Es war Elke Hoff, die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, die dem Krieg in Afghanistan jüngst eine völlig neue Perspektive gab: Sie würde, sagte sie der FAZ, der Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes so lange nicht zustimmen, solange die seit den 90er Jahren in Produktion befindlichen Tiger-Hubschrauber nicht an die Front geliefert seien. Die Begründung hört sich gut an: Der Hubschrauber sei auch zur Rettung verwundeter Soldaten geeignet. Und da die Amerikaner ihre Rettungshubschrauber bald abziehen würden, könne ein ordentlicher Krieg nur geführt werden, wenn jede Menge Tiger-Hubschrauber an die Truppe ausgeliefert würden. Das könnte man für fürsorglich halten, wenn man nicht wüsste, dass die Dame einen Sitz im Präsidium der "Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik", dem Lobbyverband der deutschen Rüstungsindustrie, besetzt hält.
Zeitgleich mit dem scheinbaren Abbremsen des Afghanistankrieges durch die Lobbyistin, tritt der Verteidigungsminister aufs Gas: Er versichert, dass der Abzugstermin 2014 "sachlich falsch" sei. "Die weiter geplante Ausbildung von afghanischen Infanteriekräften machen bei uns nicht die Sanitäter, sondern natürlich Infanteristen. Und das sind kampffähige Truppen", sagt der Minister und verschärft sein Afghanistan-Beharren noch mit der Sorge, dass man ja den Abzug des amerikanischen Verbündeten decken müsse: "Wie man das organisiert, ohne dass man die gesamte Abzugsdebatte konterkariert, wird ein Problem für die Jahre 2013 und 2014". Noch hat de Maizière uns nicht anvertraut, wie lange deutsche Kampftruppen in Afghanistan bleiben sollen. Aber wie man den Mann kennt, denkt er in langen, sehr langen Zeiträumen.
In der übergroßen Koalition für die deutsche Teilnahme an einem verfassungswidrigen Krieg meldet sich auch die besorgte Stimme des SPD-Wehrexperten Hans-Peter Bartels: „Das ist ein Armutszeugnis für die Industrie und die Beschaffungsbürokratie der Bundeswehr", so fürchtet er um den späten Auslieferungstermin des Eurocopter. "Der Hubschrauber wird nicht mehr in Afghanistan zum Einsatz kommen“. Denn neben dem "sicheren Energietransport aus Zentralasien, um die Verhinderung iranischer Öl- und Gaslieferungen auf den indischen Subkontinent und um die Verteilung afghanischer Rohstoffe", wie Frau Hoff in der "Financial Times" barmt, geht es natürlich auch um jede Menge Rüstungsgeld.
So ein Tiger-Hubschrauber kostet pro Stück schlappe 40 Millionen Euro. Und ursprünglich war geplant, 80 "Unterstützungs-Hubschrauber" für die Bundeswehr anzuschaffen. Dass es jetzt nur noch 40 sein sollen, weil die Bundeswehr sparen muss, kann die verzögerte Auslieferungspolitik des Herstellers erklären: Rüstungskonzerne dulden keine Reduzierung ihrer Umsätze. Ausserdem soll der schwer gepanzerte Eurocopter - seine Armierung kann dem Beschuss aus 23-mm-Maschinekanonen standhalten - endlich in den richtigen Kriegseinsatz kommen: Sein kurzer Einsatz bei Kampfhandlungen in Libyen gilt nicht als gründlicher Test für den Ernstfall. Auch der erste öffentliche Auftritt des Kampfhubschraubers im James-Bond-Film "Golden Eye" 1995 kann nicht als vollgültiger Test gewertet werden. So bleibt der Rüstungsindustrie und den Rohstoff-Strategen nur eins: Der Krieg in Afghanistan muss verlängert werden.