Das ist der Film zur Krise: Eine Kamera begleitet einen Fondsmanager in Singapur zur Arbeit. Der Mann verwaltet rund 50 Milliarden Dollar von Anlegern, die das schnelle Geld machen wollen. Sie investieren über den Fond in der Dritten Welt, dort, wo die Ausbeutungsquote besonders hoch ist, um ihre Anlage dann in Lichtgeschwindigkeit, wenn die Felder abgeerntet, die Mine ausgebeutet und die Menschen ausgesaugt sind, ihre Konten im Westen mit den Gewinnen aufzufüllen. Profit ist geil, sagt der Mann nicht wörtlich. Meint es aber:"Ich glaube nicht, dass ein Investor verantwortlich ist für die Ethik, für die Verschmutzung, oder das, was eine Firma verursacht, in die er investiert. Das ist nicht seine Aufgabe. Seine Aufgabe ist zu investieren und Geld für seinen Klienten zu verdienen."

Natürlich sind sie für nichts verantwortlich. Das aktuelle Gejammere, über Entschuldigungen, über Moral und Verantwortung, verschleiert nur die Wahrheit, die im Film von Erwin Wagenhofer, "Let´s make Money", in schöner Brutalität bebildert wird: Afrikaner, die in der Baumwolle schinden, ein Produkt, das den Menschen in Burkina Faso die von den USA dominierte Weltbank aufgedrückt hat. Es sind die selben USA, die durch Subventionierung der eigenen Baumwollfarmer bewirken, dass Burkina Faso von der Baumwolle nur verhungern kann. Auch im indischen Madras waschen sich die Menschen in Kloaken, vegetieren auf der Straße, hungern vor sich hin. Hier investiert der österreichische Konkursbetrüger Mirko Kovats besonders gern.

Kovats sieht aus wie der gütige Großvater aus der Nachbarschaft: Sauber, rosig glänzend und mit charmantem Wiener Akzent lässt ihn der Regisseur seine Wirtschaftsweisheiten in die Kamera kotzen: "Hier schreit keiner nach dem Staat," sagt er mit Blick auf das indische Massenelend, "hier ist Selbsthilfe angesagt, hier geht s um Wirtschaft." Es soll wohl jene Selbsthilfe gemeint sein, die schon der Fondsmanager im Auge hatte, als er ehrlich bekannte: "Die beste Zeit zu kaufen ist, wenn das Blut auf den Straßen klebt." Der Ärger ist, dass es nicht das Blut der Manager, der Banker und jener Regierenden ist, deren widerliche Markt-Ergebenheit die weltweite Deregulierung erst möglich machte.

Es ist die Stärke Erwin Wagenhofers, der schon mit "We feed the world" einen erregenden Dokumentarfilm über unsere Nahrungsmittel in die Kinos gebracht hat, dass er die erbärmliche Lage der Armen gegen die kalte Glätte der Reichen schneidet. Dabei gelingen ihm nicht nur politische Pointen der klügeren Art, er findet auch Bilder von beeindruckender, verstörender Größe: Leerstehende Luxusbehausungen an der andalusischen Küste, riesige ungenutzte Wohnkomplexe, Geister-Golfplätze, sorgfältig gepflegt und nie bespielt, blenden von der Leinwand auf den Zuschauer herunter. Sie sind Ergebnis von Immobilienspekulationen, die nicht nur zur Ursache der aktuellen Finanzkrise gehören, sondern auch nach der Besetzung schreien. Wann, sagen die Bilder mit kühler Ästhetik, wann kommen die Obdachlosen aus den großen Städten, aus den Slums der Dritten Welt und suhlen sich in den leeren Swimming Pools, pissen auf den kurz geschnittenen Rasen und hängen ihre Wäsche, an festen Stricken, gleich neben den Fondsmanagern auf.

Dass sie kommen werden, die wahrhaft Verdammten dieser Erde, dessen ist sich Francis Kologo aus Burkina Faso sicher: "Wir haben keine andere Wahl. Wir werden bei Euch einfallen, mit Sicherheit. Wenn wir auswandern, können sie ruhig zehn Meter hohe Mauern bauen. Wir werden trotzdem nach Europa kommen." Hoffentlich auch zur britischen Kanalinsel Jersey, auf der nach amerikanischen Schätzungen etwa 500 Milliarden Dollar Privatvermögen liegen. Steuerparadiese wie Jersey, Luxemburg oder Liechtenstein sind es, die es dem Welthandel, an allen staatlichen Steuern und Auflagen vorbei, ermöglichen, mit seinen Kapitalströmen neue Sintfluten zu erzeugen. Was untergehen wird, ist jetzt schon klar, sagt einer der Experten im Film, Hermann Scheer: Wenn wir so weiter machen . . . dann beginnt ein neues Zeitalter der Barbarei."

Ein anderer Experte, Werner Rügemer, sitzt gemütlich in der Wiener Straßenbahn und erklärt, wie es bei uns, in den angeblich entwickelten Ländern funktioniert: Die Bahn wurde an einen amerikanischen Investor für eine Milliarde Dollar verkauft. Das Geld kam nie bei der Stadt Wien an sondern wurde gleich als Anzahlung auf die Leasingraten an den Investor zurückgegeben, damit die Wiener ihre Straßenbahn auch benutzen dürfen. Man kann sicher sein, dass die örtlichen Kommunalpolitiker, wie überall im Europa der Privatisierung, sich ob ihrer genialen Idee öffentlich gelobt haben. Wagenhofers Film muss als Lehrstück der Brechtschen Art gelten: Kalt aufklärend und doch immer voller Gefühl für die Entrechtenden.

Es gab in diesen Tagen eine gezierte Empörung über Peter Sodann, den Kandidaten der Linken für das Amt des Bundespräsidenten: Pfui sagten die Medien und die anständigen Politiker, als Sodann sich die Verhaftung des Deutsche-Bank-Chefs Ackermann wünschte. Wer Wagenhofers Film gesehen hat, der wird ein einfaches Wegsperren der Finanzhyänen für relativ milde halten. Doch die ehrbaren Regierungen in aller Welt interpretieren die Krise nur, prolongieren die Laufzeiten der nach totem Fleisch riechenden Profitmaschinen, sanieren nur den Kreislauf des Wahnsinns. Es kommt aber darauf an, dem ein Ende zu machen.

Der Film kommt am 30. Oktober in die Kinos.

Kommentare (2)

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Das ist doch radikales Wortgeklingel, wenn Sie vom Strick für Wäsche und Investoren schreiben. Wann soll den die Situation soweit sein? Der Film mag gut sein, aber Sie überziehen.

Walter Leistikow
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Gehen Sie ins Kino: Wenn Sie unradikal wieder rauskommen, fehlt Ihnen ein Gen.

Uli Gellermann
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