»Bym your live« steht auf den Plakaten einer Werbekampagne, die rund 6 Millionen Euro kostet. Nach kurzem googeln wird unter dem schönen Kürzel »bym« die englische Erklärung »Beyond Mainstream«, jenseits des Mainstream, sichtbar. Das will man gerne auch sein und kauft das heftig beworbene Magazin, um herauszufinden, dass es sich um die Abkürzung für »Brigitte Young Miss« (Verlag: Gruner & Jahr) handelt, ein Hochglanzblatt für Frauen zwischen 19 und 26 Jahren. Unverholen unterstützt von der Bundeswehr.
Der journalistische Anspruch des nur scheinbar neuen Titels ist vielfältig: Nahezu alle redaktionellen Artikel machen Werbung für Produkte, mal für Parfum von Gaultier, dann wieder Taschen von C & A oder Pullis von H & M. »Bym ist lässig an der Oberfläche und mutig in der Tiefe«, sagt der Chefredakteur, dessen Oberfläche, gut planiert, in eine gedankliche Tiefe von zwei bis drei Millimeter langen dürfte. Wie sonst käme der Verlag zu der Überzeugung »Bym durchdringt den Lifestyle junger Frauen«. Wie macht »Bym« das? Durch Penetrieren? Durch Penetranz? Oder sollte ein Lebensstil gemeint sein, der völlig von »Bym« durchtränkt, total verbymt ist?
Unterhalb einer relativ faden grafischen Gestaltung findet sich die Möblierung von Frauenzeitungen aus den 50er Jahren: Der schlechte alte Fotoroman erlebt ebenso seine Wiederauferstehung wie die Schmink- und Frisur-Vorschläge, die selbstverständlich aus einem soliden Aschenputtel ein abgedrehtes Aschenblödel machen. Auch die 50er Jahre selbst finden sich im Blatt als Fotostrecke wieder, in der jedes Kleidungsstück und jedes Accessoire durchnumeriert ist und sich mit Herkunft in den Fußnoten wiederfindet, weil die junge Miss natürlich wissen soll, wo man die Klamotten kauft.
Weil das angepriesene Zeugs leider auch bezahlt sein will und so manche junge Frau eher das Arbeitsamt von innen als die Modisten Lagerfeld oder Gaultier von außen kennt, gibt die »Bym« auch Job-Tipps. Die Agentur TBWA, ganz zufällig der Laden, der die Werbekampagne für das Magazin macht, wird auf einer Doppelseite mit lauter debil grinsenden Menschen vorgestellt. Natürlich heißt die Personalchefin dort »Human Resources Manager« und tatsächlich hat das Land ja menschliche Ressourcen genug. Die Dame selbst ist keineswegs eine Quelle besonderer Weisheit, sie sondert die üblichen Sprüche ab, die darin gipfeln, dass »Ausbildung das A und O« ist.
Damit nur ja kein Klischee ausgelassen wird, gibt es auch eine Seite über Etikette: Dort verwechselt ein »Tim« die junge Pressesprecherin mit der alten Frau des Chefs! Aber eine »Emilie« hilft ihm aus der Peinlichkeit, indem sie etwas zu trinken anbietet. So einfach löst man komplizierte Probleme.
Für Problemlösungen ist, wir alle wissen das, nächst »Emilie« die Bundeswehr zuständig. Deshalb bekommt sie auch acht lecker bebilderte Seiten zur Verfügung gestellt, auf denen eine blonde Kerstin erzählen darf, dass sie die Eintönigkeit am Bankschalter satt gehabt hat und es deshalb als »das Größte überhaupt« empfindet, »sich in den Dienst eines Landes zu stellen«. Jetzt ist sie »um des Friedens willen« in Bosnien, aber »als Nächstes kommt Afghanistan« und bald verpflichtet sie sich für eine 12-jährige Dienstzeit. Denn Kerstin liebt die Gefahr: Schon in der Bundeswehr-Ausbildungszeit wurde sie einmal »von Wildschweinen umzingelt«.
Seit die bundesrepublikanische Frauenbewegung in den 80ern, aus Gründen der Gleichberechtigung, gefordert hat, dass auch Frauen Kriegsdienst leisten dürfen, hat sich viel getan: Kriegspropaganda darf als Friedensdienst verkauft werden, die deutsche Frau hat blond zu sein und das Geld der Bundeswehr stinkt nicht. Wie schön, dass Gruner & Jahr ein Verlag ist, der für sich beansprucht »Qualitätsmedien« herauszugeben.