Pünktlich vor dem Parteitag der GRÜNEN hat der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, in einem Interview mit der "Süddeutschen" seine Partei vor zu hohen Steuern gewarnt. Zu diesem Interview hat der "Verband Deutscher Steuervermeider (VDS)" dem grünen Frontmann einen Brief geschrieben, den wir hier veröffentlichen:


Sehr verehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,

mit Ihrem jüngsten Interview haben Sie uns eine schwere Last von der Seele genommen. Ebenso wie wir, warnen Sie Ihre Partei in der "Süddeutschen Zeitung" vor der Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die 1997 abgeschafft wurde. Und Sie verschweigen, auch darin uns ähnlich, dass die Aussetzung dieser Steuer durch die Regierung Kohl mit einem drückenden Spitzensteuersatz von 53 Prozent einherging. Gott sei Dank hatte die rot-grüne Regierung diesen Unsinn beendet und ist dann letztlich bei immer noch schwer erträglichen 45 Prozent gelandet. Es kann doch nicht sein, dass die GRÜNEN diese vernünftige Korrektur heute faktisch wieder rückgängig machen wollen.

"In Baden-Württemberg haben wir dagegen die Wahlen mit Maß und Mitte gewonnen", sagen Sie im Interview und haben natürlich Recht: Je mittiger eine Partei ist, je verwechselbarer sie ist, desto erfolgreicher ist sie. Vor einer allgemeinen Bürgerbeteiligung bei Steuerfragen, die sie auch erwähnen, warnen wir allerdings: In deren Ergebnis wäre es möglich, dass keiner mehr Steuern zahlen würde. Da sagen wir nur: Quod licet iovi, non licet bovi! Ausnahmen für Vermögende müssen sein, aber die Mehrheit sollte doch mit ihren Steuern dafür sorgen, dass weiterhin Straßen gebaut und Schulen irgendwie unterhalten werden.

Auch wenn Sie über sich und die GRÜNEN in Ihrem Land sagen: "Wir saugen hier das Verständnis für die Wirtschaft mit der Muttermilch auf", freuen wir uns sehr über Ihren kindlichen, familiären Respekt vor der Wirtschaft. Das führt bei Ihnen dann, am Beispiel der schwäbischen Kehrwoche, folgerichtig im selben Absatz zum Subsidiaritäts-Prinzip. Richtig: Frage nicht, was der Staat für dich tun kann, frage was du für den Staat tust. Und wenn jeder vor seiner Tür kehrt, statt den Staat kehren zu lassen, dann müssten letztlich die von der FDP so lange versprochenen Steuersenkungen möglich sein.

Apropos FDP. Diese alte Mittelstandspartei und CDU-Mehrheitsbeschafferin liegt nun in den letzten Zügen. Deshalb begeistert es uns geradezu wenn Sie sagen: "Ich halte nichts vom Lagerdenken." Und weiter "Wir sind aber . . . von der Union nicht so meilenweit weg." Wenn also die schwächelnde FDP ausfallen sollte, stehen Sie offenkundig als Ersatz bereit. So deuten wir auch Ihre Bemerkung zu jenem Punkt im Wahlprogramm der GRÜNEN, der eine Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes vorsieht: "Parteien schreiben vor den Wahlen erst mal ihre Gestaltungswünsche auf . . . Es wäre das erste Mal, dass ein solches Programm nach der Wahl eins zu eins Wirklichkeit werden würde." Dieses Vorher-nachher-Prinzip ist doch um einiges eleganter als der grobe Westerwelle-Spruch von der "spätrömischen Dekadenz".

Lieber Herr Kretschmann,

Ihnen und Ihrem Parteitag alles Gute, wir sind sicher, dass sich Ihr realpolitisches Verständnis gegen den linken Rand Ihrer Partei durchsetzen wird. Schließlich wollen die GRÜNEN sicher nicht in jenes mediale Abseits gelangen, in dem zur Zeit die Linkspartei darbt.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Verband Deutscher Steuervermeider

Der Vorstand