Einer musste ja mal die nationalen Interessen vertreten und sich gegen die Steuer-Sklaverei unter dem Diktat der europäischen Bürokratie wenden. Dass es Peer Steinbrück, der koalitionäre Finanzminister sein würde, war abzusehen. Als die EU jüngst die Mindeststeuern auf Bier und andere Alkoholika erhöhen wollte, hat Steinbrück Nein gesagt: Bis hier hin und nicht weiter! Und dann hat er auf seine Kehle gedeutet, als habe ihm einer ein Messer an die selbe gesetzt. Manche haben diese Geste mit "Rettet die Säufer" übersetzt, andere glaubten zu erkennen, dass Steinbrück dringend einen Schluck brauchen würde.

Der Steuerguerillero Steinbrück ist bekannt für seine Robin Hood-Aktionen: Erst vor kurzem hat er angekündigt, dass die Steuerlast der deutschen Konzerne um ein Drittel sinken soll, um rund 30 Milliarden Euro werden die Firmen dann weniger abführen. Die schweren Leiden, insbesondere der Exportindustrie, werden so gemildert. Es ist nicht nur Mitleid, das den Finanzminister treibt. Es geht natürlich auch um den "Standort Deutschland", jenen mystischen Ort, der ähnlich dem heiligen Gral immer ein Ziel bleibt und doch nie erreicht werden kann.

Wie bei der Suche nach dem Gral, muss auch der Finanzminister ständig Gutes tun, um an sein Ziel zu gelangen. Wohl deshalb zahlen die deutschen Spitzenverdiener so wenig Steuern wie noch nie. Der Gral ist der Sage nach jener Kelch, in dem das Blut Jesu aufgefangen wurde, als einer der römischen Soldaten, die das bekannte Kreuz bewachten, den Jesus mit einer Lanze in die Seite stach. Seit etwa dieser Zeit gilt der Gral als wundertätig und zugleich verschwunden.

Das Verschwinden ist den Wundern häufig zu eigen: Kaum hat einer eins gesehen ist es weg. Es gibt respektlose Leute, die halten auch das Steinbrücksche Steuerwunder für eine solch flüchtige Erscheinung. Spätestens mit der drastischen Erhöhung der Mehrwertsteuer, behaupten diese Ungläubigen, sei Schluss mit den wohltätigen Steuersenkungen, die würden ohnehin nur einigen Wenigen zugute kommen. Sobald alle Bürger drei Prozent auf fast alles mehr zahlen müssten, würde sich die Kluft zwischen Arm und Reich weiter vertiefen und das könne man ja wohl kaum als gerecht und gut bezeichnen.

Spitzfindige Miesmacher sehen sogar in der Ablehnung der Biersteuererhöhung nur einen billigen Trick: Die EU-Kommission wollte mit der Erhöhung der Alkoholsteuern nur eine Annäherung der nationalen Steuersätze erreichen, ein Schritt zu allgemein einheitlichen Steuersätzen in der EU, um zumindest im gemeinsamen Binnenmarkt die Standortkonkurrenz zu beseitigen und Steinbrück wolle genau dieses Vorhaben zu Fall bringen. Diese Verleumdung weist der Finanzminister weit von sich.

Nicht mehr als 1,1 Cent auf den halben Liter Bier hätte die geplante Erhöhung der Biersteuer pro halbem Liter bedeutet. Und doch müssen wir den Minister loben, denn auf den Liter wären es schon 2,2 Cent gewesen und auf das Jahr gerechnet hätte diese brutale Attacke für so manchen die Trockenlegung bedeutet. Und wie anders sind die sozialen Bedingungen in Deutschland zu ertragen als im Dauerdusel? Wer immer den Satz "Oh Herr, lass diesen Kelch an mir vorüber gehen" als Metapher des Martyriums verstanden hat, muss umdenken. In der Steinbrückschen Übersetzung lautet dieser Satz kurz und deutsch: Prost!

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