Leicht gesenkte Häupter, tragende Stimmen, umflorte Augen: Sprecher und Kommentatoren deutscher Fernsehsender berichten über die Trauerfeier für jene drei Bundeswehrsoldaten, die in Afghanistan gefallen sind. Vertreter aller Bundestags-Parteien legen ihre Gesichtszüge in Trauerfalten. Irgendwo erklingt die Nationalhymne, das Bundeskabinett erhebt sich zu einer Schweigeminute: Beschwiegen wird auf allen Kanälen, in allen Zeitungen, wer die Verantwortung für den Tod der drei jungen Männer trägt.

Der Minister redet von einem hinterhältigen Anschlag. Ein Oppositionsführer spricht von gewissenlosen Terroristen. Es wird von Heimtücke gefaselt, von Grausamkeit, von einer feigen Tat. Jeden Tag sterben Menschen in Afghanistan, zumeist Afghanen. Deren Tod hat noch kein deutscher Minister betrauert. Über die heimtückischen Raketen, die von Flugzeugen auf Hütten abgefeuert werden, in denen man Taliban vermutet, sorgt sich kein Nachrichtensprecher.

Was soll daran feige sein, wenn ein junger Afghane sich eine Bombe um den Leib bindet, um damit sich und Umstehende ums Leben zu bringen? Der Täter mag dumm sein, er kann verhetzt sein, aber ist einer feige, der sein Leben riskiert? Feine Unterschiede sollen sie machen, die jungen Afghanen: Zwischen den US-Truppen und denen der Deutschen. Hunger und eine geringe Bildung herrscht in den Dörfern, aus denen die Kämpfer kommen. Sie unterscheiden zwischen Hunger und Satt, zwischen Freund und Feind. Die Deutschen gehören zu den Feinden.

In das Klagen um die toten Soldaten und das Anklagen der sogenannten Terroristen mischt sich eine weitere Klage: Der Ausbildungsstand der von den Deutschen in Afghanistan aufgebauten Polizei, sagt ein Politiker im Radio, sei zwei Jahre zurück, es mangele an Schlagstöcken und Schutzschilden. Woran es mangelt, ist Verstand: Soll der Hunger mit Schlagstöcken gemindert werden? Werden die Schutzschilde vor Bomben schützen, deren Ziele zuvor von deutschen Tornados markiert wurden?

Der Minister weiß, warum die Soldaten gestorben sind: »Sie haben es für die Sicherheit und eine friedliche Entwicklung des afghanischen Volkes und für unsere eigene Sicherheit getan«. Die Mehrheit der Afghanen wünscht sich die fremden Soldaten aus dem Land. Die Mehrheit der Deutschen will, dass sich unsere Soldaten aus Afghanistan zurückziehen. In Talkshows reden Experten über eine Einsatzdauer von weiteren fünf oder gar von zehn Jahren. Minister nicken dazu: Wenn wir uns jetzt aus Afghanistan zurück zögen, dann würde alles noch schlimmer. Es gäbe also noch mehr Tote wenn wir gingen, mehr als wenn wir blieben? Es gibt kaum noch Deutsche, die glauben, dass ihre Stimme bei den Wahlen irgendetwas bewirkt.

Die drei jungen Männer, denen man in Köln ein pompöses Staatsbegräbnis gerichtet hat, sind für nichts gestorben. Und keiner derer, die etwas anderes erzählen, die mühsam ihre Lügen über den Sinn des Afghanistaneinsatzes stottern, würde seinen Sohn nach Afghanistan schicken. Und alle Nachrufe, die wir in diesen Tagen lesen oder hören, sind Nachrufe auf ein Deutschland ohne Krieg.

»Wer im Krieg gefallen ist, ist für einen Dreck gefallen.«, schrieb Kurt Tucholsky über einen anderen Krieg. Der Dreck sitzt heute dort, von wo aus seit fünf Jahren immer mehr Truppen in ein fremdes Land geschickt werden, wo man zwar keinen Fortschritt ausweisen kann, aber auch kein Ende absehen möchte. Wenn irgendwo gekärchert werden muss, dann dort.