Der einzige Teil des sogenannten Nationalreichtums, der wirklich in den Gesamtbesitz der modernen Völker eingeht, ist ihre Staatsschuld.
K. Marx, Kapital I, MEW 23, S. 782

In den Nachrichten herrscht das Promotions-Theater: Der Fälscher Guttenberg führt das Böse-Buben-Stück auf und die versammelten Medien sitzen in der Loge. Doch hinter dem tänzelnden Schurken schreibt die Ökonomie ein anderes, ein ernstes Szenario: Der Horror ist immer und überall. Die Verschuldung der Deutschen hat eine neue Rekordgrenze erreicht. Auf den einzelnen deutschen Kopf fallen nun 24.450 Euro Schulden.

Natürlich sind es nicht die persönlichen Schulden des jeweiligen Bürgers, neugeboren oder auch kurz vor der Beerdigung. Es sind die Schulden, die der Staat für uns alle und in unserem Namen gemacht hat. Das Defizit aller öffentlichen Haushalte hat in Deutschland die stattliche Höhe von zwei Billionen Euro erreicht. Der Zuwachs von gut 300 Milliarden Euro ist wesentlich den "Bad Banks" zu verdanken. Jenen schlechten Banken, deren Stützung den Bund weit über 200 Milliarden gekostet hat.

Gern wird bei den kaum fassbaren Summen zur Rettung der Banken von "Systemrelevanz" gesprochen. Auch wenn nur zwei deutsche Banken (Allianz AG und Deutsche Bank AG) auf der 24 Unternehmen starken internationalen Liste der "systemrelevanten" Banken stehen, lohnt es sich, die Organisation näher zu betrachten, die die Liste der auf alle Fälle zu rettenden Banken aufgestellt hat: Es ist das "Financial Stability Board" (FSB), ein von den G 20 zusammengebasteltes Gremium, in dem die Weltbank, die Europäische Zentralbank, und der Internationaler Währungsfonds (IWF) sitzt. Und von dem der Bundesfinanzminister zu wissen glaubt, dass es existiert, "um die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu stärken, die Funktionsfähigkeit der Märkte zu verbessern und Systemrisiken zu vermindern." Dass es das System selbst ist, das sich kontrolliert und seine eigenen Risiken mindern soll, fällt dem Buchhalter der Nation scheinbar nicht auf.

Und während das rapide Wachstum deutscher Staatsschulden der Kanzlerin keine Bemerkung wert ist, kommentierte sie, beim Besuch des griechischen Ministerpräsidenten am Dienstag, dessen Sparkurs zur Rettung des Euro: "Und ich habe nicht den geringsten Zweifel daran, dass Griechenland diesen Weg auch fortsetzen wird". Pünktlich zum griechischen Besuch erklärt allerdings Thomas Mirow, Chef der europäischen Bank für Wiederaufbau, ein Laden der im wesentlichen der EU gehört, dass Griechenland seine Schulden kaum wird tragen können und empfiehlt einen ordentlichen Schuldenerlass.

Wie "relevant (wesentlich)" das System der europäischen Finanzpolitik ist, lässt sich auch an einer anderen Nachricht messen: Die EZB (Europäische Zentralbank) verkündet gerade, dass die diversen nationalen Notenbanken der Bundesbank 338 Milliarden Euro schulden. Wenn diese Kreditnehmer zahlungsunfähig werden (was man immer noch von Griechenland und Portugal annehmen darf), dann erhöht sich die deutsche Billionenschuld noch mal beträchtlich. Und damit erhöht sich auch, wie Marx ebenso sarkastisch wie gültig bemerkte, der Gesamtbesitz des Volkes am Nationalreichtum. Aber das Volk ist für das System einfach nicht relevant.