Dass man den Kleinen helfen muss, damit sie sich gegen die Großen behaupten können, lernen die drei Kinder der Filmheldin in der nordfranzösischen Industriestadt Dunquerque schon beim Entenfüttern am Teich, als ihre Mama zum Wochenende mal wieder daheim ist von ihrem Job als Putzfrau in Paris. Den hat sie noch nicht lange, und dass sie auch noch in der luxuriösen Wohnung eines erfolgreichen Börsenmaklers ihren Dienst versehen soll, muss der geschiedenen, allein erziehenden France wie die Erfüllung eines Märchens erscheinen. Denn zuvor hatte es das Leben nicht gerade gut gemeint mit ihr: Die Firma, in der France 20 Jahre gearbeitet hatte, war dicht gemacht worden, 1200 hatten wie sie ihren Arbeitsplatz verloren. Einen Selbstmordversuch aus Verzweiflung hatte sie zum Glück überlebt, nun sieht sie nur in Paris noch eine letzte Chance.
Natürlich gehört zu Aschenputtel auch der Königssohn, was in einer vom Geld regierten Welt heißt: der skrupellose, eiskalte Finanzjongleur Stéphane, der sich in der Börsenwelt lieber Steve nennt, per Knopfdruck Millionensummen bewegt, junge Gespielinnen mit dem Privatjet ins Bett lockt, aber mit dem jungen Nachwuchs namens Alban, den seine in Thailand urlaubende Exfrau für vier Wochen ihm ins Haus schickt, rein gar nichts anzufangen weiß. Aber mit Geld, sprich einem kräftigen Aufschlag auf Frances Putzlohn, lässt sich auch dieses Problem lösen. Es kommt, wie es kommen muss: Frances Umgang mit Alban weckt sogar Steves Vatergefühle, auf einem Kurztrip in ein Londoner Nobelhotel landen France und Steve im Bett, und France denkt schon darüber nach, Steve bald in Dunquerque ihren Eltern und Freunden vorzustellen.
Alle Zutaten für ein sozialversöhnliches Kitsch-Happyend nach Hollywood-Art wären also beisammen: dem bösen Finanzhai ist der Appetit vergangen und die gute Putzfee kriegt ihren Traummann. Aber von dem Franzosen Cédric Klapisch, der schon immer die alten Erzählmuster lustvoll gegen den Strich bürstete, ist so etwas nicht zu erwarten. So stürzt er seine Heldin recht rüde aus all ihren Blütenträumen – und sein Kinopublikum gleich mit: Die Fabrikschließung in Dunquerque, so erfährt France nach der ersten Liebesnacht, war Steves Werk, die Liebe nur ein weiteres Abenteuer, mit dem sich Steve vor seinesgleichen zynisch brüstet. Doch diesmal stürzt die Verzweiflung France nicht in einen neuen Selbstmordversuch. France – die sicher nicht zufällig den gleichen Namen trägt wie Sarkozys „grande nation“ und von der großartigen Karin Viard als raffinierte Mischung aus naiver Landpflanze und selbstbewusster Proletin gespielt wird – weiß nun, dass das „Schicksal“ einen Namen hat, und sie weiß auch, wie sie sich dagegen wehren kann: gemeinsam mit den vielen Opfern des Haifisch-Systems daheim in Dunquerque. Klapischs letztes Filmbild ist so symbolträchtig wie viele seiner Bilder zuvor, aber weniger plakativ als diese. Seine Botschaft, wenn dieses Wort hier einmal am Platz ist: Wer zuletzt lacht, lacht am besten, auch wenn es nur ein trotziges Lächeln aus der „grünen Minna“ ist.
Der Film kommt am 15. 9. in die Kinos