Ein Abgrund von Verteidigungsfall tut sich auf, wenn man dem Franz-Josef Jung, einem Freund von Roland Koch und Minister für Verteidigung glauben darf. Jetzt denkt der unbescholtene Betrachter natürlich an die Fußballweltmeisterschaft: Ronhaldino tanzt die deutsche Verteidigung aus, hebt den Ball über den Torwart und: aus, aus, aus, die deutsche Elf fliegt raus, raus, raus. Da wäre es schon denkbar, wir setzten die Bundeswehr ein, die rammte mit einem ihrer Panzer den brasilianischen Mannschaftsbus (gerne auch den italienischen oder den englischen). Und die Deutschen würden mangels Gegner zum Weltmeister erklärt. Das wäre effizient und praktisch. Aber so hat der Herr Jung das gar nicht gemeint.
Der Minister will die Bundeswehr auf deutschem Boden gegen mögliche Terroristen einsetzen. Da fielen mir aus den Vorabendprogrammen und den Comedies schon einige ein: Der Stefan Raab mit seinem Elton zum Beispiel, typische TV-Terroristen, wenn jemand die deutsche Kultur durch geistigen Tiefflug atomisiert, dann die zwei. Das Szenario ist klar: Eine Kompanie der Bundeswehr umstellt das TV-Studio, der kommandierende Offizier ruft, um Kohllateralschäden zu vermeiden: "Alle die bis drei zählen können, raustreten!" und der verbleibende Rest wird abgeführt, irgendeinem USA-Geheimdienst übergeben, die fliegen die Verbrecher über Polen nach Afghanistan, da können die dann alle weiter singen. Auch Carmen Nebel und viele andere sind in diesem Programm vorstellbar.
Doch auch die sind nicht im Visier des Ministers. Im neuen Weißbuch des Herrn Jung sind ganz andere Möglichkeiten des Bundeswehreinsatzes im Inneren aufgezählt: Bei "unkontrollierter Migration", bei der "Verbreitung von Seuchen" oder zur Verteidigung der "Freiheit der Handelswege" soll die Armee demnächst tätig werden. Das hat der deutsche Wanderer nicht verdient: Zum einen migriert er, ob auf dem Rennsteig oder im Westerwald, durchaus kontrolliert, zum anderen ist sein Gesang nicht immer schön, aber durchaus landesüblich.
Da scheint mir der Seucheneinsatz schon eher erwägenswert, Sie werden zugeben, dass der Auftritt von Politikern im Fernsehen zwischenzeitlich Seuchencharakter angenommen hat. Zumal die fast alle dem selben Virus verfallen sind, schreien Reform und erhöhen die Steuern. Aber ob der ehemalige Bundesvorsitzende der Jungen Union das wirklich gemeint hat?
Eher leuchtet die brutalstmögliche Verteidigung der Handelswege ein. Immerhin hatte die hessische CDU, deren Generalsekretär der Herr Jung mal war, bis zum Jahr 2000 eine Reihe lukrativer Deals zu laufen, deren finanzielle Ergebnisse eine böswillige Presse als "Spendenaffäre" bezeichnete. Nur wegen einer solch blockierenden Haltung gegenüber den Gesetzen der Marktwirtschaft (Gibste mir Knete, gebe ich dir Vorteile) musste der Generalsekretär Jung, der Verteidiger des freien Handels und der Gewissensfreiheit, seinen damaligen Posten niederlegen.
Jetzt ist der Mann als Verteidigungsminister Chef von Generälen, da ist doch klar, dass er einem solchen, öffentlichen Terrorismus entschieden begegnen will. Noch steht ihm so ein bisschen Verfassung entgegen, das wird wahrscheinlich wieder so ein jüdisches Erbe sein, aber geht es nach Jung, wird das schnellstens eliminiert. Denn wenn es um die Freiheit geht, dann lässt sich das Kabinett der Doktor Merkel nicht beirren: Wer dem Handel im Weg steht, den macht die Armee im Ernstfall platt. Da lässt sich der Minister doch nicht lange rufen.