Er sieht ein bisschen so aus wie Bauer Ewald, der Adelsexperte der ARD, Rolf Seelmann-Eggebert. Und im Prinzip macht er den gleichen Job. Denn so wie bei Hofe in England, geht es ja auch auf dem Prickings-Hof, dem Betrieb von Bauer Ewald im westfälischen Sythen-Lehmbraken, um Aufzucht. Und darum, dass viele Leute vom Leben auf dem Hof erfahren. Bei Bauer Ewald steht der größte Zuchtbulle der Welt: Der "Gigant von Kolumbien". Der soll die Kühe auf dem Prickingshof besamen, damit es ordentlich viele Kälber gibt und so der Fortbestand der Zucht gesichert ist. Prinz William hat die Aufgabe die Erbfolge am Hof der Windsors zu garantieren. Damit das alles legal zugeht, soll er das Zuchtziel allerdings mit nur einer Frau erreichen: Kate Middleton. Würde William seinen Samen an andere Mädels verschwenden, würde das für die Aufzucht von Thronfolgern nicht nützen. Die Kinder aus solchen, zur linken Hand gezeugten Verhältnissen wären nicht erbberechtigt. Bei Bauer Ewald allerdings gilt: Je mehr Kälber desto besser.
Es gab kaum ein deutsches TV-Programm, auf dem die englische Hochzeit nicht stattfand. Da fiel die Entscheidung, wo man denn gucken sollte, nicht leicht. Den Ausschlag für die ARD gaben zwei unvergleichliche Persönlichkeiten: Zum einen war es Werner Erhard Rolf Seelmann-Eggebert. Der hat den devoten Ton des geübten Adels-Anschleimers, er ist der einzige TV-Mensch, der über den eingebauten Bückling verfügt. Und er hat eben eine gewisse Ähnlichkeit mit Bauer Ewald. Der ließ sich auf seinem Schau-Hof durch eine Glasscheibe beim Mittagsschlaf besichtigen. Seelmann-Eggebert nutzt die Mattscheibe, um andere einzuschläfern. Doch den letzten Ausschlag für die ARD gab die begnadete Barbara Schöneberger. Die sieht zwar um einiges vulgärer aus als die Frau von Ewald, die Bäuerin Maria-Henriette, aber unsere BB (Begnadete Barbara) hatte dafür eine Kreation aus blassem Spinat auf dem Kopf, den Maria-Henriette nicht mal Sonntags zur Kirche getragen hätte. Und BB fand zu Beginn der TV-Hochzeit auch genau den richtigen Ton: "Leg Dich hin, wie Kate!", sagte sie zu einem englischen Straßen-Köter, der sich vor Freude über die umfängliche Deutsche auf dem Londoner Boden kringelte.
Es war dann auch BB, die einen englischen Royals-Experten mit dem originellen Namen James fragte, wie das mit dem Vollzug der Ehe bei Charles und Diana gewesen sei. Und James wusste dann auch genau, wann der Prince of Wales letztmalig Prinzessin Diana besprungen hatte: 1984. Damit dem Voyeurismus auch wirklich Genüge getan wurde, ließ sich BB, mit einem lüsternen Zwinkern in den Augen, auch das königliche Schlafzimmer zeigen. Auf dem Prickingshof hatte Bauer Ewald die erste offizielle Tier-Peepshow der Welt erfunden. Die war handfest, da gab es keine schlüpfrigen Andeutungen, da konnte der Hof-Besucher die Kopulation der Rinder unmittelbar beobachten. Aber der deutsche Zuschauer darf sicher sein, dass spätestens bei der nächsten Adelshochzeit BB und Eggebert auch die obligatorische Nacht mit der Kamera in allen Stellungen verfolgen werden.
Wenn die Windsors sich anstrengen, können sie ihren Stammbaum auf einen Grafen von Wettin (später Sachsen-Coburg und Gotha) zurückführen, der 982 das Zeitliche gesegnet hat. Aber da der deutsche Abstammungs-Name im ersten Weltkrieg in England nicht mehr populär war, ließen sie sich fortan nur noch Windsor nennen nach einem Schloss in der Grafschaft Berkshire,. Das europäische Hausrind dagegen kann seinen Stammbaum mindestens auf das Jahr 9000 vor Christus zurückverfolgen. Bei den Middeltons, der Familie der Braut, ist der Stammbaum eher der, an den der Haushund pinkelt. Doch wie jeder Züchter weiß, ist es die Vererbungslinie des Bullen, der von Generation zu Generation die jeweiligen Eigenschaften an die Herdbuchkühe weiter gibt. Wer sich an den Vater des armen William erinnert, dessen große Ohren zwar zum Segeln geeignet sind aber nicht zum Zuhören, der macht sich keine großen Hoffnungen auf produktives Erbgut.
Die Zeiten, in denen die gekrönten Kopulateure nach dem ersten Höhepunkt das weiße Laken mit den roten Flecken der Jungfräulichkeit aus den Schlossfenstern hängten, sind vorbei. Heute wird der Fernseh-Climax vom gehauchten "Yes, I will" der Braut markiert und vom Kuss der Brautleute komplettiert. Doch auf dem Weg dahin musste Seelmann-Eggebert noch voller Trauer konstatieren, dass bei dieser Hochzeit die Gäste mit Bussen zur Kirche gefahren wurden statt mit standesgemäßen Rolls Royces: Der Verfall der englischen Monarchie, so kündete sein Ton, ist nicht mehr aufzuhalten. Auch zum Prickings-Hof kommen die meisten Leute mit Bussen. Aber während in London kaum eine Million Besucher zusammengekommen sind, kann der Prickings-Hof Jahr für Jahr mit mehreren Millionen Touristen rechnen. Und noch etwas ist bei Bauer Ewald anders: Nach dem Rundgang über den Hof hat man die Besichtigungs-Objekte auf dem Teller. Von diesem praktischen und nahrhaften Brauch ist der englische Hof leider weit entfernt.