Die im Buch „Botox für alle“ versammelten Glossen stammen alle aus dem Düsseldorfer Straßenmagazin „fiftyfifty“. Es steht zu vernuten, dass man im besseren Düsseldorf einfach nicht halbe-halbe sagen kann. Und so spricht auch das sozial schlechter gestellte Düsseldorf denglisch. Der Glossen-Schreiber Olaf Cless und sein Illustrator Dieter Süverkrüp allerdings schreiben und zeichnen ohne Umschweife. Und weil sie jetzt wirklich keine Zeit haben, bis der Mainstream ihre kunstvolle Arbeit wahrnimmt, haben sie die fälligen Rezensionen schon mal vorweg genommen. Besser können die Staatsmedien ohnehin nicht schreiben. Wer sonst würde es in einer Obdachlosenzeitung wagen Botox für alle zu fordern? Siehste.
"Unser soeben erschienenes Büchlein „Botox für alle“ hat bereits ein unerwartet lebhaftes Presseecho ausgelöst. Als erste reagierte, noch vor den eigentlichen Medien, die Botox-Herstellerfirma Allergan: „Grundsätzlich begrüßen wir es, dass sich hier zwei Autoren den Gedanken ‚Botox für alle’ zu eigen gemacht haben, der seit langem Richtschnur unseres wirtschaftlichen Engagements ist. Noch schöner hätten wir es gefunden, wenn die Herren Cless und Süverkrüp ihre Publikation im Vorfeld mit uns abgestimmt hätten.“
Wenig später brachte die Rheinische Post eine knappe Würdigung des Buches: „’Botox für alle’ kommt in verspiegelter Optik daher. Eine hübsche Idee. Leider muss man lange blättern, bis die titelgebende Glosse auftaucht. Sie ist bereits vier Jahr alt und gefällt sich in Respektlosigkeiten gegen den bekannten Schönheitschirurgen Mang, der auch für unsere Landeshauptstadt schon so viel geleistet hat.“ Grundsätzlicher wird ein Kritiker in Die Welt: „Glossen eines gewissen Olaf Cless, Zeichnungen von Dieter Süverkrüp? Welch seltsame Arbeitsteilung. Hat es dem vormals so zungenschnellen altlinken Barden derart die Sprache verschlagen, dass er die Texterei einem Nobody von der erstbesten Obdachlosenzeitung überlässt und sich selbst auf eine Serie dünnstrichiger Zeichnungen beschränkt? Umgekehrt wäre wohl noch eher ein Schuh daraus geworden.“ Zu einem freundlicheren Urteil kommt erwartungsgemäß die Junge Welt, wenngleich mit Einschränkungen: „Cless’ Kolumnen bleiben zu oft im satirisch Unverbindlichen, lassen den klaren Klassenstandpunkt, die unmissverständliche Kampfansage an die Herrschenden vermissen. Ein Manko, das Süverkrüps skurrile Bilder eher noch steigern.“ Ausschließlich diesen Zeichnungen widmet das Kunstmagazin art eine knappe Notiz, in der es heißt: „Zugegeben, Süverkrüps Strich ist von bemerkenswerter Souveränität, doch genau darin liegt das Problem: So klar und sicher darf man, seit Beuys, heute nicht mehr zeichnen. Und schon gar nicht so lustig.“
Aus dem insgesamt eher negativen Echo – aber Hauptsache, es gibt überhaupt eines – sei hier noch die Süddeutsche Zeitung zitiert: „Der Autor der fiftyfifty-Glossen scheint unser ‚Streiflicht’ zu kennen. Die überraschende Themenverquickung, die sprachliche Delikatesse – auch er versucht sich an derlei. Aber ach, die literarischen Referenzen schwächeln, das altsprachliche Fundament fehlt, und so landet er allzu oft in schnöder Tagespolitik.“