Auf der Straße macht sie glatte siebzig Stundenkilometer, die Panzerhaubitze 2000, ein mörderisch starkes Gerät aus deutscher Produktion, die sich der Verteidigungsminister jüngst in Kundus hat vorführen lassen. Sie kann vierzig Kilometer weit schießen und auch kleinere Ziele auf dreissig Meter genau treffen. Hütten zum Beispiel. So ein afghanisches Dorf ist nach dem Beschuss mit der deutschen Haubitze nicht mehr wieder zu erkennen. Auch die Frage, ob im Dorf Taliban waren oder nicht, erübrigt sich nach dem Einsatz der sechzig Sprenggeschosse.
Dem schneidigen Freiherrn verdankt die Bundeswehr die schwere Waffe. Sein Vorgänger mochte sie nicht einsetzen, das Gerät sah im zu sehr nach Krieg aus. Dem Guttenberg ist das kriegerische Gerassel der Panzerketten nur recht: Das Geschütz sei "eine wichtige Waffe, um dort wirken zu können, wo man wirken muss", sagte er. Darum geht es dem verhinderten General und Kanzler im Wartestand, er will Wirkungstreffer erzielen. Sicher auch gegen die Taliban oder wen seine Truppe sonst verfassungswidrig erlegen kann. Hauptsächlich geht es ihm aber um die Wirkung seiner Auftritte.
Die Medienkonzerne Burda und Springer schieben gerade, gestützt auf eine äußerst dünne Umfrage, den "Reserve-Kanzler" in den Vordergrund. Die Bild-Zeitung kürt ihn zum "Liebling der Deutschen", FOCUS nennt ihn in einer bemühten Alliteration den "feschen Freiherrn aus Franken". Mehr als 40 Prozent der Deutschen, so behauptet das Umfrage-Institut EMNID, könnten sich Guttenberg als Kanzler vorstellen. Die Merkel-Dämmerung hat begonnen, das bürgerliche Lager sucht nach neuen Identifikationsfiguren, man will vorbereitet sein. Erst verschwindet Koch, dann Köhler, Rüttgers musste gehen, von Beust löst sich ins Nichts auf, Neuwahlen will keiner mehr ausschießen.
Nur wenige Tage vor der Konferenz in Kabul, an der vierzig Nationen - Kriegsteilnehmer, Kriegsfinanziers und Kriegsprofiteure - teilnehmen, musste Guttenberg sein Schaulaufen in Afghanistan veranstalten. Denn auf der Konferenz selbst wird er hinter dem Außenminister zurücktreten. Der steht dann vorne im Bild, dort, wo der Verteidigungsminister gerne einen Stammplatz hätte. Deshalb war ein Treffen mit dem neuen US-Afghanistan-Kommandeur, General Petraeus eigentlich ein Muss. Aber dort, wo der Freiherr gerne gewesen wäre, waren schon die Taliban. Die "Aufständischen" haben den Auftritt des Ministers verhindert. Das wird er ihnen übel nehmen.
Die kommende Afghanistan-Konferenz wird den Anfang vom langwierigen Ende des Krieges einläuten. Längst weiß jeder, dass man mit den "Aufständischen" verhandeln muss. Jeder, der auf der Konferenz agierenden Politiker weiß auch, dass die kommenden Gefechte weder etwas mit Terrorbekämpfung noch mit Aufbau zu tun haben werden. Sie sollen nichts anderes, als den Rückzug tarnen und die lästige Frage vermeiden, warum denn in so vielen Jahren so viele Menschen für WAS gestorben sind. Eine Frage, die sich für Guttenberg nicht stellt. Er hat die vielen feschen Bilder bekommen, die er zur Verbesserung seiner innenpolitischen Position braucht. Und außerdem überreichte ihm ein amerikanischer Oberst die Hülse eines 30-Millimeter-Geschosses, das ein Apache-Hubschrauber am Vortag bei einem Gefecht abgeschossen hatte. Wieder ein schönes Foto. Die Bilder von den zerfetzten Leibern harmloser Dörfler, zu langsamer Frauen und Kinder, auf der Flucht erwischt, erreichen die Medien deutlich seltener. Und wenn: Was kann der Guttenberg dafür?