Wenn zwei nicht zueinander passen dann die: Bahia Benmahmoud (Sara Forestier) ist jung, ungewöhnlich hübsch, spontan und ziemlich abgedreht. Arthur Martin (Jacques Gamblin) ist spießig, gesetzt, hölzern und stinklangweilig. Bahia will die Welt verändern, Arthur nicht mal sich selbst. Bahias Vater ist Algerier, Arthurs Vater war als französischer Soldat in Algerien. Bahia trägt einen exotischen Namen, Arthur leidet unter einem Namen, der im Deutschen etwa Hans Müller heißen könnte. Und was macht der Film "Der Name der Leute"? Er macht ein Paar aus den beiden. Und diese schamlose Lüge, dieses völlig irreale Drehbuch, dieses absolut unmögliche Happy End ist intelligent, witzig und auch noch sehr, sehr politisch.

Doch bevor Arthur und Bahia ein Paar werden, durchleidet der Zuschauer alle Schrecklichkeiten, die den Lebensläufen der beiden abzuringen ist: Die Eltern von Arthurs Mutter wurden als Juden von den Nazis umgebracht. Die Mutter ist traumatisiert und deshalb sind alle Erinnerungen an den Judenmord tabu. Diesem Thema in dieser Zeit auszuweichen scheint unmöglich, deshalb schalten die Martins das TV-Gerät im Minutentakt um, weg von den politischen Sendungen, hin zum billigen Quiz, der dann allerdings nach dem Wort "Genozid" sucht. Dass Arthurs Vater sein AKW liebt, dass die Familie ständig die neueste Technik kauft, die dann außer ihnen keiner brauchen kann, erhöht den Skurrilitätseffekt heftig.

Auch die Familie Benmahmoud hat ihr Tabu: Die kleine Bahia ist als Kind sexuell missbraucht worden, deshalb kurven die Benmahmouds um die vielen Sendungen herum, die sich mit genau diesem Thema beschäftigen. Doch was geschrieben wie ein albernes Spiel mit dem Verbrechen wirkt, ist in Bilder gesetzt eine warmherzige Geschichte darüber, wie eine Familie mit diesem Stück Schicksal fertig wird. Dass Bahias Mutter, aus alter bourgeoiser Familie, durch die Kulissen politischer Solidarität stolpert, als wolle sie den ersten Gut-Gemeint-Preis gewinnen, komplettiert das Kabinett kurioser Begebenheiten auf das Schönste. Einzig der algerische Vater, der seine spannenden Bilder nur selten zu Ende malen kann, weil er ständig einem Kumpel, einem Verwandten oder sonst einem Schnorrer helfen muss, hat einen kaum gebrochenen Zugang zur Wirklichkeit.

Seit dem unsäglichen Louis de Funès weiß man eigentlich, dass die Franzosen keine Komödien können. Spätestens seit Michel Leclerc, der das Buch und die Regie von "Der Name der Leute" verantwortet, kann man wissen, dass es "die" Franzosen nicht gibt. Sein Spiel mit den Namen der Leute, mit ihren Herkünften, ihren Lebensumständen und deren Spiegelung im sogenannten Privaten, liefert ein Kaleidoskop schriller Bildern, die unterhalten wollen und ein wenig auch belehren. Dass Leclercs algerische Lebensgefährtin, Baya Kasmi am Drehbuch gearbeitet hat, zeigt, dass aus dem Privaten jederzeit Politisches resultieren kann. Aber wenn dann die strahlend schöne aber völlig wirre Bahia, nur mit einem Handy bekleidet, Metro fährt, dann . . . ach guckt Euch das doch selbst an.

Der Film kommt am 14. April in die Kinos.