Kriege sind schrecklich. Der 30-jährige war schrecklich, die letzen beiden Weltkriege ebenso, und auch die kleineren, regionalen Kriege wie der im Libanon in Sommer 1982. Kriege sind, mit kleinen Einschränkungen, für beide Seiten schrecklich: Für die Feinde und für deren Feinde, für die Soldaten und die Kämpfer ganz vorne, erst recht für die Zivilisten, die mehr oder minder versehentlich in den Krieg geraten. Deshalb sollte es keine Kriege mehr geben. Um Kriege abschaffen zu können, muss man allerdings etwas über die Ursachen wissen. Samuel Maoz hat mit seinem Film "Lebanon" einen Film über die Schrecken des Krieges gemacht. Und gut gemacht. Von den Ursachen wird nichts erzählt.
Eine israelische Panzerbesatzung kämpft sich durch die Wirren des Libanon-Krieges, den die Israelis "Frieden für Galiläa" nannten. Einen wirklichen Frieden gibt es bis heute nicht. Aber die jungen Soldaten, deren Ängste, deren Naivität und Wirrnis man im engen Panzer zu riechen glaubt, kämpfen, weil man ihnen gesagt hat, dass sie kämpfen müssen. Denn die Kämpfer der PLO hatten, aus dem Libanon kommend, diesen oder jenen Anschlag auf dem Territorium Israels verübt. Nach der bis heute gültigen Logik schlägt Israel zurück. Zwar hatte Israel in seiner Gründungsphase zuerst geschlagen, dann schlugen die Palästinenser zurück. Und so fort. Bis heute. Aber wer will das noch wissen? Erinnern darf man sich, dass die israelische Armee nicht von den Libanesen eingeladen waren.
Also irren die jungen Soldaten durch eine Gegend, die sie nicht kennen und die ihnen feindlich ist. Samuel Maoz, der selbst in solch einem Panzer saß, war 20 Jahre alt als er seinen ersten Menschen tötete. Als sein Panzer beschossen wurde, reagierte er "in einem Akt instinktiver Notwehr". Werden die Palästinenser auch über Notwehr berichten können? Ganz sicher. Maoz bleibt, im Rahmen seiner subjektiven Verarbeitung, radikal ehrlich: Er zeigt die toten Zivilisten, die Kollateralsschäden, die Gemeinheiten. Alles was er selbst vor fast 30 Jahren erlebt hat. Trotz einiger Ausflüge in die Welt außerhalb des Panzers bleibt der Regisseur bis heute, bis in jedes Bild hinein, der Gefangene seines Kampfwagens und seiner Erinnerung.
Außerhalb der subjektiven Erinnerungen ist das Massaker, das die christlich-libanesischen Milizen damals in den Flüchtlingslägern von Sabra und Shatila unter gütiger Aufsicht der israelischen Armee anrichteten. Die Massenmorde an palästinensischen Zivilisten - die Fluchtwege waren von israelischen Einheiten abgeriegelt, ihre Leuchtraketen erhellten die Nacht der langen Messer - ebneten dem damaligen Verteidigungsminister, Ariel Sharon, später den Weg zum Ministerpräsidenten: Kriegshelden haben einen Wahlbonus. Auch wenn Sharon temporär zurücktreten musste. Er gehörte zu den kleinen Ausnahmen, für die der Krieg durchaus auch seine guten Seiten hat.
Seit dem "Simplicius Simplicissimus" von Grimmelshausen bis zum U-"Boot" von Wolfgang Petersen wird der Schrecken des Krieges erzählt und erzählt. Das ist häufig gut gemeint. Besser wäre es nach der Schuld an und in Kriegen zu fragen. Und im Fall von "Lebanon", einem Film dessen Namen schon suggeriert er handele von eben jenem konkreten Krieg im Jahr 1982 und nicht primär davon, wie schrecklich Kriege sind, hätte eine Erinnerung an die Massaker in den Lagern zumindest einen möglichen Weg verbaut: Mitleid mit jenen Israelis zu empfingen, die, mit einer einzigen kleinen Unterbrechung, immer wieder Kriegshelden zu politischen Führern machen und den Frieden nicht gewinnen können. Nur den Krieg.
Der Film kommt am 14. Oktober in die Kinos