Es gab einen Kauz in Werneuchen,
Der frönte skurrilsten Gebräuchen:
Nahm keine Notiz
Vom Geduz und Gesiez
Und ließ immer sich ihrzen und euchen.
Der frühe Wintereinbruch hat mich darauf gebracht, liebe LeserInnen, dass das Wetter deutlich rauer ist, seit Jörg Kachelmann es nicht mehr moderieren darf.
Der andere Schweizer Eckpfeiler der hiesigen Fernsehlandschaft, Gottlob! er steht wie eine deutsche Eiche. Es ist Dieter Moor, der melierte Spaßbauer im Land Brandenburg. In seinem ersten Buch hat er uns 2009 den Kulturschock beschrieben, den er erlitt, als er aus dem gelobten Land der Steuersparer in die Bärme der stillgelegten Mark Brandenburg zog und die Solidarität des einfachen Ossis im Barnim erlebte. Seine Liebeserklärung „Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht“ handelt wesentlich von der unverhofften Hilfe, die der Zugezogene erhält, obwohl er TV-Moderator ist und einen Trecker besitzt. Sie ist etwas anbiedernd untertitelt: „Geschichten aus der arschlochfreien Zone“.
Das Buch wurde ein Renner. Da kam der kleine Schweizer im Dieter wieder einmal durch und er dachte bei sich: Warum nicht noch eine Mark (oder vielmehr ein paar Fränkli) aus der Mark quetschen? So ist sein zweiter Kracher mit dem hintergründigen Titel „Besser einmal mehr als mehrmals weniger“ entstanden. Der anrüchige Untertitel lautet: „Frisches aus der arschlochfreien Zone“. Ich weiß, welchen Neid dieses Statement beispielsweise in Bayern erzeugt. Bleibt locker, liebe BayerInnen, das mit den schließmuskellosen Preußen ist bloß ein analeptischer Scherz. Die Bewohner Brandenburgs verfügen statistisch über genau soviel Körperöffnungen wie die Schweizer. Es läuft also alles auf einen Konstitutionsvergleich zwischen den Schweizern und den Bayern hinaus. Und da bin ich nicht kompetent.
Dieter Moor beglückt uns mit einem zweigeteilten Bericht aus dem märkischen Dorf, in dem sein Weib nunmehr einen Bauernhof nach den gestrengen Demeter-Richtlinien führt (seid bedankt, ihr Götter Griechenlands!) mit veganisch gemästeten schottischen Hochlandrindern und fremdstämmigen Büffeln. Mir als Märker ist die Moorsche Verschleppung exotischer Rassen ins Brandenburgische eigentlich suspekt. Aber wenn der Klimawandel es zulässt, mögen sich auch Wasserbüffel unter Palmen in den märkischen Sümpfen suhlen. Nicht umsonst hat schon Friedrich der Große die Kartoffel in der Mark heimisch gemacht.
Im ersten Teil spielt ein gewisser Hürlimann die Hauptrolle. Für unsere städtischen LeserInnen sei hier zum besseren Verständnis angemerkt, dass dies kein Schweizer Alpengipfel ist, sondern der T 34 unter den Traktoren. Der Dieter liebt die Zugmaschine aus der alten Heimat über alles und lässt uns nicht unwitzig an seinen Gefühlen teilhaben. Leider ist das Getriebe defekt. Die Reparatur dauert 150 Seiten und liest sich ähnlich spannend wie Babajewskis Roman „Der Ritter des goldenen Sterns“, der auch die Zuneigung eines Mannes zu seinem Trecker thematisiert. Aufgelockert wird der mechanische Handlungsgang durch flapsige Kommentare der Eingeborenen in heimischer Mundart.
Im zweiten Teil unternimmt Familie Moor in epischer Breite, die Brandenburger Landschaft mit Wiederkäuern zu pöplieren. John Wayne hätte seine helle Freude gehabt am hochdramatischen Trieb der Rindviecher aus dem Viehtransporter. Dann wird es beinahe tragisch. Eine Büffelin (ein Helvetismus für Büffelkuh?) wirft ein Kalb, das nicht recht aufkommen will. Dank einer jungen Berlinerin richtet sich die Sache auf weiteren 100 Seiten mit Tierliebe und Büffelmuttermilch. Danach darf ein Einheimischer den ersehnten Epilog sprechen.
Damit nicht genug spendiert uns Dieter Moor noch „Bonus-Material“, aus dem wir zweierlei entnehmen. Erstens: Er führt eine glückliche Ehe, nicht etwa mit dem heiß geliebten Hürlimann, sondern mit Frau Sonja, auf die er meistens hört. Zweitens: Auch in der Schweiz ist nicht alles Leckerkäse, was Löcher hat.
Alles in allem, liebe LeserInnen, ist es ein gekonnter zweiter Aufguss, dünn, aber kräftig.