Wir gehen, sagen die deutschen Unternehmen. Immer wenn ihnen was nicht passt. Schon lange erwarten echte Experten, dass die Immobilienwirtschaft alle Häuser auf den Buckel nimmt und zum Beispiel nach Grönland abhaut. Denn dort sind die Löhne für Hauswarte extrem niedrig. Auch von der Agrarindustrie ist ein Exodus jederzeit zu erwarten. Wenn dann noch das Hotel- und Gaststättengewerbe folgt, das Transportwesen lieber die Route 66 nimmt statt die B 5, der Handel lieber dem Wandel frönt, und Ikea endlich in seine Heimat zurück geht, dann ist es aus mit Deutschland und wir alle müssen zum Einkaufen immer nach Schweden fahren. Oder nach China. Denn in China, das weiß doch jeder, liegt das Schlaraffenland der Produktion: Kaum Löhne, Arbeitszeiten rund um die Uhr, das Arbeitsrecht wird dort in Logogrammen gelesen, also gar nicht.

Doch es gibt die ersten Rückkehrer. Unter ihnen der Teddy, jenes kuschelige Stück Spielzeug, das Margarete Steiff einstmals eigenhändig auf der Maschine genäht hatte und das seitdem Kinderzimmer und Sammlerborde schmückt. Sie haben es versucht, die Steiffs: Zu einem netten Extraprofit kann der Schwabe nicht Nein sagen, die Löhne lagen so weit unter denen in Giengen an der Brenz und das Maul haben sie auch nicht aufgemacht, die gelben Neger, konnten die 53 Familienmitglieder erfreut feststellen, und streiken täten sie auch nicht. Also hat man vier Jahre lang in China produzieren lassen. Jetzt kehrt die Produktion zurück. Was oberflächlich wie eine patriotische Tat aussieht (wir sichern deutsche Arbeitsplätze und lassen nur deutsche Teddys unter deutsche Weihnachtsbäume), ist das Ergebnis eines betriebswirtschaftlichen Flops: Die Chinesen können es nicht, zu viel Reklamationen und das Image des emotionalen kleinen Knuddlers litt auch. Obwohl, ein Kinderspielzeug von kleinen Chinesenkindern endgefertigt, das hätte doch auch was Rührendes. Das sahen die Kunden anders.

Knapp 20 Prozent der deutschen Unternehmen haben bisher Aktivitäten ins Ausland verlagert und dabei Vorteile genossen wie Apple bei der Produktion des iPod in dem chinesischen Ort Longhua in der Sonderwirtschaftszone Shenzen: Rund 200.000 Arbeiter montieren dort den iPod. Sie dürfen für 50 Dollar monatlich rund 15 Stunden am Tag arbeiten. Der niedrige Lohn erklärt sich sicher aus der komfortablen Unterbringung: Schlafräume für 100 Menschen sind die Regel, mittags gibt es Reis pur und abends auch. Besuch von außen ist unerwünscht, er könnte die Arbeiter in ihrer Konzentration stören. Für deutsche Unternehmen schafft die Bundesregierung noch einen weiteren Vorteil: Sie zahlt der VR China 67,5 Millionen Euro jährlich an Entwicklungshilfe. Das ist nicht viel, schmiert aber doch die Beziehungen ein wenig.

Vor Jahren machte sich ein anderes schwäbisches Unternehmen auf, ein Weltkonzern zu werden: Die Daimlers versuchten es mit einer Einheirat bei den Chryslers und schwärmten lange von den globalisierten Flitterwochen. Sogar ein bayerisches Unternehmen, die BMW´s, ließ einen Sportwagen in den USA herstellen. Längst sind die Träume zerronnen. Viel Geld büßte die Daimler-Familie bei der Scheidung ein, kurz bevor die Auslandsheirat den Heimatkonzern mit in die Tiefe reißen konnte, und die BMW-Fahrer erinnern sich noch heute mit Schaudern an den ersten Z3: Bedienungsknöpfe fielen gerne runter, der Lack warf niedliche Blasen, die Sitzwangen brachen zuweilen ab, soweit zur amerikanischen Wertarbeit.

Das Frauenhoferinstitut, bekannt für einen nüchternen Blick, stellt in einer Studie fest, dass rund 25 Prozent der größeren Betriebe (über 500 Beschäftigte), ihre Produktionsverlagerung ins Ausland wieder rückgängig gemacht haben. Die Hauptgründe lagen in mangelnder Qualität und in den Kosten. Vor allem die um fast 30 Prozent gestiegenen Transportkosten sind es, die zunehmend mehr Rückverlagerungen veranlassen. Und, sagt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau, wir brauchen die Nähe zum Kunden. Und weiter: Wir bekommen kein qualifiziertes Personal oder müssen es genauso teuer bezahlen wie in Deutschland. So bloß liegen die Leiden der deutschen Industrie.

Also wird neben der Curry-Wurst-Bude wohl auch der Maschinenbau, neben der deutschen Holzindustrie wahrscheinlich auch die deutsche Chemie-Industrie im Lande bleiben. Die deutschen Verleger denken allerdings heftig über einen Standortwechsel nach: Am deutschen Zeitungswesen könnte Guadeloupe endlich genesen, nur die deutsche Schlagerindustrie ist noch nicht weiter vorgedrungen als bis nach Mallorca. Vor allem aber: Der Teddy ist zurück. Jener Stoffbär, der seinen Namen von Teddy (Theodore) Roosevelt hat, dem US-amerikanischen Präsidenten, der mit einem Zusatz zur Monroe-Doktrin die Grundlage für eine expansionistische Außenpolitik der USA legte und die Rolle der USA als Weltgendarm ausprägte. Davon wussten sie damals, 1904, natürlich nichts in Giengen. Und wenn, hätten sie den Plüschbär vielleicht mit einer Waffe ausgestattet. Ein Accessoire, das auf globalen Reisen ja nützlich sein soll.