Jetzt fordert der Chef der europäische Bankenaufsicht EBA, Andrea Enria, in einem Brandbrief an den Rat der europäischen Finanz- und Wirtschaftsminister, dass der europäische Rettungsschirm EFSF ab sofort direkt Geld an Banken geben darf, um sie vor Schieflagen zu retten. Kein Umweg mehr über die Sanierung der Staatshaushalte, kein demokratischer Firlefanz, nein, die Euro-Pipeline soll unmittelbar in die Tresore der Banken führen. Das muss der Bürger doch verstehen: Weil die armen Banken jede Menge faule Staatspapiere rumliegen haben, sinken deren Aktienkurse. Bei der Deutschen Bank zum Beispiel: Von einem Börsenwert von einst 50 Milliarden sackte sie auf schäbige 25 Milliarden. Aber auch andere europäische Finanzinstitute leiden unter dem Sack-Syndrom: Die Societé Genérale, die Loyds Banking Group, die Credite Suisse und viele andere mehr barmen um Kurse, Boni und Existenz. Dass darf Deutschland nicht zulassen. Doch Rettung naht: DIE DEUTSCHLAND AG (DAG).
Die DAG wird als erstes Aktien ausgeben, die dem von einer Ratingagentur unseres Vertrauens ermittelten Wert der Bundesrepublik entsprechen. Das spült sofort Geld in die Kassen. Nicht wenige Menschen und Unternehmen überall auf der Welt würden nur zu gern Mitinhaber der DAG werden. Verfassungsrechtliche Bedenken, das Land gehöre doch bereits seinen Bürgern und könne deshalb nicht verkauft werden, wird das Innenministerium sofort widerlegen. Besitz, wird der Innenminister sagen, Besitz bedeutet in der Juristerei, dass jemand über einen Gegenstand verfügt. Da werden ihm alle zustimmen: Zwar gibt es hie und da Wahlen, die nominal die Verfügung der Bürger über ihr Land reklamieren. Aber wenn es hart auf hart kommt, ob man die Armee ins Ausland schickt oder mal wieder Banken rettet, dann verfügen darüber eine Handvoll Politiker. Der juristische Hinweis wird auch die letzte Äußerung des Innenministers sein, denn das Ministerium wird, nach der Umwandlung der Bundesrepublik in eine AG, in eines der vielen Profitcenter umgewandelt.
Der ganze ministerielle Wasserkopf kostet nur, bringt aber nichts. Nur die einzelnen Bestandteile des ehemaligen Innenministeriums - Polizei, Geheimdienste, Passwesen - sind echte Geldbringer. Warum sollte das Bürgerecht nicht meistbietend versteigert werden, statt mühsam über Integrationskurse erarbeitet? Draußen warten jede Menge Leute auf einen deutschen Pass. Wenn sie genug Geld haben: Immer rein mit Ihnen. Sie wünschen Kriminalitätsbekämpfung in Ihrem Viertel? Bitte sehr, bitte gleich, ein paar Tausender auf den Tisch und schon geschieht was. Sie hätten gern etwas ausspioniert, als chinesischer Investor vielleicht bestimmte Bereiche der deutschen Industrie? Das kann nicht so schwierig sein, das Deutsche Geheimdienst-Center steht ihnen, bei entsprechender Vergütung, gern zur Verfügung.
Mit der Abschaffung des Justizministeriums nähern wir uns nur der Wirklichkeit: Schon heute bekommt der, der sich einen besseren (teuren) Anwalt leisten kann, eher recht als der mit einem billigeren Rechtsvertreter. Warum der Umweg? Die streitenden Parteien schieben einfach ein Bündel Scheine auf den Richtertisch und wer mehr geschoben hat, der gewinnt. Da die Gefängnisse auch zum Profit-Center gehören, wird der Weg der Rechts- und Straffindung erheblich vereinfacht: Sie als Kunde zeigen einen Verbrecher an, legen eine Summe in die Hand des jeweiligen Polizisten, der verfolgt den möglichen Kriminellen, liefert ihn ohne Umwege an die Gefängnisindustrie, deren Interesse ist eine möglichst lange Verwahrung, das bringt Umsatz, und schon ist auch dem Rechtsempfinden des einfach denkenden Bürgers Genüge getan, wenn er denn auf der zahlenden Seite ist.
Dass solche Organisationen wie das Familien- oder Sozialministerium ersatzlos gestrichen werden, ist selbstverständlich. Wie schon eine berühmter Sozialdemokrat sagte: Was sollen wir mit dem Gedöns? Damit ist kein Profit zu erzielen. Das ist beim Ministerium für Verteidigung völlig anders. Natürlich muss auch dort die Software (Ministerialbürokratie) von der Hardware (Kämpfende Truppe) getrennt werden wie die Spreu vom Weizen. Unsere prima Panzer, die tollen U-Boote und Fregatten, die tapferen Spezialeinheiten: Alles kommt auf den Markt und stützt so den Kurs der DAG. Wenn zum Beispiel die Kosovaren ein Hühnchen mit den Serben rupfen wollen, sagen wir denen was das kostet, die zahlen, und dann wird die Sache erledigt. Rebellen, die in der Nähe einer Ölquelle leben, könnten wir unsere Armee gegen Gewinnbeteiligung leihen: Geraten die Quellen unter Kontrolle der Aufständischen, dann zapfen wir mit.
Wenn solch überflüssige Ministerien wie jenes für Gesundheit gleich in die fürsorglichen Hände der Pharmaindustrie übergehen, gegen eine ordentliche Abstandszahlung, wird die DAG nur entlastet. Auch das Ministerium für Finanzen, die größte Lachnummer wenn es um Effizienz geht, wandert in seinen ausschlachtbaren Bestandteilen in private Hände: Der Bankenverband übernimmt das Bisschen was da Sinn macht sicher gern. Anders liegt der Fall beim Bildungsministerium: Solche Teile wie Universitäten und Schulen lassen sich profitabel verwenden. Es wird immer Eltern geben, die für ordentliche Bildung auch ordentlich zahlen. Der nicht verkäufliche Quatsch, wie die Hauptschule und ihre Derivate, werden umgehend geschlossen: Was sollen die, die nichts zahlen können, mit Bildung anfangen? Sie bekommen auf keinen Fall einen Job. Und da im Rahmen der Rationalisierung der DAG ohnehin keine Transferleistungen mehr gezahlt werden löst sich das Problem biologisch: Diese Schicht wird einfach aussterben.
Bliebe noch das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit. Zwar sollte die Geldverschwendung an irgendwelche Neger endlich aufhören. Aber als Museum könnte das Haus doch noch erhalten bleiben. Zumal der jetzige Amtsinhaber das Ministerium auflösen wollte, bevor er dort Chef wurde, sollte er künftig als Hausmeister durch die Räume führen und über ministeriellen Unsinn referieren. Selbstverständlich werden die notleidenden Banken bei der Ausgabe der Aktien bevorzugt. Das stärkt ihre Stellung im System und verkürzt die Zugriffszeit auf Gelddruckmaschinen und andere systemische Installationen erheblich. Von der DAG zur Euro AG ist es nur ein kleiner Schritt. Und genau dieser Fortschritt wird künftig die Rettungsschirme überflüssig machen. Auch die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, die jüngst noch frisches Kapital für Europas Geldhäuser gefordert hat, kann sich nun in Ruhe ihrem Verfahren wegen Begünstigung widmen, das vor einem französischen Gericht anhängig ist. Sie wechselt zwar dann das Metier, bleibt aber beim Thema: Finanzverbrechen.