Das deutsche Wesen bringt immer wieder Lautsprecher der unangenehmen Sorte hervor: Josef Schlarmann, Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, fordert in diesen Tagen, dass die Griechen "Gebäude, Firmen und unbewohnte Inseln" verkaufen sollten, um ihre Schulden zu tilgen. Schlarmann übte sich im letzten Jahr in der dreifachen Westerwelle, als er eine Strafverschärfung für Hartz IV-Empfänger vorschlug. Es ist der selbe Schlarmann, dessen Geisteszustand sich durch den Vorwurf dokumentiert, Angela Merkel sei für einen "Linksruck" der CDU verantwortlich.
Auch der FDP-Finanzexperte Frank Schaeffler verlangt von den Griechen, dass sie ihre Liegenschaften verkaufen sollen, um das Land zu sanieren. Schaeffler ist Berater der Marschollek, Lautenschläger und Partner AG (MLP), Heidelberg, ein Laden, der sich auf private Renten- und Krankenversicherung spezialisiert hat. Fraglos ein Wirtschaftszweig, von dem die FDP aus gutem Grund saftige Parteispenden bezieht. Dass im Fall der MLP noch ein Ermittlungsverfahren wegen "Bilanzschönung" dazu kommt, hat natürlich mit Herrn Schaeffler nichts zu tun.
"Der Ball ist jetzt bei den Griechen" gibt sich die stellvertretende Regierungssprecherin Sabine Heimbach betont sportlich und behauptet, Deutschland sei seinen Reparations-Verpflichtungen nachgekommen. Denn nach einiger deutscher Lautsprecherei hatte die griechische Regierung daran erinnert, dass es noch offene Forderungen der Griechen gibt. Aus jener Zeit, als die Soldaten der Wehrmacht Griechenland okkupiert hatten. Frau Heimbach ist "gelernte Journalistin". Was genau die CSU-Frau als Journalistin gelernt hat, steht nicht fest. Dass sie sich keine sonderlichen Geschichtskenntnisse erworben hat, ist sicher.
In der Nazi-Besatzungszeit ließ sich das Deutsche Reich eine Zwangsanleihe von 7,5 Milliarden Reichmark von der griechischen Staatsbank "genehmigen" auch deshalb legte die Pariser Konferenz der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges 1949 die griechischen Schadensersatzansprüche auf 7,5 Milliarden US-Dollar fest. Noch in den 60er Jahren versicherte der damalige Bundeskanzler Erhard, dass man, sobald die deutsche Wiedervereinigung unter Dach und Fach sei, die Zwangsanleihe zurückzahlen werde. Gezahlt hat Deutschland bislang 115 Millionen Mark.
Was sollte mit dem Trinkgeld, 1960 auf den Tisch gelegt, abgegolten werden? Rund 40.000 Menschen wurden von den Deutschen in Griechenland "hingerichtet". Etwa 12.000 verloren im Laufe indirekter kriegerischer Auseinandersetzungen, 70.000 durch direkte Kriegshandlungen ihr Leben. Fast 100.000 Griechinnen und Griechen wurden in Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt und ermordet. Unter den Toten waren zirka 80.000 Jüdinnen und Juden. Mehr als 300.000 Menschen verhungerten während der deutschen Besatzung. Rund 70 Prozent der griechischen Handelsschiff-Tonnage wurden von den deutschen Besatzern zerstört, alle größeren Eisenbahnbrücken, bei 80 Prozent des "rollenden" Eisenbahnmaterials fielen dem Raubkrieg zum Opfer. Noch Fragen, Heimbach?
Die General-Vertreterin der deutschen Rüstungsindustrie, Angela Merkel, flog 2007 persönlich nach Athen, um bei den Griechen Geld für ein deutsches U-Boot und eine Menge Leopardpanzer einzutreiben. Die Griechen wollten nicht zahlen, sie behaupteten glatt, die bestellten Rüstungsgüter seien fehlerhaft. Deutsche Waffen? Niemals. Merkel sollte nicht zum letzten mal wegen Waffenlieferungen in Griechenland intervenieren. Denn die NATO-Standards wurden in den letzten Jahren so angehoben, dass nur prima deutsche Panzer diesen Ansprüchen gerecht werden konnten. Also musste die arme Kanzlerin im Mai 2008 schon wieder mit einem griechischen Premier telefonieren, damit die deutsche Rüstungsindustrie nicht pleite ging. Erneut sind griechische Schulden auch deutsche.
Glaubt man einer erregten deutschen Öffentlichkeit, dann wird das "Problem" Griechenland erst gelöst sein, wenn die griechischen Inseln an die Bäderbetrieb von Norderney angeschlossen sind, das griechische Olivenöl bei der "Aral AG" raffiniert und die Akropolis zur Wochenend-Bleibe von Horst Köhler wird. Glaubt man den Fakten, dann haben die Deutschen immer noch Schulden bei den Griechen. Finanziell und moralisch.