BILDUNGSPROVINZ: Sie reist durchs Land, die Kanzlerin, von Schule zu Schule, von Universität zu Universität. Kann sein, dass sie das bildet. Das Land bleibt was es ist: Schlusslicht der Industrie-Nationen, zu wenig Studienanfänger, soziale Selektion an den Hochschulen, Dreiklassen-System an den Schulen. Deutschland bleibt blöd, sagt die OECD. In anderen Ländern steigt der Anteil der Bildungsausgaben an den öffentlichen Haushalten. In der Bildungsprovinz Deutschland sinkt er. Die Folge: Wir werden zur Fachkräftebrache, zum Hilfsarbeiterland, zur Rückständigkeitszone.
MEDIENPROVINZ: Die langanhaltende Bildungsdurststrecke verursacht in deutschen Medien schwerste Gedankenarmut. In der Frankfurter Rundschau erklärt einer, vor dem Hintergrund der Verstaatlichung von Pleitebanken, den Kapitalismus: »Der Kapitalismus ist ein System, das auf Schulden, auf Kredit fußt« Und: »Sie (die Banken) sind alle quasi-öffentliche Institute«. Wer gedacht hatte, Profit und Markt prägten das System, der bekommt sofort ein Zwangs-Abonnement der Frankfurter Rundschau. Das bezahlt er mit der Quasi-Rendite, die ihm aus den öffentlichen Instituten zusteht. Leider ist die Sozusagen-Rendite noch nie gezahlt worden, nur die Tatsächlich-Subvention, mit der die Steuerzahler die Pleite-Institute regelmäßig retten. Aber das hat in der Medienprovinz Deutschland kaum jemand bemerkt.
DEMOKRATIEPROVINZ: Die Legende sagt, Deutschland sei eine Parteiendemokratie. Das setzte, wäre die Legende Wirklichkeit, demokratische Parteien voraus. Wie zum Beispiel die SPD. Mehr als eine halbe Million Menschen sind Mitglied der SPD. So um die fünfzig SPD-Mitglieder trafen sich jüngst am brandenburgischen Schwielowsee. Die legten dann fest, dass es einen Kanzlerkandidaten und einen neuen Parteivorsitzenden gibt. Die werden jetzt die Richtung vorgeben: Im Parlament, in der Regierungskoalition, im Land. So stellen sich die glücklichen SPD-Führungsprovinzler die Demokratie vor: Zwei sagen was, der Rest macht das, was gesagt wird.
BÜROKRATIEPROVINZ: Bürokratie kann nützlich und notwendig sein. Kein Staatsapparat kann auf sie verzichten. Sie kann aber auch völlig beliebig sein, also unnütz. Beispiel: Kajo Wasserhövel. Der Müntefering-Intimus konnte vor drei Jahren nicht Generalsekretär der SPD werden. Man wollte ihn nicht. Da der arme Mann sonst keinen Job hatte, wurde er Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium. Jetzt will Müntefering ihn als Bundesgeschäftsführer. Und natürlich kann er das Ministerium sofort verlassen. War ja nur geparkt für ein paar Tausender im Monat, mit prima Pensionsansprüchen. So, dachte man, nimmt man nur in der Dritten Welt den Staat als Beute. Falsch.
WIRTSCHAFTSPROVINZ: Im Jahr 2000 hatte die Bundesregierung die Bundesdruckerei an einen Investor verkauft. Angeblich für eine Milliarde Euro. Allerdings hatte der Investor die Kaufsumme nie komplett bezahlt. Im Gegenteil: Die Heuschrecke Apax Partners zahlte mit Schulden, die bei einer Landesbank, beim Bund selbst und durch die Finanzausschlachtung der ursprünglich gesunden Bundesdruckerei entstanden. Jetzt war der ehemalige Staatsbetrieb so richtig krank. In diesen Tagen wird er von der Bundesregierung zurück gekauft. Zwischenzeitlich wurden erfolgreich so um die 2000 Arbeitsplätze vernichtet. Wenn die Regierung die Druckerei demnächst erneut verkauft, könnten auch die restlichen Arbeitsplätze liquidiert werden. Nach der Finanz-Provinz-Theorie - in garantiert deutschen Hauptschulen entwickelt, von garantiert deutschen Medien beklatscht - übergibt der Finanzminister dann einem beliebigen Finanzinvestor eine Milliarde als Erfolgsprämie.
US-PROVINZ: Zwar muss das noch vom Bundestag beschlossen werden, sagt Frau Merkel, aber Deutschland »wird sich seiner Aufgabe nicht entziehen». Die Aufgabe: 40 Militär-Beobachter nach Georgien entsenden. Wann immer die USA will, wird der Bundestag offenkundig zur Zustimmungsmaschine: Afghanistan, Libanon und jetzt auch noch Georgien. Ein Land mit einem Verrückten an der Spitze und ungeklärten Grenzverhältnissen. Aber bitte gern, aber bitte gleich: Frau Merkel sichert jedem, für den die USA es wünscht, den NATO-Beitritt zu.
Die Bundesrepublik Deutschland: Ein Land mit sehr beschränkter Haftung, mit eingeschränkter Souveränität und unbeschränkter Provinzialität.