Es ist einer dieser süffigen Hollywood-Filme, den uns der deutsche Regisseur Tom Tykwer als Eröffnungsfilm der Berlinale vorstellt. Eines dieser Produkte, bei dessen Verzehr meist die Nachdenk-Nebenrinde gefährdet ist, nach dessen Genuss die Kitsch-Drüsen anschwellen können und die Kritik-Zellen einem rapiden Verfall erliegen. Manchmal allerdings, bei wirklich professionellen Mixturen, führen all diese Nebenwirkungen zu überraschenden Erkenntnissen. Da im Mittelpunkt von "The International" eine böse Bank steht, keine Bad Bank mit faulen Krediten, sondern eine wirklich widerliche Bank zur Finanzierung von mörderischem Waffenhandel, waren Fragen der Moral gegeben: Das Erkennen des Systems hätte beginnen können.
Vor dem Berliner Hauptbahnhof - einem jener Imponierbauten aus Glas, die vorgeben transparent zu sein und doch die schlimmsten Verbrechen verbergen können, auch wenn der Chef der Deutschen Bahn dort gar nicht wohnt - stirbt ein Mann, ein Kumpel von Agent Salinger (Clive Owen), der gemeinsam mit der New Yorker Staatsanwältin Whitman (Naomi Watts) im trüben internationalen Geldfluss fischt, um dem internationalen Terrorismus das Finanzierungs-Wasser abzugraben. Und kaum ist der tote Kumpel auf dem Tisch der Anatomie, da erzählt der Film schon von der düsteren Finanzierung einer schwarzafrikanischen Revolte, die den richtigen Mann in das richtige Amt bringen soll, damit das richtige Geschäft beginnen kann.
Nun kann die Produktion eines Films, von der Idee bis zum Kino, zwei, drei Jahre dauern und die aktuelle Krise hatte damals, bei Filmbeginn, noch nicht jene sattsam bekannte Deutlichkeit gewonnen. Doch viel hätte man auch damals wissen können: Von der völligen Überschuldung der USA bis zur Vernichtung ganzer nationaler Ökonomien durch die Konzepte der Weltbank. Ausreichend also, um zu wissen, dass der tägliche Hungerterror und der bekannte Terror der Arbeitslosigkeit, keiner besonders bösen Bank bedürfen: Es ist das gewöhnliche Geschäft der Banken, genau damit handeln sie, wie weiß auch immer die Westen ihrer Chefs gewaschen sein mögen.
Auch wenn es Tom Tykwer und seinem Autor, Eric Warren Singer, an gesellschaftlicher Erkenntnissen und am Willen zur Analyse mangelte, hatten sie doch eine Ahnung davon, dass ihr dürftiger Crime-Story-Stoff in diesen Zeiten, in denen sogar die BILD-Zeitung ein kapitalismuskritisches Liedchen vom Dach des Springer-Hochhauses pfeifen muss, nicht ausreichen würde. Deshalb haben sie versucht, ihn mit allerlei Zutaten aufzubessern: Die Mafia kommt vor, Israel und Iran spielen eine Rolle und, damit auch nichts und gar nichts ausgelassen wird, ein ehemaliger Stasi-Agent (Armin Müller Stahl, matt und glanzlos wie selten), an dem der Kommunismus als das exerziert werden soll, was er auch nicht mehr ist.
So versinkt das ganze Anliegen, falls es denn eines gegeben haben sollte, in einer Schiesserei, in der mehr Kugeln verpulvert werden als in zwei afrikanischen Bürgerkriegen und auch mehr Nahansichten von Blut und Wunden zu besichtigen sind. Denn den armen Schweinen im Kongo und anderswo schaut keine Kamera beim Sterben zu. Man darf sicher sein, dass Festival-Chef Dieter Koslick auch diesen verrutschten Bond-Film als eine politische Arbeit begreift und falls die Berlinale so weiter gehen würde, sollte es einen Ehrenbären für Geschmacklosigkeit geben. Der erste Anwärter jedenfalls war zu besichtigen.