Der 25. August. Wir werfen Granaten in die Wohnhäuser. Die Häuser brennen sehr schnell. Das Feuer geht auf andere Häuser. Ein schöner Anblick! Die Menschen weinen, und wir lachen über ihre Tränen. Wir haben auf solche Weise schon etwa zehn Dörfer niedergebrannt.
Johannes Gerder, Obergefreiter der Wehrmacht, Tagebuch 1941
Untermensch bleibt Untermensch, dachte sich die Wehrmacht und machte sich an die Eroberung Weißrusslands, um jeden vierten Einwohner der damaligen Sowjetrepublik zu töten. Dass en passant dabei nahezu die komplette Industrieproduktion zerstört wurde, der Viehbestand geraubt und die Saatflächen vernichtet wurden, hieß damals noch nicht Kollateralschaden. Keinesfalls so nebenbei, sondern besonders gezielt wurde dabei die jüdische Bevölkerung Weißrusslands umgebracht: Um die acht Prozent der ermordeten europäischen Juden stammten aus Weißrussland. Sicher half die Wehrmacht in diesen Fällen aus, aber an der Spitze der Vernichtungsmaschine stand die SS und man fand auch Kollaborateure, die als Hilfspolizisten einen Teil der Drecksarbeit erledigten.
Wie Dreck wollten sie sich nicht mehr behandeln lassen, die Brüder Bielski. Ihre Eltern hatte man, im Namen des Rassenwahn, bereits ermordet, die Brüder wollten Rache und sie wollten überleben. Die weiten Wälder und Sümpfe Weißrusslands waren ihre Zuflucht. Und nicht wenige Juden folgten ihnen. Der Film "Unbeugsam" erzählt von den Bielskis und den jüdischen Partisanen und von den zuletzt 1.200 Juden aller Altersgruppen und Schichten, die ihrer Lage als Opfer lieber mit der Waffe in der Hand begegnen wollten. Der Tod schien ihnen so oder so gewiss. Doch sie werden die Deutschen überleben. Dank ihres Mutes und der Roten Armee, die 1944 die deutschen Unmenschen aus dem Land warf.
Mit der Roten Armee, mit der Sowjetobrigkeit hatten die Bielskis nichts zu tun. Gestern waren sie, im umstrittenen Grenzgebiet, noch Polen gewesen, gestern hatten ihre Eltern noch eine Kornmühle, heute ging es darum sich und die Nachbarn zu retten. Mit den ersten Schritten der Rettung und der Rache setzt der Film ein und zugleich auch mit den Zweifeln, die Menschen packen können, wenn sie andere töten: Ja, Tuvia Bielski (Daniel Craig) findet es schon gerecht, die Mörder seiner Eltern zu erschiessen, aber wohl ist ihm nicht dabei. Sein Bruder Zus (Liev Schreiber) hat weniger Skrupel. Er ist sich der gerechten Sache gewiss und widmet sich dem Kampf mit unverkennbarer Leidenschaft. Er wird es auch sein, der das schreckliche Partisanendilemma - was Vorrang habe, das Leben der Zivilbevölkerung oder der militärische Sieg - zeitweilig zugunsten der militärischen Seite löst.
Anfänglich sind sie nur wenige, die den Weg in die Wälder finden. Doch in dem Maße, wie die Bielskis zur Legende werden, in dem Maße, wie die Repressionen steigen und die Hoffnung auf ein Überleben unter den Deutschen schwindet, in diesem Maß stoßen sie zu den Brüdern: Lehrer und Buchhalter, Krankenschwestern und Studentinnen, zumeist Leute ohne Waffen, die sich im Wald eher unbeholfen bewegen und den Kämpfern zur Last werden: Sie müssen versorgt werden und besorgen doch wenig selbst. Denn Lebensmittel gaben manche Bauern freiwillig, andere nur wenn man ihnen die Waffe an den Kopf hielt, hatten sie doch selbst wenig und litten unter den ständig Beute machenden Deutschen. Wer weiß, dass es in Weissrussland um die tausend unterschiedlich große Partisanengruppen gab, wer weiß, dass in den Dörfern nur noch die Alten und die Frauen die Arbeit leisteten, der kann ermessen, wie groß die Last war.
Trotz der ständigen Verfolgung durch Hilfspolizei und deutsche Einheiten wächst die Partisaneneinheit und erreicht zwischen den Kämpfen eine zivile Normalität: Man unterhält eine Schule, eine Synagoge, sogar ein Theater. Und die Paare finden sich: In Zeiten der Not blüht die Liebe, der Film spart sie nicht aus. Wie er manchmal auch den Robin-Hood-Effekt nicht umgehen mag. So, wenn er den immer gleichen Wachposten immer wieder in selber Weise versagen lässt oder die Sonne pünktlich ihre Strahlen um das Haupt einer künftigen Braut windet. Doch zumeist wird der Partisanen-Alltag so profan erzählt, wie er wirklich war: Der Hunger dominierte, von den Krankheiten begleitet.
Einmal gerät ein deutscher Soldat in das Partisanenlager. Und während sie ihn zerschlagen und zertrampeln, zählen sie die Namen ihrer Toten auf. Und dann sitzt Du da im Kino, bist einer von den Nachgeborenen, und es hätte auch Dein Vater oder Großvater sein können und Du weißt natürlich nicht ob der im Film oder der aus Deiner Familie unmittelbar an den Verbrechen beteiligt war. Es reichte dort gewesen zu sein: In Weißrussland, wo der Tod ein Meister aus Deutschland gewesen ist. Vielleicht hat man Dir mal vom "Generalplan Ost" erzählt, der die "biologische" Verdrängung der Bevölkerung im besetzten Osten vorsah, aber eher nicht. In Berlin wird es demnächst ein Ausstellung zur Vertreibung geben, von der Vertreibung der Weißrussen in den Tod wird nicht die Rede sein.
"Unbeugsam" erzählt eine wahre Geschichte. Das macht der Film, trotz seines tragischen Themas, in unterhaltsamer Weise. Er verdient ein aufmerksames deutsches Publikum.
Der Film kommt am 23. 04. 09 in die Kinos.