Sarrazin bleibt drin. Er wird nicht aus der SPD ausgeschlossen. Er ist, sagt er selbst, nur missverstanden worden. Und die Chefin der SPD-Schiedskommission bringt es auf den Punkt wenn sie sagt: "Wir lassen uns nicht auseinander dividieren." Sarrazins Verteidiger im Schiedsverfahren, Klaus von Dohnanyi schiebt nach: "Die SPD braucht mehr Querdenker wie Sarrazin." Und so ist es auch: Der deutschen Sozialdemokratie fehlt das Sarrazin-Gen. Jenes genetische Stammtischgeschwitze, an dem der rechte Wähler kleben bleibt. Schluss mit Dividieren, ab heute wird wieder angeherrscht.
Aber Sarrazin ist natürlich mehr als nur ein Wahlmagnet. Wenn die SPD jemals wieder eine Wahl gewinnen sollte, dann hat sie sich mit Thilo Sarrazin ein Multitalent gesichert. Zum Beispiel könnte der Mann Gesundheitsminister werden, wie sein folgender Satz begründet: "Die Türken erobern Deutschland genauso, wie die Kosovaren das Kosovo erobert haben: durch höhere Geburtenrate. Das würde mir gefallen, wenn es osteuropäische Juden wären mit einem um 15 Prozent höheren IQ als dem der deutschen Bevölkerung." Ein Gesundheitsminister Sarrazin würde endlich der Rasse-Hygiene einen gebührenden Platz einräumen. Natürlich sollte der mit einem ordentlichen Maß an Selektion nachgeholfen werden. Es muss ja nicht gleich die Rampe eingesetzt werden. Vielleicht reicht einfache Sterilisation.
Auch als Innenminister wäre Thilo der Begnadete kaum zu überbieten. Hat er doch einst festgestellt, dass in Berlin 20 Prozent der Straftaten durch türkische oder arabische Täter begangen werden. Zwar waren es in Wirklichkeit kaum neun Prozent. Aber in einer Welt, die immer unwirklicher wird, sind virtuelle Straftäter die schlimmsten: Sie können kaum gefasst werden, außer eben von einem Talent wie Sarrazin. Auch ließen sich die virtuellen Daten des neuen Innenministers gut auf Vorrat speichern: Sie nähmen keinen Platz weg.
Ein wirklicher Höhepunkt der Staatskunst wäre der Herr S. als Wirtschaftsminister, hat er sich doch mit folgendem Satz in die Geschichte der Nationalökonomie eingemeißelt: "Eine große Zahl an Arabern und Türken (..) hat keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel, und es wird sich auch vermutlich keine Perspektive entwickeln." Da spricht der ehemalige Bänker. Denn kein Berufsstand hat in den letzten Jahren mehr für die Produktivität getan als die Chefs der Banken. Immer wieder ist es ihnen erfolgreich gelungen Geld zu verbrennen. Und wie jeder weiß, sind solche Verbrennungen gut für den ökonomischen Kreislauf. Denn nur die Krise macht den radikalen Neuanfang möglich. Wie sollte das mit einem Obsthandel gelingen?
Kaum zu übertreffen wäre der Größte-Sozialdemokrat-aller-Zeiten (GröSoZ) allerdings als Sozialminister. Weiß der Sarrazynismus doch: "Wer als Hartz-IV-Empfänger die Kraft für ein Ehrenamt hat, sollte vielleicht mal die Kraft aufbringen, sich um Arbeit zu bemühen und dort seine ersten Aktivitäten hineinlegen." Solche Sätze weisen dem Gelumpe, das auf unseren Taschen liegt eindeutig den Weg: Raus aus der unbezahlten Funktion im Sportverein, rein in das Job-Center. Da bekommen die Sozialschmarotzer zwar auch keinen Job, aber immerhin lungern sie nicht auf unseren Sportplätzen rum und verderben dort die soziale Zusammensetzung.
Das Bildungsministerium allerdings muss für Ursula Sarrazin reserviert bleiben. Denn wenn "Kinder weinen, die Schüler gedemütigt (werden) und angeschrien", wie der Chef des Berliner Landeselternauschusses über die Klasse der Frau Sarrazin berichtet, wenn auch mal die Blockflöte auf den Kopf des verstockten Schülers gehauen wird, wenn Erstklässler in die Hose machen, weil der Unterricht ja nicht wegen deren dämlicher Bedürfnisse unterbrochen werden darf, dann ist die deutsche Schule auf dem rechten Weg. Und da Ursula Sarrazin auch SPD-Mitglied ist, steht ihrer Karriere nun nichts mehr im Weg. Zwar bezieht der Sarrazin-Sohn Richard schon seit geraumer Zeit Hartz IV, aber kleine Fehler machen das Sarrazin-Erziehungssystem erst richtig menschlich.
Nun gibt es in der SPD einige Mitglieder, die meinen, dass Sarrazin Parteimitglied bleibe, sei ein "Zick-Zack-Kurs". Falsch. Der mit Kanzler Schröder begonnene Kurs der sozialen Kälte, und die durch seinen Innenminister mit NPD-Parolen begründete Ausländerfeindlichkeit, könnte mit Sarrazin geradlinig fortgesetzt werden. Die ganze Augenwischerei in der Opposition hätte ein Ende. Und das neue Buch von Sarrazin "Die SPD schafft sich ab" - das mit dem "sozialen Gedöns" der Vor-Schröder-SPD ebenso aufräumen würde wie mit deren gefühlsduseligem Internationalismus - wäre ein mindestens so großer Verkaufsschlager wie des letzte Buch des großen Thilo.