An einem Bahndamm stand ein Sauerampfer.
Er sah nur Züge, niemals Dampfer.
Oh, du armer Sauerampfer.
Arthur Schramm
Liebe FreundInnen der RATIONALGALERIE,
was will uns der Dichter damit sagen? Vielleicht dieses: Bald ist es wieder einmal geschafft. Schon hat der Weihnachtsmann zu seiner Weihnachtsfrau heimgefunden und wartet wie wir auf die segensreiche Erfindung des seligen Papstes Sylvester, das Jahresende nämlich.
Liebe FreundInnen der RATIONALGALERIE,
wenn wir einigermaßen wertfrei zurückblicken, dann war es ein ganz hervorragendes Jahr 2010.
Die Wiederkunft des nordischen Winters lässt uns vermuten, dass für Deutschland die guten alten Eiszeiten zurückkehren, von denen Thilo Sarrazin so schwärmt. Mit Stuttgart 21 wurde ein überzeugender Anfang gemacht, die landschaftszerstörerische Infrastruktur in den Untergrund zu verlegen. So schaffen wir den längst ersehnten Freiraum für Bären, Wölfe und anderes ökologisches Ungeziefer.
Auch mit dem Outsourcing der Bombodrome an den Hindukusch wurde endlich begonnen. Dafür sei Johann Gensfleisch zu Gutenbergs pomadigem Erben innig gedankt. Hose auf, Augen zu und Helm ab zum Gebet!
Die Armenspende schließlich wurde um stolze 5 € erhöht, die Vater Staat für die Empfänger vorsorglich anspart, man weiß nicht recht, ob als Rücklage für notleidende Banken, oder damit das Geld nicht in Rauchwaren aufgeht.
Liebe FreundInnen der RATIONALGALERIE,
all das lässt uns noch weit Größeres erwarten für das anstehende Neue Jahr.
Wenn es unserer Kanzlerin in 2011 gelingt, ihre Problemzonen in den Griff zu kriegen, sollte es wohl möglich sein, dass mit Zweidrittelmehrheit des Bundestages das Endlager Gorleben per Grundgesetz zu einer selbständigen politischen Einheit erklärt wird. Dann muss Egon Krenz entlang der Enklave eine Mauer errichten wie einst um Westberlin. Er weiß als letzter, wie das geht. Danach wird durch Ukas Oskar Lafontaine zum Staatsratsvorsitzenden von Gorleben erklärt und soll zusehen, wie er inmitten des Atommülls einen strahlenden Sozialismus aufbaut!
Liebe FreundInnen der RATIONALGALERIE,
hoffen wir inbrünstig, dass unser redegewaltiger Außenminister in Brüssel wie schon längst erwartet den Verkauf des hoch verschuldeten Griechenlands für 1 € (in Worten: einen symbolischen Euro) an die Türkei durchboxt. Damit wird nicht nur auf dem Balkan wieder eine verlässliche Ordnungsmacht installiert, sondern auch allen weiteren Protesten in maroden EU-Ländern wirksam vorgebeugt. Dann können endlich unsere jungen Helden aus dem verminten Amselfeld heimkehren.
Liebe FreundInnen der RATIONALGALERIE,
wünschen wir schließlich mit ganzer Kraft, dass es unserem unschuldig lächelnden Gesundheitsminister gelingen möge, seinen amerikanischen Traum wahr zu machen, für alle Privatversicherten Ganzkörper-Haarverpflanzungen sowie die Zweit- und Drittleber durchzusetzen. Dazu bedarf es lediglich der freiwilligen Selbstverpflichtungserklärung aller Hartz-IV-Empfänger zur Organspende bei Androhung des dauerhaften Unterhaltsentzugs. Das macht uns unabhängig von unsicheren Rohstofflieferanten wie Kosovo und Kolumbien. Falls das Gesetz wider alles Erwarten im Bundesrat hängen bleibt, soll Heiner Geißler den Vorsitz im Vermittlungsausschuss übernehmen und das Ding ist gebacken.
Liebe FreundInnen der RATIONALGALERIE,
Deutschland geht mit Riesenschritten rosigen Zeiten entgegen und wir dürfen hinterhertippeln. Noch nie waren die Fernsehprogramme leichter verständlich, die Straßen weniger vom Schnee beräumt und wurde sparsamer gestreut. Nichtsdestotrotz will Renate Kühnast die Hauptstadt zur Fußgängerzone erklären.
Demnächst kommt die lang erwartete Pisastudie für RentnerInnen. Günther Jauch bereitet gerade die Fragebögen vor. Und wenn dann Brüderle und Schwesterwelle endlich die wirtschaftswunderwirkende „Division durch Null“ verfügen, die zurzeit durch verantwortungslose MathematikerInnen blockiert ist, könnten die Arbeitslosenzahlen nächstes Jahr ins Bodenlose fallen.
Liebe FreundInnen der RATIONALGALERIE,
euch allen wünschen wir einen guten Rutsch ins Neue Jahr.
Na dann: Prosit!