Wat ist en Dampfmaschin?
Da stelle mer uns janz dumm.
Und da sage mer: En Dampfmaschin,
dat is ene jroße, schwarze Raum,
der hat hinten und vorn e Loch,
dat eine Loch, dat ist de Feuerung.
Und dat annere Loch, dat krieje mer später.
Heinrich Spoerl, Die Feuerzangenbowle
So oder so ähnlich ist das Staatsverständnis der schwarz-gelben Koalition: Soll die Staats-Maschine Fahrt aufnehmen, legt man eine Schüppe drauf: Steuern senken, Steuern schenken und schon, so meinen die Koalitionäre, dampft die Wirtschaft volle Kraft voraus. Kommt mal eine Kurve, dann wird ein wenig gebremst, und sollte die Lok entgleisen, dann wird eben der Fahrplan geändert. Dass der Zug in der jüngsten, elementaren Krise beinahe entgleist wäre, dass er keineswegs schon den nächsten rettenden Bahnhof erreicht hat, ist auf den Wirtschaftsseiten halbwegs seriöser Zeitungen nachzulesen. Dass die Koalition am Fahrplan arbeitet, kann man an den Nachrichten über die "Bankenabgabe" erkennen. Auch wenn der Begriff anders klingt: Die Banken geben nichts ab. Außer an sich selbst.
Bis zu den Wahlen in Nordrhein-Westfalen, zu recht als kleine `Bundestagswahl´ begriffen, ist nicht mehr lange hin. Bislang streiten sich die Koalitionäre darüber, wer die Schüppe in der Hand hat. Ein Konzept, eine sinnvolle Tätigkeit ist nicht zu erkennen. Aber die Fahrgäste des Deutschland-Zuges würden zu gern ein wenig Bewegung erleben. Selbst Fahrgäste in der Ersten Klasse - in Erwartung von mehr Kohle für ihre Abteile, auch wenn die anderen dabei abgehängt werden würden - sind sauer. Zuerst der Bundesverband der Deutschen Industrie, der die Regierung als orientierungslos, fahrlässig und nicht ernsthaft bezeichnete. Dann der Außenhandelsverband, dessen Chef die Merkelei aufforderte: "Die Koalition sollte endlich ihre Arbeit machen, statt sich mit weiteren Kindereien aufzuhalten."
Nun also Pfeifen. Nichts erweckt eher den Anschein von Aufbruch, von Fahrt als der schrille Pfiff der Lokomotive. Für die Regierung Merkel ist die "Bankenabgabe" das, was dem Eisenbahner der Lok-Pfiff ist: Ein Signal. Gleich geht es los, soll es bedeuten. Gleich werden wir in rasender Fahrt die Probleme des Landes lösen. Aber erst mal lösen wir die Probleme der Banken. Denn, wenn die mal wieder in eine Krise geraten, dann sollen sie einen Notpfennig haben, mit dem sie die Verluste selbst begleichen könnten. Der Steuerzahler, so soll die Botschaft ankommen, wird dann nicht mehr in Anspruch genommen. Wer sich erinnern mag, der weiss, dass im "Bankenrettungspaket" der Bundesregierung, zu Zeiten der Finanzkrise, rund 500 Milliarden als Garantien für die Banken vorgesehen waren, davon sind dann mehr als 100 Milliarden als frisches Kapital in Anspruch genommen worden.
Nun also Bankenabgabe. Die Banken sollen gezwungen werden, für den wahrscheinlichen Fall, dass sie sich wieder verzocken, Geld zurückzulegen. Damit die Banken aber nicht in den Sparschock fallen, beruhigt der CSU-Landesgruppenchef Friedrich: "Man geht davon aus, dass wir uns um die Milliarde bewegen". Eine Milliarde pro Jahr als Abgabe für den Notfall. Das macht in hundert Jahren so viel, wie der deutsche Staat zur Reparatur für die letzte Zockerei zur Verfügung gestellt hat. Hedgefonds, Versicherungen, Immobilienfonds und andere Monopoli-Spieler werden gar nicht erst nicht herangezogen. An echte Weichenstellungen, wie eine schärfere staatliche Kontrolle, das Verbot von Derivaten und Hedgefonds oder gar die Verstaatlichung der Schlüsselbanken, mag die Mannschaft auf der Lok nicht denken.
Das eine große, schwarze Loch ist im Kopf der Koalition: Besser Dampf ablassen als die Kessel anheizen, ist ihre Devise. Das andere schwarze Loch könnte sich im Kopf der Wähler befinden: Die Zeit bis zur NRW-Wahl reicht für die übliche Demenz. Aber "dat krieje mer später."