Der Begriff Schurkenstaaten mag ein wenig aus der Mode gekommen sein. Aber George Bush, der in geprägt hat, wußte ganz genau was er damit meinte: Jene Staaten, die sich aggressiv gegenüber anderen Ländern verhalten, solche die nach Atom-Waffen streben, die bevorzugt die Stabilität ganzer Regionen untergraben und sich zugleich internationalen Verhandlungen verweigern. All diese Kriterien, bis auf eines, treffen auf Israel zu: Der nahe Osten ist jene Region, in der Israel seit Jahr und Tag an der Destabilisierung führend beteiligt ist, Uno-Resulutionen die Israel betreffen werden in Tel Aviv grundsätzlich ignoriert, und die israelische Aggressivität gegen seine Nachbarn, insbesondere die Palästinenser, ist notorisch. Nur in einem Punkt trifft das Raster nicht zu: Israel strebt nicht nach Atom-Waffen. Israel verfügt seit Jahren über atomare Sprengköpfe.
In der kommenden Woche findet, auf Einladung von Barack Obama, in Washington ein Atom-Gipfel statt. Ein Treffen von mehr als 40 Staatsoberhäuptern. Benjamin Netanjahu, zur Zeit Israels Ministerpräsident, wird nicht teilnehmen. Weil, so sickert es aus den üblichen Quellen in die Medien, dieser oder jener arabische Staat fordern könnte, dass Israel den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen solle. Das ist dem sensiblen Netanjahu natürlich nicht zuzumuten: Eine Debatte über hunderte von Atomsprengköpfe über die Israel verfügt! In aller Öffentlichkeit! Vielleicht auch noch eine Diskussion über atomare Trägerwaffen, wie jene mit Raketen bestückten U-Boote der Delphin-Klasse, die Deutschland an Israel geliefert hat! Das würden die Nerven des armen Benjamin Netanjahu nicht aushalten.
Netanjahu war einst ein Truppenführer in der israelischen Kommandoeinheit Sajeret Matkal, jener Truppe, die bevorzugt Leute liquidiert, die man für Terroristen hält. Die in dieser Einheit geschätzte Brutalität gegen Zivilisten ist dem israelischen Premier Leitfaden in der Siedlungspolitik: Neue Siedlungen werden gerne im palästinensischen Teil Jerusalems und im palästinensischen Westjordanland gegründet, von der Armee verteidigt und von Netanjahu so begründet: ,,Die Juden haben Israel vor 3000 Jahren gebaut, und die Juden bauen Israel heute. Jerusalem ist keine Siedlung. Es ist unsere Hauptstadt." Die Slawen, zum Beispiel, siedelten im Mittelalter bis nach Schleswig Holstein. Die Polen, zum Beispiel, sind Slawen. Aber die Polen, welch ein Glück, verfügen nicht über Atomwaffen. Und an ihrer Spitze steht auch kein durchgeknallter Premier, dessen Standpunkt für das palästinensische Land die Genfer Konvention außer Kraft setzt, weil des Westjordanland, seit Ende der osmanischen Herrschaft, niemals Teil eines souveränen Staates gewesen sei.
Im Deutschländchen gelten Kritiker israelischer Politik gern als linke Antisemiten und Sympathisanten des Terrors. Es wird schwer fallen, den amerikanischen Viersterne-General David Petraeus in diese Schublade zu stecken. Petreaus ist mittlerweile zum Kommandeur eines US-Central-Command aufgestiegen, einem Regionalkommando der US-Armee für den Nahen Osten, Ost-Afrika und Zentral-Asien. Jüngst merkte der General in einem Bericht für das Komitee der Streikräfte zum Fall Israel an: "Die anhaltenden Feindseligkeiten zwischen Israel und einigen seiner Nachbarn stellen besondere Herausforderungen an unsere Fähigkeit, unsere Interessen in der AOR (Area of Responsibility) voranzubringen. Der Konflikt schürt antiamerikanische Gefühle auf Grund der Wahrnehmung, dass die USA Israel bevorzugt unterstützt. Arabischer Zorn über die palästinensische Frage beeinträchtige die Stärke der USA-Partnerschaft mit Regierungen und Völkern in der AOR und schwächt die Legitimität der moderaten Regime in der arabischen Welt. Mittlerweile nützen Al-Qaida und andere militante Gruppen diesen Zorn aus, um Unterstützung zu mobilisieren." So bezeugt der General, dass die israelische Politik Terror zeugt.
Nun werden sie also in Washington zusammenkommen, die Merkels und Sarkozys, die Obamas und Medwedjews. Man wird sich gegenseitig den besten Willen bescheinigen. Vielleicht werden sogar die lobenswerten, begonnenen Verhandlungen zur Reduzierung von Atomwaffen fortgeführt werden. Aber das israelische Regime, seine aggressive Politik und seine atomare Bewaffnung werden keine Rolle spielen. Statt dessen wird man über den Iran und sein Atomprogramm reden. Ein Programm, das sich auch aus den israelischen Atomwaffen erklärt und nur dann zu einem vernünftigen, friedlichen Punkt geführt wird, wenn der Nahe Osten zur atomwaffenfreie Zone erklärt werden würde. Aber das müsste ja der Heuchelei ein Ende machen. Wie sollte unter diesen, ungewohnten Bedingungen der Afghanistan-Krieg begründet werden? Da latscht man doch lieber weiter in Dorfkirchen und heuchelt Trauer über gefallene Soldaten, deren Tod als Teil einer Inszenierung zur Staffage verkommt.