Matt Damon guckt ab Anfang des Film stoisch in die Gegend und will das bis zum Ende auch nicht aufhören. Denn Damon, in der Rolle des Edward Wilson, eines fiktiven Mitgründer der CIA, lebt in Geheimnissen und von Geheimnissen. Und jeder weiß, wenn man so viel zu verbergen hat, dann rührt man keine Miene, man könnte sich ja sonst verraten. Das mag für einen Schauspieler keine so gute Rolle sein, aber der Regisseur, der große Meister des amerikanischen Films, Robert De Niro, will es so. Auch für ihn gibt es in dem ruhig erzählten, mit großen Bildern aufwartenden Film eine Rolle: Die des Geheimdienst-Paten, des Initiators, des Talentesuchers, Strippenziehers und politischen Bedenkenträgers.
Denn Bedenken hat De Niro, zwar erscheint die Voläuferorganisation der CIA, das OSS (Office of Strategic Services), die Spionageorganisation der US-Amerikaner im zweiten Weltkrieg, noch hehr und rein, die Rollen der Guten und der Bösen waren klar erkennbar, aber De Niro macht sich Sorgen um die politische Kontrolle einer Organisation, die von Berufs wegen keinem was erzählen soll. Dass die Bedenken gerechtfertigt waren und sind, das ist allgemein bekannt. Dass es häufig amerikanische Politiker waren, die der CIA die Drecksaufträge gaben, dass die Kontrolleure nicht selten außer Kontrolle gerieten schon weniger.
Zwar schildert der Film "The good Shepherd" eine Reihe von Schweinereien der Agentur, da wird schon mal ein lateinamerikanischer Präsident aus dem Weg geräumt (stimmt), da wird die versuchte Invasion Kubas vom Präsidenten der USA empfohlen und von der CIA umgesetzt (stimmt) und die Zusammenarbeit der CIA mit der Mafia thematisiert (stimmt auch), aber alles bleibt flüchtig, ungenau und wird im Wesentlichen dem damaligen Ost-West-Gegensatz zugeschrieben und nicht als das bezeichnet was es war: Politischer Auftragsmord, völkerrechtswidriger Überfall auf ein anderes Land und Zusammenarbeit mit einer kriminellen Vereinigung. Wobei das letztere in diesem Fall als lässliche Sünde gelten darf, schließlich war die CIA temporär selber schwerstkriminell.
Und doch muss man De Niro unterstellen, dass er es gut gemeint hat, denn dem CIA-Protagonisten Wilson bleibt nichts erspart: Die erste große Liebe (in der Rolle einer gehörlosen Frau die sensationelle Tammy Blanchard) entgleitet ihm, seine Ehe zerbricht, eine weitere Liebschaft (konzentriert und verhalten erotisch gespielt von Martina Gedeck) lässt er umbringen und an der Ermordung der Braut seines Sohnes ist er nicht ganz unschuldig, und alles nur, weil er nicht Nein sagen kann, weil er an seiner merkwürdigen Form von Patriotismus geistig und emotional verkrüppelt. So geht es denen, die Böses tun, sagt uns De Niro. Aber er sagt nicht, dass sie auch Böses wollen.
Gute 160 Minuten grundsoliden amerikanischen Kinos liefert De Niro, das private Drama des Edward Wilson wird ausführlich und durchaus packend erzählt. Auch wenn Wilsons Frau im Film, Angelina Jolie, in einer Filmzeit von mehr als 20 Jahren einfach nicht altern will, hat der Film kaum handwerkliche Fehler. Doch obwohl die Personalisierung gesellschaftlicher Tatbestände ein gutes Mittel zur Erkenntnis sein könnte und der Film durchaus Spannung erzeugt, will sich keine intellektuelle Einsicht, keine Sicht auf jene USA, deren international agierender Knüppel die CIA ist, einstellen. So bleibt der Film eher gut gemeint, auch ganz gut gemacht, aber nicht zu Ende gedacht. Der Film ist ab dem 15. Februar im Kino.