Thomas L. Friedman entspricht dem Klischee des netten Amerikaners so sehr, dass man nicht sicher sein kann, ob er geklont ist: Gnadenlos gutwillig, grenzwertig optimistisch, grausam patriotisch und genial verkäuferisch ist deshalb sein jüngstes Buch "Was zu tun ist". Grün sollen die USA werden und damit der Welt voran gehen, weil nur noch 10 Jahre zur Abwendung der Klimakatastrophe bleiben, muss, so glaubt er, der "Code Green" ausgerufen werden, dem "Code Red", der vor der "allgegenwärtigen kommunistischen Bedrohung" warnen sollte, insofern ähnlich, als es wieder um ein Weltproblem geht und, wie immer, die Amerikaner zur Bewältigung freundlichst die Führung übernehmen sollen. Wenn jemand so dringlich Führung einklagt, sollten seine Führungsqualitäten sorgfältig geprüft werden.

In der Kategorie "Selbstkritik" ist Friedman nicht zimperlich: Er weiß und zitiert, dass die USA die größten Umweltschlamper der Erde sind, er nennt die US-Kohlekaftwerke Dreckschleudern, er hält die US-Energie-Industrie für ein ökologisches Desaster und die amerikanische Autoindustrie für den Haupterzeuger anachronistischer Spritfresser. Wenn er die bisherigen ökologischen Führungsqualitäten der USA bilanziert, kommt er zum nicht überraschenden Ergebnis, dass unbegrenzter Konsum und die Verschwendung natürlicher Ressourcen als American Way of Life galten und tatsächlich weltweit Nachahmer gefunden haben. Friedman ist klug genug, die Schwellenländer wie China und Indien nicht dafür zu zu schelten, dass sie jetzt ihren Anteil vom Energie-Kuchen haben wollen. Deshalb empfiehlt er ein Umsteuern der USA, dem dann die anderen folgen sollen.

Zugleich aber stellt der Autor die "Petro-Diktaturen" an den Pranger, jene Länder, die, weil sie den kostbaren Rohstoff besitzen, zum einen die USA in ihre Abhängigkeit bringen und zum anderen deshalb keine Demokratien seien, weil der Öl-Export ausreichend Geld ins Land spült. Deshalb existiere in diesen Staaten kein Wettbewerb, und, wo keine Wettbewerb, da auch keine Demokratie: "Wenn der Ölpreis steigt, sinken die Chancen der Freiheit". Weil das krude Schema natürlich nicht auf Nord-Korea zutrifft, aber auf eine Reihe islamisch geprägter Länder, ist ihm kein Beispiel zu weit hergeholt, um seine These zu beweisen: Die islamische Revolution von 1979 sei Reaktion auf die Modernisierungen des Schahs, möglich durch zusätzliche Öleinnahmen. Kein Wort von der Rolle der USA, deren Waffenverkäufen an den damaligen Iran und der Tatsache, dass der Schah nichts anderes war als eine Marionette der Vereinigten Staaten.

Diese Kunst der Ausblendung von Wirklichkeit zugunsten eines strahlenden Optimismus wird am schönsten in einem Abschnitt über "grüne Falken" im Irak sichtbar. Friedman hat diese Bewegung in den US-Streikräften im Irak entdeckt: "Zu den gefährlichsten Aufgaben der Marines gehört es in dieser Region, mit Lkws den Dieselkraftstoff in die isolierten Beobachtungsposten zu fahren". Also setzen die fixen Marines jetzt auf erneuerbare Energien und Energieeinsparung. Zum Beispiel werden die Armeezelte besser isoliert, um Strom für die Klimaanlagen zu sparen. Das alles ist einer informellen Gruppe von Offizieren zu danken, die sich eben "grüne Falken" nennen. Unter ihnen auch "ein breitschultriger Veteran, der eher wie Patton aussieht und nicht wie einer, der Bäume umarmt." Auf den kompletten acht Seiten dieser Rührstory kommt Friedman nicht ein Mal in den Sinn, dass die Vermeidung des Irak-Krieges die beste ökologische Innovation gewesen wäre.

Ein Meisterstück gradliniger Verwirrung gelingt dem Autor seiner "Agenda für das 21. Jahrhundert", wenn er den Markt als Erlöser vom Übel der Klimakatastrophe anbetet: "Doch das einzige, was so gewaltige Innovationen bei (ökologischen) Technologien . . . . zu bewirken vermag, ist der freie Markt". Nun hat Friedman ein wenig Pech, sein Buch ist 2008 in den USA erschienen, also deutlich vor der globalen Krise geschrieben worden. Aber vielleicht hätte ihm der Lektor von Suhrkamp für die deutsche Ausgabe ein kleines Vorwort abringen können, in dem die erklärte Abstinenz von "Regulierungen" durch den Fall von Lehman und anderen Brüdern relativiert worden wäre: Der Markt ist immer noch auf den schnellen Profit aus, der bringt uns in keinem Fall in den grünen Bereich. Und staatliche Regulierungen im Bankensektor gab es inzwischen derartig viele, dass selbst ein Bruchteil davon prima Instrumente zur Abwendung der Klimakatastrophe abgeben würde.

Es ist keineswegs so, dass Friedman nicht über die Rolle des Staates bei der Entwicklung ökologischer Strategien nachdenkt. Kühl analysierend nennt er die privaten Stromversorger "die dümmste und größte Maschine, die der Mensch je hergestellt hat", weil sie natürlich nur durch die Lieferung von mehr und immer mehr Strom Geld verdient und nicht durch Einsparungen. Friedman ist sich sicher, dass die staatliche Regulierungsbehörde andere Vorgaben machen müsse. Auf die Idee, zumindest das Stromnetz zu verstaatlichen, um einen ökonomischen Hebel in die Hand des zahlenden Volkes zu legen, kommt er nicht. Aber wenn nicht einmal der deutsche SPD-Kanzler-Kandidat in seine Agenda 20/20 (Steinmeiers Deutschland-Plan) auf diese Idee kommt, sondern lieber dafür plädiert eine "Deutsche Netz AG (zu) gründen, die es unter Mitwirkung aller großen(also privaten) Energieversorger ermöglicht, ein intelligentes Stromnetz deutschlandweit aufzubauen", wie sollte denn dann einem US-Autor einfallen, dass dem Staat eine andere Rolle zukommt, als der des Krisen-Finanziers.

Friedmans Buch ist voll interessanter Beispiele und spannender Stories und kritischer Erkenntnisse. Aber es scheitert an seinem grausamen Patriotismus, wenn es den USA empfiehlt, nicht auf das Kyoto-Protokoll zu warten, sondern lieber die ökologische Führung zu übernehmen: Als ob die Unterschrift der USA unter das Protokoll nicht eine Schritt nach vorne wäre. Es ist grenzwertig optimistisch, wenn es ausgerechnet auf den "Wagnis-Kapitalisten" hofft, um die grüne Revolution voranzutreiben. Als haben nicht gerade die gewagtesten Finanzoperationen die Welt in das bekannte Profitchaos geführt. Aber es ist von genialem Marketing geprägt, wenn es zum Beispiel Überschriften wie "Die Steinzeit ging nicht deshalb zu Ende, weil es keine Steine mehr gab" liefert. Ob man es des immer wieder durchschimmernden guten Willens wegen kaufen sollte, ist fraglich. Denn zugleich ist es mit seinen über 500 Seiten eine ziemlich redundante Verschleuderung von Ressourcen, auch wenn Papier aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird.