Es hörte sich eher harmlos an, als Ralf Fücks, den jüngsten Friedensfilmpreis begrüßte: "Wir mögen unterschiedlicher Auffassung sein," erklärte das Vorstandsmitglied der grünen Heinrich-Böll-Stiftung, "wenn es um die Frage friedenserzwingender Militäreinsätze im Rahmen der Vereinten Nationen geht." Seit Jahr und Tag wird der renommierte Film-Preis am Rande der Berlinale verliehen, aber noch nie hatte er einen so unfriedlichen Vorlauf. Ausgerechnet Fücks, einer der Laudatoren, hatte wenige Wochen zuvor die Bischöfin Käßmann in einem offenen Brief angepöbelt: "Auch Nicht-Handeln kann schuldig machen", schleuderte er der Kirchenfrau entgegen und vermisste augenscheinlich deren Segen, zu "friedenserzwingenden Militäreinsätzen".

Welchen Frieden mag er erzwingen wollen, der Ralf Fücks? Jenen mit sich selbst, mit seiner Vergangenheit in einer Partei, die sich mit dem Mörder-Regime Pol Pots solidarisch erklärte? Oder geht es um jenen Zwangsfrieden, der sich im Spruch "Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein" wiederfindet? Fücks ist ein grünes Muster für die Militarisierung der deutschen Außenpolitik: Schon während des ersten Golfkriegs hatte Ralf Fücks, damals noch Mitarbeiter der späteren Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer, dafür plädiert, beim Krieg am Golf mitzubomben. Bei der Diskussion um Militäreinsätze in Ex-Jugoslawien in den 90er Jahren, befand Fücks sich stets auf der Seite der Freunde von Militäreinsätzen. Schließlich forderte er 2006: "Israel in die NATO!" Denn: "Die Allianz muss Treuhänder für einen Nahost-Frieden werden."

Vor allem mit der letzten Forderung rutschte dem Brandstifter die Maske des wohlmeinenden, humanitäre Einsätze fordernden Biedermannes vom Gesicht: NATO-Truppen in Israel würden mühelos den Nah-Ost-Konflikt zum Welt-Konflikt machen. Das gilt aber dem grünen Strategen wenig, der natürlich die Sprachregelung von den "Aufständischen" in Afghanistan übernimmt. Aufstand gegen wen? Gegen eine von fremden Mächten eingesetzte Marionettenregierung? Gegen fremde Truppen? Gegen Bombenangriffe auf Zivilisten? All das nennt der Kanon des gültigen Völkerrechts "Landesverteidigung" und nicht "Aufstand". Nur die Denker der neuen Weltordnung, wie die Fischers, Fücks und Bütikofers halten den "Afghanistan-Einsatz" der Bundeswehr (den sie aus berechnender Feigheit immer noch nicht Krieg nennen) immer noch für geboten: "Aus sicherheitspolitischen wie aus menschenrechtlichen Gründen."

Dass die den Grünen nahe stehende Böll-Stiftung diesen brandgefährlichen Unsinn nicht nur duldet, sondern mit einem beträchtlichen Gehalt für Fücks auch fördert, ist aus der Wandlung der Grünen vom Pazifismus zum Bellizismus zu erklären. Niemand darf sich über das aktuelle, taktische Schweigen von Claudia Roth, Renate Kynast oder Jürgen Trittin täuschen: Die Grünen haben in der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung den Krieg in Afghanistan gefördert und gebilligt. So wie es ihnen auch recht war, als der Vorstand der Böll Stiftung - gemeinsam mit dem damaligen Generalsekretär der NATO, de Hoop Scheffer, dem CSU-Guttenberg und einem Afghanistan-General - während einer "Happy Hour" über die Nützlichkeit deutscher Soldaten im Ausland bramabarsierte. Diese "Glückliche Stunde" wurde von der "Atlantischen Initiative" organisiert, die, von der Rüstungsindustrie unterstützt, deutsche Meinungsführer für eine "stabile Weltordnung" zu begeistern sucht.

Es gibt einen offenen Brief aus der grünen Basis, der die Haltung von Fücks zur Bischöfin Käßmann moniert und seinen Rücktritt fordert. Ihm wird "Sturheit und Debattenignoranz" vorgeworfen. Die Unterzeichner kommen zu einer klaren Erkenntnis: "Wir meinen: Du bist der falsche Mann an der Spitze der HBS (Heinrich Böll Stiftung)." Dieser Brief sollte kürzlich, nach Auffassung des grünen Bundestagsabgeordneten Winfried Hermann, auf der Fraktionsklausur der Grünen in Weimar eine Rolle spielen. Sichtet man deren Erklärungen und Beschlüsse, findet man: Nichts. Warum die Initiatoren des wichtigen Friedensfilmpreises ausgerechnet den erklärten Befürworter einer unfriedlichen, imperialen Außenpolitik haben reden lassen, ist unbekannt. Eine Antwort auf eine Anfrage der RATIONALGALERIE bei den Organisatoren des Preises steht noch aus.