Die gute, alte CIA, immer hat man ihr irgendwelche Verbrechen angehängt, mal soll sie versucht haben Castro zu ermorden, dann bezichtigte man die CIA der Beihilfe am Mord von Salvador Allende, schließlich wurde behauptet, die Agentur habe mit den Taliban Opium gedealt. Aber erst der jüngste Bericht der "Washington Post" zeigt deutlich, dass der amerikanische Geheimdienst immer unmäßig und unrechtmäßig beschuldigt wurde. Denn die "Post" will uns wirklich weismachen, die CIA unterhalte in Osteuropa Geheim-Gefängnisse, um dort ungestört foltern zu können.

Tatsächlich stimmt die Nachricht aus der "Washington Post" in ihrem ersten Teil: Die CIA unterhält auch in Osteuropa, neben Afghanistan und Thailand, Gefängnisse für mutmaßliche al-Qaida-Mitglieder. Hier gewinnt das spannende deutsche Wort "mutmaßlich" eine rätselhafte, neue Qualität: Gehört Mut dazu jemandem etwas anzumaßen? Ist die Vermutung möglicherweise anmaßend? Wird von der CIA mal dieser oder jener maßgenommen? Oder wurde nur jeder demokratischer Maßstab verloren? Letzteres ist natürlich unwahrscheinlich, denn George Bush, der US-amerikanische Präsident selbst, weiß von diesen Gefängnissen. Und da unser Freund George, wenn auch intellektuell etwas kurz geraten, der eigentliche Maßstab für Demokratie ist, kann es sich nur um eine zutiefst demokratische Maßnahme handeln, wenn die CIA einige ihrer Lieblingsgefangenen in Osteuropa unterbringt.

Doch selbst eingefleischte, unbeirrte Freunde des Präsidenten der USA fragen sich, was hinter diesem Gefangenen-Export stecken mag. Zwei Vermutungen bieten sich an: Zum einen treibt den US-Geheimdienst die Sorge um, die maßgenommenen al-Quaida-Mitglieder könnten in Guantanamo, dem bekannten völkerrechtswidrigen Gefängnis auf Kuba, untergebracht werden. Denn der, von seinem früheren Arbeitgeber Haliburton viel beschäftigte US-Vizepräsident, Dick Cheney, musste sich gerade energisch gegen eine Gesetzesinitiative von 90 Senatoren wenden, die jede "grausame und entwürdigende" Behandlung von Gefangenen verbieten will, nachdem in Guantanamo Gefangenenmissbrauch aufgedeckt wurde. Es versteht sich, dass die CIA sich diesem Vorwurf nicht aussetzen möchte.

Die zweite Vermutung ist eine doppelte und erscheint wahrscheinlicher: Die Vereinigten Staaten von Amerika sind pleite und ihre Gefängnisse sind völlig überfüllt. Die bekannte Überfüllung würde, brächte man die maßlosen Araber dort unter, nur zur Entlassung irgendwelcher Farbiger führen, die in den US-Gefängnissen jetzt schon den weißen Amerikanern den Platz wegnehmen. Zugleich ist dem ökonomisch gebildeten West-Europäer bekannt, dass der amerikanische Strafvollzug, weil es auf diesem Sektor keinen Wettbewerb, keine Marktgerechtigkeit gibt, unmäßig teuer ist. Immerhin verlagern jede Menge schlauer Konzerne ihre Arbeitsplätze nach Osteuropa, warum sollte die CIA nicht kostenbewusst den gleichen Weg gehen? Außerdem ist das Gefängnispersonal, zum Beispiel in Rumänien, von einer selbst in Texas kaum erreichten Konsequenz und demokratischen Bildung beseelt.

Jetzt werden Demokratie-Sensibelchen einwenden, dass, wenn dieser Gefangen-Transport recht und ziemlich billig ist, daraus doch keine Geheimnis gemacht werden müsste. Falsch. Jeder Firmenchef weiß doch, dass man der Konkurrenz keinesfalls die preiswerten Bezugs- und Produktionsquellen verraten darf. Schließlich könnte zum Beispiel der designierte Finanzminister Steinbrück auf den teuren deutschen Strafvollzug dämpfend einwirken und seine Gefangenen zu Dumping-Preisen in einer der baltischen Staaten unterbringen wollen. Und der französische Innenminister, mit seinen Banlieue-Problemen, könnte die jungen Franco-Araber auch nach Osteuropa abschieben und die Preise endgültig verderben.

Wer ein Freund der CIA und des amerikanischen Präsidenten ist, der kann nur zur weiteren, radikalen Kostensenkung raten. Kaum ein Land der Welt bringt seine Gefangenen preiswerter unter als die Volksrepublik China. Sie ist auch einer der Hauptgläubiger der USA: Banken in Hongkong und Schanghai finanzieren zur Zeit die beträchtlichen Auslandsschulden der USA. Da lässt sich doch was verrechnen: Die CIA verbringt erstmal ihre islamischen Gefangenen nach China, dann folgt das FBI mit normalen Schwerkriminellen, später die Behörden der einzelnen Bundesstaaten mit den Autodieben und Einbrechern. Schritt für Schritt könnten die USA ihre Schulden abbauen und die Chinesen hätten in ihren Gefängnissen eine nette Abwechslung. Sogar die Todesstrafe wird in China billiger exekutiert als in Amerika.

Der neue Weg des US-Auslandsgeheimdienstes ist unerreicht progressiv: Während dem Markt in der neoliberalen Ideologie bisher nur die Reglung sozialer und ökonomischer Probleme zugewiesen wurde, wird er perspektivisch auch die Demokratie verbessern. Die marktorientierte Kontrolle der Gefängnisse ist nur ein Anfang. Das Ende ist kaum abzusehen.

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