Schon seit Jahren ist der Kampf gegen den Terror eine kriegerische Disziplin, die nach Experten verlangt. Experten sind Menschen, die im jeweiligen Sachgebiet alles wissen ––und das auch noch besser. Wenn zum Beispiel der Terrorfall vorfällt, fallen sie in den Medien durch superkluge Reden auf. Und während der normale Experte in seinem Fachgebiet selbst gearbeitet hat, darf man nicht davon ausgehen, dass der Terror-Experte selbst Terrorist war, bevor er begann über dieses Fachgebiet des Kriminellen zu dozieren. Auch wenn seine mediale Präsenz durchaus Züge des Psycho-Terrors aufweist.

Trotz unterschiedlicher Denkschulen gibt es einige Grundwissenschaften, die alle Terror-Experten einen. Vorrangig gilt der Kernsatz: Terrorist ist immer der ANDERE! Schon in den Terror-Kämpfen der britischen Spezialeinheiten gegen die irische Terror-Organisation IRA war den englischen Experten klar: Der katholische Ire war´s. Katholische Iren allerdings konnten lange und intensiv über den Terror britischer Truppen in katholischen Wohn-Vierteln Nord-Irlands berichten. Aber sie kamen in den allgemeinen Medien einfach nicht vor. Auch deshalb hat sich der ANDERE als Schuldiger für den Terror eingebürgert. Kann man den ANDEREN dann auch noch die andere Hautfarbe, Sprache, Religion oder Kultur nachweisen, dann ist der Fall schon halb geklärt.

Der Terror-Experte weiß grundsätzlich auch, dass der Terrorist immer nur feige Anschläge verübt. Bei Selbstmordattentaten ist das Eigenschaftswort besonders sonderbar: Hat doch der Terrorist immerhin sein Leben riskiert. Aber vielleicht war es ohnehin nichts wert und der Terrorist hat es einfach feige weggeworfen. Nie hat man Terrorismus-Experten von feigen Drohnen-Morden reden hören. Obwohl der Drohnen-Mörder unangreifbar in einem warmen und trockenen Büro sitzt und der Kaffee-Automat nur den Gang runter links ist. Während die feige Trauer- oder Hochzeitsgesellschaft, die der Terroristen-Jäger klinisch sauber in die Luft jagte, wahrscheinlich ein paar feige Terroristen beherbergte und ihr Anders-Sein schon durch den fehlenden Kaffee-Automaten bewies.

Eine ganze Sammlung von Anti-Terror-Grundsätzen findet sich im Wort MEHR. Der Terrorismus-Experte beherzigt den alten medizinischen Grundsatz: Viel hilft viel! Mehr Kameras, mehr Waffen, mehr Sicherheitsgesetze, mehr Polizei, mehr Vernetzung…Und natürlich helfen auch mehr Drohnen. Weniger hilft manchmal auch: Aber nur weniger ANDERE! Ganz sicher helfen, beobachtet man die Experten-Runden, mehr Wählerstimmen für diese oder jene Partei. In Deutschland reklamieren CSU und AfD für sich das totale Rezept gegen den Terror gefunden zu haben. Kämen die beiden Parteien dran, würde sicher alles totaler.

Wer den Terror-Abend in Berlin in den Medien verfolgte, der lernte in jedem zweiten Medium den israelischen Terror-Experten Shlomo Shpiro kennen. Von Israel weiß man, dass dieser Staat den Terrorismus voll im Griff hat. Über die Zuweisung des Terrorismus an die ANDEREN muss man dort nicht lange nachdenken: Seit der Gründung kennt man den unseligen Palästinenser, der ebenso unberechtigt wie terroristisch den uralten, heiligen israelischen Boden belästigt. Der Palästinenser war und ist ANDERS, also Terrorist.

Aber auch der Grundsatz des MEHR findet in der israelischen Anti-Terror-Philosophie seinen Platz: Gern werden einige Steinwürfe mit ganzen Polizeibataillonen beantwortet, pro einzelner Rakete muss der Terrorist im Gaza-Streifen mit vielen Bomben-Teppichen rechnen. Und wenn er die Grenze wechselt, sei es in den Libanon oder nach Syrien, dann folgen im komplette israelische Armeen, da muss der Krieg nicht mal erklärt werden, das verstehen die Araber dann schon so.

Überragend sind die israelischen Ergebnisse im Anti-Terror-Kampf: Seit Beginn investiert der Staat immer MEHR und MEHR in den Kampf und erntet als Ergebnis immer MEHR und MEHR Terror. Das ist ein überzeugendes Geschäftsmodell. Jedenfalls für Terror-Experten. Atemlos lauschte ein deutsches Publikum dem Politologen und Experten Shlomo Shpiro. Rein zufällig war der tapfere Schlomo zum Berliner Attentat zur Hand, um deutsche Medien mit den Weisheiten des MEHR zu füttern. Der Professor ist Experte in Terrorismus-, Geheimdienst- und Sicherheitsfragen. Shpiro ist stellvertretender Leiter der Abteilung für Politische Studien an der Bar Ilan University in Tel Aviv und Vorsitzender der International Intelligence History Association. Ebenso zufällig wie seine Anwesenheit zur Zeit des Berliner Anschlags ist sicher auch, dass der schlaue Mann von 1999 bis 2001 ein von der NATO finanziertes Forschungsprojekt zur Verbesserung der Intelligence Cooperation der Mittelmeerregion geleitet hat. Und logisch auch, dass Shpiro im Jahr 2009 zum Leiter eines EU-Projektes zur "Terrorismuskrise" ernannt wurde. Alle Welt weiß, dass der Terrorismus in Europa seit dieser Zeit deutlich MEHR wurde. Welch ein Erfolg.

Worüber Terror-Experten nie reden: Über die sozialen Ursachen des Terrors. Warum auch? Würde man ernsthaft über Ursachen reden, dann könnten die vielleicht beseitigt werden. Und Experten wie Shlomo Shpiro würden nicht mehr gebraucht und müssten arbeiten gehen. Das will die ganze Anti-Terror-Branche nicht.

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Jedes fahren tausende israelische Terror-Experten, die fließen Deutsch sprechen zu Weihnachten nach Berlin. Das ist aber ein Zufall!

Britta Henkel
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ohne weitere Worte.... Bilder sprechen fuer sich selbst

http://www.toonsonline.net/23169/an-american-react-to-racist-romneyi-am-palestinian/

joe bildstein
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Treffender Artikel! Danke!
Nach dem sozialen Hintergrund für Terrorismus fragen, hieße, den Effekt aller Berichte und die Arbeit der „Terrorbekämpfer“zu schmälern! Kriege als Ursache für Terrorismus haben in der Berichterstattung nicht...

Treffender Artikel! Danke!
Nach dem sozialen Hintergrund für Terrorismus fragen, hieße, den Effekt aller Berichte und die Arbeit der „Terrorbekämpfer“zu schmälern! Kriege als Ursache für Terrorismus haben in der Berichterstattung nicht vorzukommen!- Als Ergänzung - gerade in den „unabhängigen“ Medien gehört: man hat Ausweis und ein Duldungspapier (!) im Führerhaus des Sattelschleppers gefunden! Woran erinnert uns das? Nizza? Paris? Irgendwie fürsorglich von den Terroristen ! Bin gespannt , wann der Tunesier (?) erschossen wird. Und- sehr beruhigend , dass wir hier in Berlin gerade einen Terrorexperten zu Besuch haben, einen der besten !

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SIERA
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Krododilstränen - und weiter so
Gestern Abend, am 20. Dezember 2016, im Fernsehen: Stundenlanges Heulen. Tapfer bleiben. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir halten zusammen. Die oder der Täter - pfui Teufel. Nieder mit den Verbrechern. Nieder...

Krododilstränen - und weiter so
Gestern Abend, am 20. Dezember 2016, im Fernsehen: Stundenlanges Heulen. Tapfer bleiben. Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir halten zusammen. Die oder der Täter - pfui Teufel. Nieder mit den Verbrechern. Nieder mit dem IS, der offensichtlich dahintersteckt. Was tun? Mehr Sicherheit, mehr Polizei. Mehr Betonklötzer zur Abwehr von Bombenfahrzeugen. Und nochmals Tränen. Ich wartete. Eine Stunde, zwei Stunden - kein Wort zu den Ursachen, zu möglichen hochgezüchteten Hintermännern. Seit 2001 läuft das so. Wer bezahlt sie, wer unterstützt sie? Solange der Hintergrund und die Drahtzieher nicht offen benannt werden, was faktisch auf die Veränderung der Gesellschaftsverhältnisse hinauslaufen würde, solange die politischen Großmäuler nur Pflasterchen auf offene Wunden legen, solange brauchen wir - na was schon - mehr, mehr, mehr Polizei und Überwachung. Macht man weiter so! Die Verschweiger gehören hinter Gitter.

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Harry Popow
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"Über die sozialen Ursachen des Terrors."?
"TERROR" heißt "SCHRECKEN"!
Jeder(!) KRIEG war ... ist ... und wird sein ein unmenschlicher (oder doch ein typisch "menschlicher"?) SCHRECKEN!
Die URSACHE des aktuellen TERRORS ist der TERROR der...

"Über die sozialen Ursachen des Terrors."?
"TERROR" heißt "SCHRECKEN"!
Jeder(!) KRIEG war ... ist ... und wird sein ein unmenschlicher (oder doch ein typisch "menschlicher"?) SCHRECKEN!
Die URSACHE des aktuellen TERRORS ist der TERROR der US-NATO-KRIEGE ... beide TERRORISTEN, der SOLDAT und der sog. TERRORIST (, der sich als PARTISAN und RÄCHER versteht!) sind MÖRDER ... frei nach TUCHOLSKY. "Wann wird man je verstehn?"

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Hans Rebell-Ion
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Danke für den Beitrag. Ist die Ironie im Unterton zu hören? Warum wird der Gedanke dann nicht zu Ende gesponnen, dass auch der israelische Geheimdienst mit dahinter stecken kann? Wer den Beitrag von Shlomo Shpiro sieht...

Danke für den Beitrag. Ist die Ironie im Unterton zu hören? Warum wird der Gedanke dann nicht zu Ende gesponnen, dass auch der israelische Geheimdienst mit dahinter stecken kann? Wer den Beitrag von Shlomo Shpiro sieht (https://www.youtube.com/watch?v=1k9LSq3H5qg ), wird feststellen, dass sein Lächeln völlig unpassend ist, als er erzählt, warum er den Weihnachtsmarkt verliess. Zudem ist das völlig unnötig, wenn er nicht genau dies als begründungspflichtig ansieht (weil Israelis es hier schnell kalt wird). Zudem ist es fragwürdig, dass er sofort wusste, dass der Täter den Tatort verlassen konnte, wo doch in den Medien ein Pakistani als tatverdächtig festgenommen vorgestellt wurde. Er sah gleich einen TERRORanschlag als erwiesen an.
Wir haben die gleichen Merkmale: Ein Ausweis, d.h. irgendwelche Dokumente werden unter dem LKW gefunden, ein Mann professionell ermordet und das Fahrzeug kaltblütig gelenkt. Das machen nicht Anfänger, sondern Profis. Und wer möchte Deutschland einreden, es leide an Terror?
Der Fall Richard Gutjahr, der von ähnlicher Begebenheit aus Nizza und auch München berichtete (worauf Shpiro verweist, dass letzteres nur beschönigend ein ?Amoklauf? genannt wurde), zeigt, dass auch dessen Frau beim israelischen Geheimdienst war. Und die Belege für die Beteiligung von israelischen Agenten an 9/11 sind zahlreich. Vor allem die Art des verwendeten Militärsprengstoffs.
Ein bisschen viele Zufälle.

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Birgit Bachmann
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Je bitterer das Ereignis, desto sarkastischer fällt die Satire aus. Wie soll man sich auch sonst über Wasser halten in einem solchen Meer von Krokodilstränen. In einem solchen Sturm von Aufgeblasenheit. Und es funktioniert jedes Mal nach dem...

Je bitterer das Ereignis, desto sarkastischer fällt die Satire aus. Wie soll man sich auch sonst über Wasser halten in einem solchen Meer von Krokodilstränen. In einem solchen Sturm von Aufgeblasenheit. Und es funktioniert jedes Mal nach dem gleichen Schema: Erst tut man alles, aber auch alles, um sich den Terror ins Land zu holen, und dann, wenn der Erfolg eintritt, knallen - pardon - die Tränenkorken.

Krokodilstränen mit überschäumender Betroffenheit sind ein besonderes Gesöff. Den Einen vernebelt es nur den Verstand, Andere macht es aggressiv und unzurechnungsfähig. Vor allem stellt es jede realistische Weltsicht auf den Kopf getreu dem Motto "der Zweck heiligt die Ursache".

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Detlev Matthias Daniel
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auch hier gilt: ein (terror-)experte ist einer der von immer weniger, immer mehr weiß, bis er von nichts alles weiß.
und wieder hat man entsprechende ausweisunterlagen gefunden, ganz plötzlich nach 2 tagen und wir erwarten stündlich die...

auch hier gilt: ein (terror-)experte ist einer der von immer weniger, immer mehr weiß, bis er von nichts alles weiß.
und wieder hat man entsprechende ausweisunterlagen gefunden, ganz plötzlich nach 2 tagen und wir erwarten stündlich die mitteilung, daß der gesuchte sich dem zugriff entzog und dabei den tod fand. wie immer, wir können die uhr danach stellen..
derweil wird betroffenheit geheuchelt, weil unser schönes weihnachtsfest beschmutzt wurde. die tausenden von toten, durch unsere hände, waschen dieselbigen in unschuld ...

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Spargel Tarzan
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Jau! Danke!

Zu @Siera: Ja, Nizza, Paris ... Manhattan (da lagen nicht nur Ausweise und Anleitungen in Autos sondern zusätzlich ein völlig unbeschädigter Ausweis oben auf dem dampfenden zerbröselten Trümmerhaufen).
Die Ähnlichkeit dieser...

Jau! Danke!

Zu @Siera: Ja, Nizza, Paris ... Manhattan (da lagen nicht nur Ausweise und Anleitungen in Autos sondern zusätzlich ein völlig unbeschädigter Ausweis oben auf dem dampfenden zerbröselten Trümmerhaufen).
Die Ähnlichkeit dieser Inszenierungen fangen an, das Publikum zu langweilen. Da hilft auch nicht die aktuelle Variante, dass als erstes ein evtl, unbeteiligter Afghane/Pakistani zu einem ?Gespräch? mitgenommen wurde. Der nun verdächtigte Algerier war natürlich auch längst bei der Polizei aktenkundig und wir können damit rechnen, dass auch er erschossen wird.
Absolut phantasielose Regie! Und die Krokodilstränen von Politik und Medien? Völlig unbegabte Schauspieler! Diese, wie alle anderen täglichen grottenschlechten Darbietungen werden von uns hoch subventioniert!

Das einzig Echte an den Inszenierungen ist das wirkliche Menschenblut. Und das ist bitter!

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Theaterkritiker
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Lieber Herr Gellermann, ich möchte auf ihren vorzüglichen Kommentar hin an Daniela Dahn erinnern, die vor einigen Jahren eine verbale Gleichung aufgestellt hat, die wir gar nicht oft genug öffentlich zitieren sollten: "Krieg ist die exzessivste...

Lieber Herr Gellermann, ich möchte auf ihren vorzüglichen Kommentar hin an Daniela Dahn erinnern, die vor einigen Jahren eine verbale Gleichung aufgestellt hat, die wir gar nicht oft genug öffentlich zitieren sollten: "Krieg ist die exzessivste Form von Terrorismus. Er verschlimmert alles und löst nichts." Der Friedenskreis Eutin hatte diese Sätze, weil wir sie so schön und wahr und wichtig fanden, vor einigen Jahren anlässlich eines Großen Zapfenstreiches in unserer Heimatstadt auf ein Laken übertragen und den auf einer falschen Bahn in den Schlosspark laufenden Mitmenschen zur Kenntnis gegeben. Die Polizei unterbrach unsere Aufklärungsaktion, beschlagnahmte das Laken wegen des Verdachts der Verunglimpfung von Verfassungsorganen, gab uns unser Laken aber schon am nächsten Morgen kleinlaut und strafrechtlich als nicht zu beanstanden zurück. Insofern spricht also nichts dagegen, sondern alles dafür, Terroristen auch Terroristen zu nennen. Egal, ob es sich um Präsidenten, Bundespräsidenten, Kanzlerinnen, Bundestagsabgeordnete oder als Journalisten verkleidete Sprachrohre der kümmerlichen Elite der Länder unserer Erde handelt. Ich wünsche Ihnen eine erholsame Pause zwischen Weihnachten und Neujahr und freue mich auf ein 2017 mit der RATIONALGALERIE.

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Wolfgang Schiller
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