders äußert sich in den USA primär die Ablehnung jenes amerikanischen Establishments, das Verantwortung für die Verarmung der Arbeiterklasse und der unteren Mittelschichten trägt. Eine Ablehnung von der auch Trump profitiert. Nach Clinton, Bush und Obama, nach einer Reihe von dubiosen Versprechungen und immer größeren Kriegskosten, reicht es nun vielen US-Amerikanern. Doch anders als zur Zeit der letzten großen Wende in den USA, rund um die Präsidentschaft von Franklin Delano Roosevelt, gibt es keine sozialen Massenbewegungen im Land und keine Sowjetunion, die zu jenen Zeiten ein durchaus populäres Modell für nicht wenige Amerikaner war.

Der amerikanische Politikwissenschaftler E. E. Schattschneider, schrieb in seiner Einschätzung des Roosevelt-Phänomens: „Die Wahlen von 1932 waren viel mehr als die Niederlage der bislang regierenden politischen Partei; sie waren durchaus so etwas Ähnliches wie die Niederwerfung einer herrschenden Klasse. Die Demokratische Partei wurde in den dreißiger Jahren das widerstrebende Instrument für eine Revolution, die sie weder geplant noch erzeugt hatte. Man kann sich schwerlich eine Partei vorstellen, die jemals für eine neu gewonnene Verantwortung weniger vorbereitet gewesen wäre als die Demokratische Partei bei Roosevelts erstem Amtsantritt.“ Die heutige Demokratische Partei wird alles tun, eine Präsidentschafts-Kandidatur von Sanders zu verhindern.

Doch selbst wenn – gegen jede Wahrscheinlichkeit – Bernie Sanders der Kandidat der Demokraten werden würde, wenn er gar Präsident der USA geworden wäre, gilt das Wort des US-Soziologen Norman Birnbaum, der zur einstigen Hoffnung Barack Obama formulierte: „US-Präsidenten genießen die Freiheit, als Vollstrecker des imperialen Erbes zu handeln – nicht jedoch, dieses Erbe als die erdrückende Bürde zu behandeln, zu der es geworden ist.” Auch Sanders könnte die imperialistische Erbschaft nicht ausschlagen. Uns aus dem Elend der US-Abhängigkeit zu erlösen, „können nur wir nur selber tun“. Trotzdem Bernie, go for it, hau rein!

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Eine erstklassige Grundinformation über die Wahl-Lage in den USA. Bravo, danke.

Lars Wenger
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Sie waren doch noch nie in den USA. Tun Sie doch nicht so, als ob Sie was wüssten.

Karl-Heinz Völkers
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@ Karl-Heinz Völkers:

Ich weiß nicht, ob Herr Gellermann schon einmal in den USA war und es ist mir auch egal. Ich weiß aber, dass Herr Gellermann zumindest eine Sache ganz genau weiß: und zwar, wie man vernünftig und äußerst gründlich...

@ Karl-Heinz Völkers:

Ich weiß nicht, ob Herr Gellermann schon einmal in den USA war und es ist mir auch egal. Ich weiß aber, dass Herr Gellermann zumindest eine Sache ganz genau weiß: und zwar, wie man vernünftig und äußerst gründlich recherchiert.

Danke für den überaus gelungenen Artikel. Seit Jahren gehört die Rationalgalerie zu meinen absoluten Favoriten. Und daran wird sich auch nie etwas ändern.

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Julie Kreutzer
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Sanders wäre für die Amerikaner eine noch monumentalere Enttäuschung, als Obama. Solche Enttäuschungen sind wohl notwendig, damit die gut ausgebildeten Arbeitsdrohnen ihren Verstand endlich auch politisch einsetzen. Und aus den gewonnenen...

Sanders wäre für die Amerikaner eine noch monumentalere Enttäuschung, als Obama. Solche Enttäuschungen sind wohl notwendig, damit die gut ausgebildeten Arbeitsdrohnen ihren Verstand endlich auch politisch einsetzen. Und aus den gewonnenen Erkenntnissen Konsequenzen ziehen. Dafür wäre Sanders in der tat ideal. Vielleicht wäre er auch der Präsident, der der Bevölkerung live im Fernsehen beichtet, das er dem hauseigenen Koch Befehle geben darf. Alles, was darüber hinaus geht.... da bröckelt die Macht schon gewaltig. Ein Eyeopener sozusagen. Ein Präsident, der durch demonstrierte präsidiale Machtlosigkeit eine Massenbewegung auslöst.
Und dann stirbt er. Herzinfarkt, Hirnschlag. Er ist ja schon alt.

Wahrscheinlicher: so er Präsident wird, wird sich gar nichts ändern. Er wird für den gleichen Scheiß, den alle anderen auch schon getan haben, um viel Verständnis werben - jeden Tag! Und auf seine lange Geschichte vernünftiger Abstimmungen verweisen. Um zu demonstrieren, dass er es doch gut meint. Das wäre dann sein Job. Und natürlich, dem Koch Befehle zu geben: "Louis, we`d like to have Freedom Fries today"

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Jens Zimmer
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Imperialismus ist den Amerikanern suspekt. Der Begriff Hegemonie liegt ihnen näher. Rumsfeld betonte einmal ausdrücklich: Wir sind nicht imperialistisch. Als Hegemonialmacht können die USA jedoch einem zwischenstaatlichen System ihre Regeln...

Imperialismus ist den Amerikanern suspekt. Der Begriff Hegemonie liegt ihnen näher. Rumsfeld betonte einmal ausdrücklich: Wir sind nicht imperialistisch. Als Hegemonialmacht können die USA jedoch einem zwischenstaatlichen System ihre Regeln aufzwingen und temporaer neue politische Ordnungen schaffen. Die amerikanische Hegemonie soll dabei wohlwollend verbreitet werden und sich ohne Zwang durchsetzen. Demokratie, Freihandel, Kapitalismus und Freiheit seien universal geltende Werte. Die amerikanische Welt sei gerecht, demokratisch, liberal und freiheitlich. Das ist die herrschende Doktrin der Neokonservativen in Washington.
Merkel zeigt uns wie es mit der marktkonformen Demokratie weitergeht( neoliberale, kapitalistische Wirtschaft) und Henry Kissinger sprach es offen aus: "Globalisierung ist nur ein anderes Wort für US-Herrschaft."

Uns aus dem Elend der US-Abhängigkeit zu erlösen, "können nur wir nur selber tun". Damit sprechen Sie mir aus dem Herzen.

Das Elend der US-Abhängigkeit kommt nicht von irgendwoher sondern hat seine Gründe in der Geschichte: Bereits während des Krieges wurde in den USA ein Netz zwischen den deutschen intellektuellen Emigranten geknüpft, um gleich nach dem Krieg einen Elitenaustausch an den deutschen Hochschulen einzuleiten. Unter ihnen war besonders einflussreich Max Horkheimer, der zusammen mit Theodor Adorno das Institut für Sozialforschung an der Universität Frankfurt/Main, "die Frankfurter Schule", begründete. Von ihm stammt der programmatische Satz, den er bereits 1942 in der amerikanischen Emigration formulierte: "Man muss eine Elite schaffen, die ganz auf Amerika eingestellt ist. Diese Elite darf andererseits nicht so beschaffen sein, dass sie im deutschen Volk selber kein Vertrauen mehr genießt und als bestochen gilt" (zitiert nach Stefan Scheil S. 7).
Heute ist die Sache viel weiter gediehen, als die meisten bemerken. Inzwischen haben die US-Vasallen der EU die Bildungssysteme der europäischen Länder mit Hilfe der OECD okkupiert und die europäischen Bildungsideale der Erziehung zur autonomen, sich selbst bestimmenden Individualität, der Frucht der europäischen Geistesentwicklung, weitgehend auf die Ausbildung von Kompetenzen zur Anpassung an die Erfordernisse der neoliberalen kapitalistischen Wirtschaft umgestellt. (Vgl. Schulische Bildung und Bologna-Prozess) Damit werden die europäischen Kulturen in ihrem Bildungswesen von ihren eigenen Quellen abgeschnitten, entwurzelt und im Einheitsbrei des "American way of life" aufgelöst.
Diese Macht braucht Medien die mediale staatliche Propaganda versteht sich, inzwischen, von selbst. Aus diesem Grunde ist es wichtig das Medien wie die Rationalgalerie gegen den Strom schwimmen.

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nora schmitz-gharbi
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"Sie waren doch noch nie in den USA."
Und nun ?
Nun will ich lesen, was Uli G. nicht weiß..........
Da steht nix weiter zu dem Artikel, der inhaltlich aus meiner Sicht voll am Thema ist und die Möglichkeit lässt, was eine guten Artikel ausmacht, das...

"Sie waren doch noch nie in den USA."
Und nun ?
Nun will ich lesen, was Uli G. nicht weiß..........
Da steht nix weiter zu dem Artikel, der inhaltlich aus meiner Sicht voll am Thema ist und die Möglichkeit lässt, was eine guten Artikel ausmacht, das selber Denken zu befördern.(Immer diese langen Sätze).
Herr Völkers, sehr würde ich mich freuen, wenn sie ihr "Geheimnis", die USA betreffend lüften würden, um ernst genommen werden zu können.

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Ulrike Spurgat
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Es ist doch völlig egal, welche Sockenpuppe den Oberhampler im Weißen Haus gibt. Selbst wenn Sanders das Rennen machen könnte - na und - dann wird das Ergebnis (wie bei Erdowahn) zurecht geruckelt oder wie bei Bush/Gore per Gericht...

Es ist doch völlig egal, welche Sockenpuppe den Oberhampler im Weißen Haus gibt. Selbst wenn Sanders das Rennen machen könnte - na und - dann wird das Ergebnis (wie bei Erdowahn) zurecht geruckelt oder wie bei Bush/Gore per Gericht zurechtgestutzt. Dieses ganze Wahltheater ist schon grenzdebil. Aber so sind die Amis, von Show verstehen sie was aber ansonsten sind sie Blöd wie Atze. Ich wünschte, dieser Vollpfosten Trump wird der nächste Präsi, dann hätten die gottgleichen Idioten, auch optisch, dass was sie verdienen.

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Moura Mangold
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Auch Hitlery hört man gelegentlich - an passenden Namen für die alte Furie besteht offenbar kein Mangel.
Wenn ich an die "Aufbruchsstimmung" des Obama-Wahlkampfs und die nachfolgenden Ergebnisse denke, dann wird mir jetzt schon ganz anders ...

Klaus Madersbacher
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@Karl-Heinz Völkers
Sie waren doch auch noch nie auf dem Mond und sind ein Lunatic.

Guenther Lachmann
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Wenn sich ein alter Fahrensmann wie Harry Belafonte nicht zu schade ist, für Bernie Sanders einzutreten (http://www.politico.com/story/2016/02/harry-belafonte-endorses-bernie-sanders-219130), dann bin ich auch gerne mit von der Partie.

Übrigens...

Wenn sich ein alter Fahrensmann wie Harry Belafonte nicht zu schade ist, für Bernie Sanders einzutreten (http://www.politico.com/story/2016/02/harry-belafonte-endorses-bernie-sanders-219130), dann bin ich auch gerne mit von der Partie.

Übrigens besagt eine (allerdings schon etwas ältere) CNN-Umfrage, dass Clinton zwar gegen Trump gewinnen, gegen Cruz oder (den inzwischen resignierten) Rubio aber verlieren würde, wohingegen Sanders alle Rep-Kandidaten schlagen könnte:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/us-praesidentschaftswahl-donald-trump-hinter-hillary-clinton-und-bernie-sanders-a-1080084.html

Natürlich sind auch große Enttäuschungen nicht auszuschließen (oder gar zu erwarten, so wie bei Obama oder "Rot-Grün" 1998ff); so gesehen kann ich sogar verstehen, wenn Zyniker meinen, es wäre am besten, Trump würde gewinnen.

Wer aber so hoffnunngslos optimistisch ist, zu glauben, Wahlen könnten doch etwas verändern, und nicht allein auf eine blutige Weltrevolution setzen mögen, könnte (als minimale Unterstützung) die folgende Facebook-Seite gefallen:
"Weltbürger für Bernie Sanders"
(https://www.facebook.com/Weltbürger-für-Bernie-Sanders-762923510504986/)

Weiterlesen
Tex Grobi
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