So eine schöne Vokabel: SPIEGEL, TAGESSCHAU, DEUTSCHE WELLE, die deutschen Medien geben gern und häufig die Meinung der UN-Sonderberichterstatterin Anais Marin weiter, die von einem “Eisernen Vorhang“ spricht, der von der Regierung in Belarus heruntergelassen worden sei. Frau Marin und vor allem ihre Epigonen in den westlichen Medien behaupten, über Menschenrechte in Weißrussland zu reden. Aber der „Eiserne Vorhang“ stammt aus dem Theater-Vokabular und meint ursprünglich eine Brandschutz-Vorrichtung, die bei Feuer den Zuschauern eine sichere Flucht gewährleisten soll. Tatsächlich qualmt es rund um Belarus heftig und was da so brenzlig riecht, das sind NATO-Manöver in Polen, Litauen und der Ukraine. Scheinbar zufällig üben die Truppen an den Grenzen zu Weißrussland zu einer Zeit, in der es in Belarussland heftige Auseinandersetzungen über den Kurs der Regierung gibt.
Abwehr der russischen Aggressionen?
Dass es eher nicht zufällig ist, lässt sich gut einer Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei der Eröffnung der Militär-Manöver in der Region Lwiw entnehmen: „Meiner Meinung nach sind die Übungen Rapid Trident 2020 nicht nur eine weitere Etappe der Vervollkommnung der militärischen Fähigkeiten. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg der euro-atlantischen Integration unseres Staates“, sagt der ukrainische Staatspräsident. Der Mann redet nicht über ein Kultur-oder Handelsabkommen. Sondern über die Militarisierung des Landes unter der Regie der NATO. Er schiebt noch dies hinterher: „Ich danke allen diesjährigen Teilnehmern, danke unseren internationalen Partnern für die unveränderliche Unterstützung der Ukraine bei der Abwehr der russischen Aggressionen und für die Hilfe für die Stärkung der Kampfkraft unserer Armee“. Wo er denn die „russischen Aggressionen“ gesehen hat, mag er nicht verraten. Das Muster ist geradezu klassisch: Ein faktischer NATO-Partner wie die Ukraine behauptet russische Aggressionen, tatsächliche NATO-Partner wie Polen und Litauen nehmen im selben strategischen Raum an Militärmanövern teil, die von der westlichen Militärallianz koordiniert werden, eine Freundin der NATO bei der UN verkündet einen Eisernen Vorhang, um eine Inszenierung aus dem Kalten Krieg komplett zu machen.
Corona funktioniert als Tarn-Netz
Bei den Übungen in der Ukraine werden bis zum 25. September im Verlauf des „Rapid Trident“ (deutsch: „Schneller Dreizack“) mehr als 4.000 überwiegend ukrainische Soldaten mit schwerer Technik und Flugzeugen trainieren. Auf der Website des 7. US Armee-Ausbildungskommandos, stationiert im bayerischen Grafenwöhr, kann der erschrockene Leser erfahren, dass Rapid Trident 20 eine von der Ukraine veranstaltete Übung der US Army Europe ist. Und weiter wird offen formuliert: „Rapid Trident zeigt, dass die USA, unsere Verbündeten und Partnerländer bereit sind, auf jede Krise zu reagieren.“ Das ist natürlich aus den deutschen Medien, die den „Eisernen Vorhang“ nur zu gern in der aktuellen Propaganda-Mission verwenden, nicht zu erfahren: Die Ukraine veranstaltet ein Militärmanöver mit der US-Armee, das vom deutschen Grafenwöhr aus orchestriert wird und den Russen zeigen soll, dass die US-NATO sich auf einen Krieg an deren Westgrenze vorbereiten. Zwar vermerkt die 7. US Armee auf ihrer Site einen „Ausbruch des COVID-19-Virus und die daraus resultierenden Vorsichtsmaßnahmen“, aber auf den Fotos des Manövers sind weder Hygienemasken noch Sicherheitsabstände zu erkennen. Corona funktioniert hier eher als Tarn-Netz: Hinter einem angeblich gefährlichen Virus lassen sich gefährliche Kriegsvorbereitungen prima verbergen.
EU-Parlament will den belarussischen Präsidenten nicht anerkennen
Politisch werden die Kriegsvorbereitungen vom EU-Parlament begleitet, das hat mal eben beschlossen, den belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten anzuerkennen. Diese Erklärung darf als eine Form der Kriegserklärung gegen Belarussland begriffen werden, gegen jenes Land, das an der Westflanke Russlands zur NATO liegt. Dass die Belarussen ihre Grenzen nach Westen - vor allem nach Polen und Litauen - geschlossen haben, ist daher logisch. Zu den Menschen in den Nachbarländern sagte der belarussische Präsident jüngst bei einem Frauenforum: "Stoppt Eure verstandslosen Politiker, lasst sie keinen Krieg entfesseln. Ich möchte auch nicht, dass Belarus und eben jenes Polen, Litauen sich in einen Schauplatz von Kriegshandlungen verwandeln, auf dem nicht unsere Probleme gelöst werden“.
Eine sichere Flucht der Zuschauer ist nicht gewährleistet
Es ist eine alte Rechnung, die der Westen mit Belarussland zu begleichen hat: Anders als in anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion gab es keinen Privatisierungsrausch der staatlichen Betriebe mit anschließender Verschiebung des Volksvermögens nach Westen. Aber vor allem hat sich die belarussische Armee, anders als das Militär Polens, Bulgariens, Estlands, Lettlands, Litauens, Rumäniens, der Slowakei und Sloweniens, das untertänig der NATO beigetreten ist, bis heute der NATO verweigert. Das will der Westen korrigieren. Aber Belarus gehört dem mit Russland kooperierenden Militärbündnis Organisation des „Vertrages über kollektive Sicherheit" an. Mitglieder der Organisation sind neben Belarus, Russland und Armenien drei zentralasiatische Republiken. Wer den Krieg mit Belarus will, bekommt mehr an Krieg, als die NATO schlucken kann. Dass es ein Krieg sein würde, der auch den Boden Deutschlands erreichen könnte, steht angesichts des in der „Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit" versammelten Rüstungspotential fest. Eine sichere Flucht der Zuschauer ist nicht gewährleistet.