Was macht das Eichhörnchen? Es legt Vorräte an, die es für den Notfall braucht. Bienen tun es, Vögel sorgen für die knappe Zeit vor und auch der australische Bergbilchbeutler hamstert sicherheitshalber Nahrung. Sicherheit ist auch das Stichwort für den Vizekanzler und Wirtschaftsminister Gabriel. Erst jüngst hat der SPD-Chef - der selbst ständig einen Bio-Rucksack vor sich her trägt - diese Sicherheitsbevorratung angemahnt: "Ich bin der Überzeugung, wir brauchen das", erzählte er jüngst dem DEUTSCHLANDFUNK zum Thema Vorratsdatenspeicherung, jener staatlichen Sammlung von durchaus privaten Daten, die dann, Sommer wie Winter, monatelang auf öffentlichen Rechnern rumliegen um für die Notfälle zur Verfügung zu stehen.

Was sollten Geheimdienst-Schnüffler zum Beispiel tun, wenn in datenarmen Zeiten, über Weihnachten oder bei Fußball-Weltmeisterschaften, wenig gemailt und telefoniert wird? Mal eben an den nahezu toten Leitungen schnüffeln, hilft dann wenig zur Linderung der kranken Sucht. Da müssen sich die geheimen Jungs schnell ein paar gespeicherte Megabytes durch die Nase ziehen, damit der staatliche Sicherheitsapparat nicht kollabiert. Auch wirkliche Staatsaffären könnten ruck-zuck aufgeklärt sein, gäbe es genug Vorrat. Zum Beispiel als der damalige Chef des NSU-Terror-Untersuchungsausschusses Sebastian Edathy mal den BKA-Präsidenten Jörg Ziercke in die demokratische Mangel nahm: Nur einmal hätte der beleidigte Ziercke in die gespeicherten Daten gucken müssen - wenn sie denn damals schon gespeichert gewesen wären - und der freche Edathy wäre schon im Juni 2012 der Vernichtung durch Datenveröffentlichung anheim gefallen.

Ohnehin ist die Demokratie und deren Justiz eine lästige Angelegenheit, wenn es um die innere Sicherheit geht. Erst kam das Bundesverfassungsgericht im März 2010 daher und erklärte die deutschen Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und nichtig. Dann verwarf 2014 der Europäische Gerichtshof in Luxemburg die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Solch einen juristischen Unsinn können Sigmar Gabriel und seine Fans in CDU und CSU natürlich nicht dulden. Zwar sind die privaten Daten der Bürger nach Artikel 10 des Grundgesetzes geschützt, aber wie sollten wir denn die Verfassung schützen, wenn der Verfassungsschutz sie nicht brechen darf?

Auf dem Weg zum besseren Schutz des Bürgers wird es bald, so war auf der CEBIT in Hannover zu erfahren, eine neue Daten-Dimension geben: Das "Internet der Dinge" kann uns in eine Zukunft gespeicherter Daten führen, gegen die das pubertäre FACEBOOK ein Tresor der Privatheit ist. Endlich wird die reale Welt in die virtuelle überführt, wenn der Kühlschrank via Internet mit dem Backofen redet: "Achtung, Verfallsdatum des Hähnchen nähert sich dem Ziel. Muss bald gegrillt werden. Bitte vorheizen". Oder: "Zahnpasta an Einkaufszettel: "Siggi hat die Tube wieder nicht richtig ausgedrückt. Neukauf erforderlich." All das ist dann für die Dienste abrufbar und wird, gemeinsam mit den abgehörten Telefonaten und den mitgelesenen Mails zu einem randscharfen Täter-Profil führen: "Verfressener schlampiger Sozialdemokrat hat der Kanzlerin in diesem Monat bereits dreimal per SMS die Treue versichert, Weiterleitung an SPD auf Wiedervorlage legen."

Nächst der Sicherheit ist eine jahrelange Daten-Speicherung auch unersetzlich für die Geschichtsschreibung. Deshalb sollte die Einführung einer VIP-Speicherung unbedingt vorgesehen werden. Die mitgeschnittenen, mitgelesenen Daten eines kleinen Kreises von gesellschaftlich besonders relevanten Menschen sollten für immer aufbewahrt werden, um künftigen Generationen als mahnende Lehre zu dienen.

Angela Merkel zur Geschmeidigkeit: Die Grünen wissen wenigstens noch, wogegen sie sind. Bei der SPD ist nicht mal mehr das sicher.* - Sigmar Gabriel zur Vitalität der Agenda 2010: Man sollte die Agenda weder beerdigen noch wie ein Denkmal behandeln, vor dem wir jeden Tag einen Kranz niederlegen.* - Joachim Gauck zum Krieg: Freiheit ist ohne Verantwortung nicht zu haben. (...) Hier, in der Bundeswehr, treffe ich auf Menschen mit der Bereitschaft, sich für etwas einzusetzen – gewissermaßen auf „Mut-Bürger in Uniform“!* Frank-Walter Steinmeier zum Versicherungswesen: Diese Regierung ist kein Brandschutz.*

Mit den von der NSA gespeicherten Handy-Daten der Kanzlerin wird sich in den neuen Vorratszeiten eine TV-Sondersendung befassen. An dem Tag, an dem Edward Snowden Informationsminister wird.

Alle mit einem * markierten Sätze sind Originalzitate.

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In seiner letzten Jahresansprache bezeichnete ihn Urban Priol als "Wunder der Natur", weil er "Dick und Doof" in einer Person vereint. Zumindest in letzterem Punkt würde ich ihm nicht derart schmeicheln, denn einer gewissen Intelligenz bedarf es...

In seiner letzten Jahresansprache bezeichnete ihn Urban Priol als "Wunder der Natur", weil er "Dick und Doof" in einer Person vereint. Zumindest in letzterem Punkt würde ich ihm nicht derart schmeicheln, denn einer gewissen Intelligenz bedarf es zweifelsfrei um politisch soweit nach "oben" zu kommen. Allerdings unterstreicht er, daß diese Eigenschaft rein gar nichts mit sozialer Kompetenz zu tun haben muß. Dafür ist er ambivalent und läßt wahrlich kein Fettnäpfchen aus, in das er seinen prall gefüllten Schleimbeutel eintaucht. Und da er gleichsam Vorsitzender einer irritierend benannten Partei ist, kann man ihm nach all den Widersprüchen und leidvollen Erfahrungen mit dieser Organisation zumindest dankbar dafür sein, daß er fortwährend und deutlich zum Ausdruck bringt, wie intensiv hier Schein und Sein divergieren.

Bleibt zu hoffen, daß dies auch der mündige Wähler zunehmend zu erkennen vermag und man auch und insbesondere mittels Gabriel von diesem Übel erlöst wird. Weiter so Sigmar!

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curti curti
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Ich stelle mir den Artikel gesprochen vor - vor allem die Szene mit dem Internet der Dinge - und höre Kabarett vom Feinsten. Danke!

Lisa Hofmann
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Also frage ich erstens und sehr ernst, wie soetwas in einem demokratischen Rechtsstaat überhaupt entstehen und gedeihen kann.
Was daran stimmt nicht? Die Fakten, die Demokratie, der Rechtsstaat?

Zweitens erinnere ich mich an Publikationen schon...

Also frage ich erstens und sehr ernst, wie soetwas in einem demokratischen Rechtsstaat überhaupt entstehen und gedeihen kann.
Was daran stimmt nicht? Die Fakten, die Demokratie, der Rechtsstaat?

Zweitens erinnere ich mich an Publikationen schon von vor längerer Zeit, dass messbar oft intellektuell durchschnittliche Typen den politischen Aufstieg oder auch den in der Wirtschaft schaffen oder gehen.
Sie finden einfach bei mehr Leuten Anklang.
Je weiter man als Individuum von der den Durchschnitt bildenden Masse entfernt ist, desto weniger wird man von der akzeptiert. Das scheint mir in mehrfacher Hinsicht ein ernsthaftes praktisches Problem.

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Manfred Ebel
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Uli Gellermann
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Snowden sollte, nachdem er lange Jahre Informationsminister war, ein Denkmal gesetzt werden, evt. schon zu Lebzeiten (noch) ohne Ministeramt.



Wie sich das mit den "künftigen Generationen" verhält bleibt Angesichts der Daten-Sammel-Wut...

Snowden sollte, nachdem er lange Jahre Informationsminister war, ein Denkmal gesetzt werden, evt. schon zu Lebzeiten (noch) ohne Ministeramt.



Wie sich das mit den "künftigen Generationen" verhält bleibt Angesichts der Daten-Sammel-Wut abzuwarten aber der Reihe nach, Zitat: ÄNDERUNGSANTRÄGE 690 - 917 zur Datenschutz-Grundverordnung



Artikel 33 - Absatz 2 - Buchstabe (a) und (b).

(a) .."systematische und umfassende Auswertung persönlicher Aspekte einer
natürl

ichen oder juristischen Person, beispielsweise zwecks Analyse ihrer wirtschaftlichen Lage, ihres Aufenthaltsorts, ihres Gesundheitszustands, ihrer persönlichen Vorlieben, ihrer Zuverlässigkeit oder ihres Verhaltens oder zwecks diesbezüglicher.."



(b) .."Verarbeitung von Daten über das Sexualleben, den Gesundheitszustand, die Rasse oder die ethnische Herkunft oder für die Erbringung von Gesundheitsdiensten, für epidemiologische Studien oder für Erhebungen über Geisteskrankheiten oder ansteckende Krankheiten, wenn die betreffenden Daten in großem Umfang im Hinblick auf Maßnahmen oder Entscheidungen verarbeitet werden, welche sich auf spezifische Einzelpersonen beziehen sollen;"



Im Änderungsantrag wurde die `juristische Person´ eingefügt und `in großem Umfang´ gestrichen, der Artikel 33 - Absatz 4, für die Erhebung von Daten besagt, es muss auch niemand mehr gefragt werden, auch nicht der oder diejenige, über den Daten in jeder Form erhoben werden und der europäische Gerichtshof meint dazu:



- "kann das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten jedoch keine uneingeschränkte Geltung beanspruchen, sondern muss im Hinblick auf seine gesellschaftliche Funktion gesehen werden."



Und in der Fußnote steht:



"Im Einklang mit Artikel 52 Absatz 1 der Charta kann die Ausübung der Datenschutzrechte eingeschränkt werden, sofern diese Einschränkungen gesetzlich vorgesehen sind (..) und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen (..) entsprechen. -

Und nun zu den zukünftigen Generationen, weshalb der eigene Sohn oder Tochter trotz respektabler Noten und einer 1A Bewerbung keinen Ausbildungsplatz erhält oder kein Arbeitgeber an eine Festanstellung interessiert ist, ist das dieser gesellschaftlichen Funktion untergeordnet denn ihre Daten, ihre DNA und damit das Risiko einer Erkrankung sind für Unternehmen jetzt sichtbar geworden. Da muss bloß die Oma oder Opa dem Arzt des Vertrauens einer DNA zu "rein medizinischen Zwecken" etc. etc. abgegeben haben Die `normalen´ Erkrankungen bzw. der Krankenstand oder die Todesursachen in Ihrer Familie sind ja schon hinlänglich bekannt, kann dieses Datenschutz-Gesetz jede Familienplanung im Keim ersticken, kein Versicherer wird Sie versichern und keine Bank gewährt Kredit!

Danke Herr Gellermann und Gratulation zum 10-jährigen Bestehen der Rationalgalerie, die ich spät, aber nicht zu spät erspäht habe.

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Ulrich Fiege
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Weder mehr WAFFEN noch mehr "DATEN" verhindern den UNTERGANG des dekadenten ABENDLANDES!

Hans Jon
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Uli Gellermann
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Grundgesetzartikel allein, können schon verdammt lästig sein. Unerträglich geradezu, wenn Justiz und gar der Europäische Gerichtshof Unverständnis zeigen. Ein wenig Entgegenkommen wäre schon zu erwarten gewesen. Schließlich ist Politik unter der...

Grundgesetzartikel allein, können schon verdammt lästig sein. Unerträglich geradezu, wenn Justiz und gar der Europäische Gerichtshof Unverständnis zeigen. Ein wenig Entgegenkommen wäre schon zu erwarten gewesen. Schließlich ist Politik unter der Fron der Lehnsherren aus Übersee kein Zuckerschlecken.

Doch zum Glück gibt es ja noch diesen Passus "Unterliegt dem Schutz staatlicher Sicherheit". Das ist ein beliebter Satz, wenn sich Politiker in die Ecke gedrängt sehen. Gehört zum Standardrepertoire des Verteidigungsministers und der strengen Blonden, die den Soldaten vorsteht.

Gabriel kommt bei mir gar nicht mehr vor. Nur vor SPD-Schulz in Brüssel kann man gelegentlich Angst bekommen, wenn er sich als Schäubles Bodyguard gegen Varoufakis wortreich aufplustert.

Ja, die Herren haben sich aus Sicherheitsgründen bereits geschlossen eingeschossen, wähnen sich medial gestützt volksnah und dennoch verunsichert angesichts der Unruhen am Finanzplatz Frankfurt/Main.

Verbleiben wir so, dass vorerst als gesichert gelten darf, dass an jenem ersten Arbeitstag Edward Snowdens als Informationsminister bereits sämtliche Politbeweise bankenfreundlicher Machenschaften gelöscht und Akten geschreddert sein werden.

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Lutz Jahoda
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Ich habe mich schon oft gefragt wie ein Bergbilchbeutler aussehen mag. Jetzt weiß
ichs. Danke für den Hinweis.

Wolfgang Oedingen
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Sehr geehrter Herr Wolfgang Oedingen,
Bergbilchbeutler sind doch in Norddeutschland seit Generationen weit verbreitet. Sie sind die Artverwandten der in Süddeutschland, vornehmlich in Bayern, ansässigen Wolpertinger !

Gerhard Gust
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Erst jetzt habe ich mitbekommen, dass Ihre Site 10 Jahre alt wird: Respekt und Glückwunsch. Wie sind Sie denn damals auf den Namen "Rationalgalerie" gekommen?

Antonia Berwald
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Mir schienen damals die Mehrheitsmedien immer irrationaler zu werden. Dem wollte ich rationalen Journalismus entgegenhalten. Und fertig war der Name.

Uli Gellermann
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LESEHUNGER:
Können Ihre Artikel regelmäßig als Printsache abonniert werden?
Bin sehr interessiert

Ulfert Kaufmann
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Eine Print-Ausgabe der RATIONALGALERIE gibt es leider nicht. Soll ich Sie in den Mail-Verteiler aufnehmen? Sie könnten dann den jeweiligen Artikel als PDF laden und selbst ausdrucken.

Uli Gellermann
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