Die Berliner Bundestagswahlen müssen wiederholt werden. Da haben Wahlhelfer, Wähler und Medien doch mühsam die Illusion einer Teilhabe an der Macht zelebriert, und nun geht der Zirkus erneut auf Wanderschaft. Aber da in diesem unserem Land die Bahn dann nicht fährt, wenn sie fahren soll, die Post immer seltener ihre Empfänger pünktlich erreicht, warum soll das Wahlwesen funktionieren? Jetzt soll die Wahl wiederholt werden. Wie häufig? Bis es klappt? Gut wäre, wenn das auch bei Zügen so funktionierte: „Der Zug von Berlin nach Hamburg wird jetzt seine Runde erneut drehen“, könnte es aus dem Lautsprecher auf den Bahnsteig dröhnen. Natürlich nur, wenn die Lautsprecher funktionieren, die zur Zeit eher piepsen oder ein Echo produzieren oder krächzen.

Privat geht vor Staat

Wer sich erinnern kann - die Zahl derer, die sich erinnern können oder wollen, wird immer geringer - der erinnert: Zum 1. Januar 1994 wurden die beiden Staatsbahnen (nach der deutschen Einheit gab es deren zwei) zur privatrechtlich organisierten Deutsche Bahn AG fusioniert. In Vorbereitung der Privatisierung, wurde immer weniger investiert. Weil immer seltener investiert wurde, sind Gleise und Waggons marode. Die Privatisierung, zu Kanzler Schröders Zeiten als Mittel zur Gesundung des Staates angepriesen, mündete im Wort „kaputtgespart“. Auch die Post fiel unter den Privatisierungswahn und natürlich sollte sie dabei besser werden. Sie wurde schlechter. Die Privatisierung des Gesundheitswesens mündete in mehr künstliche Kniegelenke, an denen mehr verdient wird und weniger Gesundheit rauskommt.

OP in der Türkei

Rund 500 künstliche Kniegelenke werden in Deutschland pro Tag eingesetzt. Die Kosten für eine Knieprothese-OP liegen bei 16 000 Euro. Das ist ein schöner Markt. Vielleicht gibt es deshalb einen neuen medizinischen Begriff: Revisionsoperation (Im Jahr 2020 wurden in Deutschland z. B. mehr als 14.000 Revisionseingriffe an Hüfttotalendoprothesen registriert). Die Zahl dieser Operationen steigt. In der Türkei hat sich deshalb ein eigener Markt für Revisionsoperationen entwickelt. Dort ist die OP mit 3938 € - 7877 € auch deutlich billiger. Das Medical Park Karadeniz Hospital in Trabzon wird wegen seiner idyllischen Lage am Schwarzen Meer besonders geschätzt.

Deutsche Wahlen in der Türkei

Der Operations-Export zeigt zwar, dass sich die Privatisierung auf dem Vormarsch befindet, aber zugleich wird auch deutlich, dass sie noch nicht radikal genug ist. Am Beispiel der letzten türkischen Wahlen, bei denen Erdogan als Gewinner rauskommen sollte und auch kam, wurde die Verlässlichkeit des Wahl-Personals bewiesen. Das türkische Lohn-Niveau dürfte dafür garantieren, dass deutsche Wahlen, die in der Türkei durchgeführt würden, auch deutlich kostengünstiger sein werden. Eine Woche Antalya kostet inklusive Hotel und Flug nur ab 388 €. Wahlwiederholungen in Deutschland sind deutlich teurer.

Einheitspartei durch Koalition

Wenn es nur um die Wahl-Ergebnisse ginge, wäre das deutsche Modell sicher nicht schlechter als das türkische. Wer vor den Wahlen Medien konsumiert, weiß ziemlich genau, welche Ergebnisse zu erwarten sind. Selbst wenn der jeweilige Wahlsieger nicht randscharf über die Medienprognose zu erzielen ist: Die Unterschiede zwischen den größeren Parteien sind nur gering. Den Rest der deutschen Einheitspartei stellt dann eine Koalition her. Was bleibt ist Marketing.

Kommentare (11)

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... einfach lächerlich, was da in Berlin so abgeht ...

Norbert Berentz
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@Arnulf Rating
Guten Tag Herr Rating, wenn Sie kein Synonym sondern "der Leibhaftige" sind,
dann freut es mich dass sie noch aktiv sind und sich aktiv informieren!

Ich durfte Sie 2x live erleben (ca. 2009 in Ludwigshafen und noch länger her in
...

@Arnulf Rating
Guten Tag Herr Rating, wenn Sie kein Synonym sondern "der Leibhaftige" sind,
dann freut es mich dass sie noch aktiv sind und sich aktiv informieren!

Ich durfte Sie 2x live erleben (ca. 2009 in Ludwigshafen und noch länger her in
Nürnberg zusammen mit Heinrich Pachl).

Das mit dem "aktiv informieren" habe ich geschrieben, weil sich das politische
Kabarett fast vollständig der Hofnarretei hingibt. Kalauer werden ausschließlich
aus dem Portfolio der MSM zusammengezimmert, eine Schande für die Zunft.
Putin und AfD geben immer wieder einen Schenkelklopfer her. Wie armselig!

Sich informieren heißt, sich selbst auf die Suche machen und Artikel bzw. Kom-
mentare für sich auf Plausibilität prüfen. ÖRR einschalten oder so eine Kartell-
Zeitung zu lesen, ist kein informieren sondern konsumieren.

Nun, ein paar wenige Ausnahmen gibt es noch. Lisa Fitz z-B. ließ sich nicht um-
drehen. Sie hat mit den NachDenkSeiten sicher einen guten "Koalitionspartner"
gefunden.

Herzliche Grüße und alles Gute, auch an den unerschrockenen Betreiber dieser
Seite, Herrn Gellermann!

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Peter M3
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Er ist es: Rating der Leibhaftige.

Uli Gellermann
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Lieber Uli Gellermann,

dem fulminanten, tiefgehenden Kommentar von Frau Spurgat kann ich von Herzen zustimmen! Ich danke Ihnen für Ihre unerschütterliche Gerechtigkeits-Treue, Ihren stets wachen Geist, Ihren Mut zur Wahrheit, wobei mir ein Zitat...

Lieber Uli Gellermann,

dem fulminanten, tiefgehenden Kommentar von Frau Spurgat kann ich von Herzen zustimmen! Ich danke Ihnen für Ihre unerschütterliche Gerechtigkeits-Treue, Ihren stets wachen Geist, Ihren Mut zur Wahrheit, wobei mir ein Zitat von Julian Assange einfällt:
"Du musst mit der Wahrheit beginnen. Die Wahrheit ist der einzige Weg, auf dem wir irgendwohin gelangen können. Weil Entscheidungen, die auf Lügen oder Unwissenheit beruhen, nicht zu einem guten Ergebnis führen können."

Ich wünsche Ihnen von Herzen geruhsame und friedvolle Festtage - von "frohe" oder "fröhliche Weihnachten" sind wir Lichtjahre entfernt. Kommen Sie gesund ins Neue Jahr 2024!

@Ute Plass:
Und 100 Jahre nach Karl Marx' Äußerung sagt Theodor W. Adorno 1944: „Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen.“

Nehmen wir Adornos DENK-Zettel mit ins Neue Jahr - Diesbezüglich haben wir keine andere WAHL...

Weiterlesen
Brigitte Breidenbach
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Lieber Uli,

Die Rationalgalerie ist eine der schönsten Galerien im Netz mit treffenden Recherchen, überraschenden Perspektiven und wertvollen Einsichten! Respekt! Danke für die hervorragende Arbeit, den aufrechten und unbeirrten Gang!

Arnulf Rating
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Die Bundesrepublik Deutschland wurde 1945 mit dem Potsdamer Abkommen der Alliierten als nachfolgende Verwaltungseinheit für die Firma 3. Reich, Geschäftsführer Adolf Hitler, von gleichgesinnten Faschisten in Washington DC als US- Corporation...

Die Bundesrepublik Deutschland wurde 1945 mit dem Potsdamer Abkommen der Alliierten als nachfolgende Verwaltungseinheit für die Firma 3. Reich, Geschäftsführer Adolf Hitler, von gleichgesinnten Faschisten in Washington DC als US- Corporation gegründet. Dieses System im röm. Seerecht (Admiralsrecht) kann auch nicht mit guten Absichten geheilt werden. Die Ziele der Besatzerorganisationen mittels Parteien, hat unter u.a. der Autor Theodore Kaufman in "Deutschland muss untergehen" (Quelle Archive.org), kurz aber präzise umrissen. Was lässt sich hier also wählen? Eine von Sekte von Reichsbürgernachfolgern, mit den derzeitigen Handlungsanweisungen: Durch Ermutigung zu staatlicher Verschwendung den Kredit zerstören, Angst vor Unterwanderung durch steigende Preise und allgemeine Unzufriedenheit erzeugen, um nur ein Ziel zu erwähnen.

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EGO
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The show must go on. There is no business like show business. Auf der Titanic soll die Kapelle auch bis zum Schluss gespielt haben.
Es ist die vornehmste Pflicht des Revolutionärs, immer zu sagen was ist. Trotz aller "Musike" sind mir die wohl...

The show must go on. There is no business like show business. Auf der Titanic soll die Kapelle auch bis zum Schluss gespielt haben.
Es ist die vornehmste Pflicht des Revolutionärs, immer zu sagen was ist. Trotz aller "Musike" sind mir die wohl gesetzten Worte des Galeristen willkommener und mehr Kunst im eigentlichen Sinne, danke Ulrich Gellermann.

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Dian C.
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Schließe mich dem gehaltvollen Kommentar und Dank von Ulrike Spurgat.an.

Am "Prinzip Hoffnung" festhaltend, wünsche ich allen, denen an einer menschenfreundlichen Welt gelegen ist, die notwendige Kraft um

"alle Verhältnisse umzuwerfen, in...

Schließe mich dem gehaltvollen Kommentar und Dank von Ulrike Spurgat.an.

Am "Prinzip Hoffnung" festhaltend, wünsche ich allen, denen an einer menschenfreundlichen Welt gelegen ist, die notwendige Kraft um

"alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist".(K.Marx)

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Ute Plass
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Das alte Jahr neigt sich dem Ende und das neue Jahr 2024 steht vor der Türe und ich möchte danken, danken der GALERIE, die mit ihrem Herausgeber wie ein alter Freund mit einem wärmenden Mantel in kalter Zeit ist. Verlässlich aufrecht und mutig ,...

Das alte Jahr neigt sich dem Ende und das neue Jahr 2024 steht vor der Türe und ich möchte danken, danken der GALERIE, die mit ihrem Herausgeber wie ein alter Freund mit einem wärmenden Mantel in kalter Zeit ist. Verlässlich aufrecht und mutig , wie ein Schweizer Uhrwerk, mich viele Jahre in guten wie in schlechten Zeiten begleitet. Verwirrendes in verwirrender Zeit hat der GALERIST in der ihm eigenen Klarheit mit unbestechlich anteilnehmender Vernunft sprachlich , spitzzüngig und spitzfindig mit Eleganz die Feder sausen lässt nahebringt und so in Kontinuität dem Leser hochbrisante Themen mit Leichtigkeit die Schwere nimmt , aber nicht die Tiefe. Mal nachdenklich, mal bissig, mal sarkastisch, mal drängend, als wenn die Zeit aufgebraucht ist.....wird der Leser ermutigt, sich seines "eigenen Verstandes zu bedienen" und die GALERIE hat das dafür notwendige Futter, mitten aus der Gesellschaft und dem Leben gegriffen im Angebot. Man braucht nur zuzugreifen und der Horizont lässt sich erweitern, wenn man es will.
Danke, hochgeschätzter GALERIST für Deine unverzichtbare Arbeit, die immer notwendiger wird, da nichts mehr so ist, wie es war, braucht es den klaren mitfühlenden analytischen Verstand eines Gellermann, dessen Artikel Türen öffnen, mit dem oftmals ureigensten Witz und dem Blick in die Vergangenheit, die Gegenwart und dabei die Zukunft nicht aus dem Auge verliert hat etwas tröstliches, wenn manches untröstlich ist, weil die so notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen unendlich langsam sich von der Stelle bewegen......und in meiner Stadt stinkt trotz all des Illusionsglitzers der Gestank des Systems aus den Tiefen der Kapitalismus Kloake nach oben in die Straßen die weihnachtlich geschmückt den Menschen vorgaukeln sollen, dass die künstlich erzeugten Bedürfnisse der Sinn des Lebens sind, um davon abzulenken, dass viele, sehr viele Menschen das Alleinsein, die Einsamkeit, die innere Leere, die Ausgrenzung, Isolation und die Entfremdung nicht spüren sollen in klirrender sozialer Kälte.

Es passt zum Thema. Was "Privat vor Staat" anrichtet ist kriminell. Die Gangster und Verbrecher, die Freibeuter und Piraten und Schmierlappen in der Politik: Schmoren sollen sie in der Hölle bis zum Sanktnimmerleinstag und darüber hinaus.

Danke, lieber Uli !

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Ulrike Spurgat
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Wer wählt ist selber schuld!

Soja Winkler
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Es gibt ja Verständnis bei mir dass die Verfassungsrichter nach der Wahl vom Herbst 2021 erstmal in den Winterurlaub fahren mussten um sich von den vielen Besprechungen im Kanzleramt und den Abendessen zu erholen. Dann kam auch schon wieder der...

Es gibt ja Verständnis bei mir dass die Verfassungsrichter nach der Wahl vom Herbst 2021 erstmal in den Winterurlaub fahren mussten um sich von den vielen Besprechungen im Kanzleramt und den Abendessen zu erholen. Dann kam auch schon wieder der Sommerurlaub gefolgt vom Herst- und Winterurlaub und dann endlich
nach fast genau 2 Jahren war es den geschätzten Richtern möglich ein Urteil zu fällen in einer solch dringenden
Angelegenheit. Was kann es eigentlich dringenderes geben als eine unkorrekte Wahl sofort wiederholen zu lassen und nicht erst nach 2 Jahren. Schaun wir mal wie die Wahlwiederholung abläuft, aber ich erwarte das gleiche Ergebnis wie schon im Herbst 2021. Mein Vertrauen in die Politik, jetzt aber auch in die Justiz dieses Landes ist auf dem Nullpunkt angekommen.

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Alexander
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