Ein schäbig und zwielichtig aussehender Mann betritt das Nobelhotel in Monaco. So wie der aussieht ist es klar, dass man ihn auffordert im Voraus zu zahlen. Ungerührt greift er in Tasche seines abgerissenen Mantels und blättert aus einem ordentlichen Päckchen die erforderliche Zahl Dollars auf den Tisch. Nur kurze Zeit später, mit der Hilfe des Hotelschneiders, ist aus der verlumpten Existenz ein Elegant geworden, aus dessen Gesicht das Zwielicht nicht gewichen ist. Hochstapler schreien die Bilder, Betrüger. Und als er des Abends mit einer ultraleichten Dame im Bett liegt, sagt seine Haut KZ. Die blaue Nummer auf dem Arm ist deutlich sichtbar.
Sie ist wahr die Geschichte, könnte aber auch gut erfunden sein: Mit gefälschtem Geld en masse will die Naziführung 1943 die Wirtschaft Englands und der USA unterminieren. Weil Fachleute für diese anspruchsvolle Arbeit rar geworden sind, entweder sind sie an der Front oder schon tot, suchen sie in den Konzentrationslägern die besten Drucker, Bankiers, Graveure und Papierkenner zusammen. Der Höhepunkt dieser Sammlung von Spezialisten, die im KZ Sachsenhausen eine eigene Abteilung bilden, ist der gelernte Fälscher, Jude und Besitzer einer Halbweltkneipe in Berlin Sally Sorowitsch. Er stößt aus dem KZ Mauthausen zur Fälscherkompanie und hat dort nur deshalb überlebt, weil er die Lagerbonzen samt ihren Frauen und Hunden in süßlich-heroische Bilder einpackte, ihre Bäuche in Öl gepinselt hatte.
Sorowitsch (Karl Markovics auch als "Stockinger" aus einer selten guten TV-Serie bekannt) ist die zentrale Figur des Films. Mit meisterlicher Ambivalenz gibt er den zynischen Lebenskünstler, den Ich-glaub-an-gar-nix-Mann, den abgebrühten Durchwurschtler, der nur eins will: Überleben. Schnell wird er, der ja schon in Berlin ein König der Blüten war, zum heimlichen Chef der Fälschergruppe. Der von der SS bestellte Leiter des Unternehmens ist Obersturmbannführer Herzog, ein unglaublich schmieriger Charakter, zwischen mörderischem Herrenmensch und Biedermann hin- und her agierend, gegen Kriegsende sich dem Sorowitsch schleimig nähernd, man wird Persilscheine brauchen. Dieser Nichtcharakter wird mit ausgesuchter Fiesheit von Devid Striesow gespielt.
Es ist August Diehl, der dem kommunistischen Drucker Adolf Burger (nach dessen Erinnerungen das Drehbuch geschrieben wurde) ein seltsam hölzernes Leben einhaucht. Vielleicht ist es aber auch nur das Drehbuch, das dem Burger ein Übermaß an Heroismus abfordert und ihm so zu viel Farbe gibt, was genauso schlecht ist wie zu wenig. Immerhin kommt mit der Figur des Burger die große moralische Dimension in die Story: Darf man den Nazis, dem mörderischen Feind der Menschen und insbesondere derer, die im KZ zu einem mehr oder minder schnellen Tod verurteilt sind, darf man denen die Hand zu einem wirtschaftlichen Angriff auf die potentiellen Befreier reichen?
Aber auch eine kleine moralische Frage darf gestellt werden, als der kriminelle Sorowitsch von einem jüdischen Mithäftling, der immerhin vorher Bankier war, seiner sozialen Herkunft wegen - Ostjude und Fälscher, mein Gott! - diskriminiert wird. Es ist ebenso grausam-komisch wie wahr, dass die deutsche Vorkriegsgesellschaft mit ihren Klassenvorurteilen bis in den Tod funktionieren konnte. Dem Regisseur des Films, Stefan Ruzowitzky, gelingt hier und in anderen scheinbaren Kleinigkeiten die spielerische und durchaus spannenden Annäherung an jenes Kapitel der deutschen Geschichte, das ob seiner Dramatik noch in tausend Jahren Stoff für Bücher und Filme liefern wird.
Die Fälscher genießen Privilegien die den "normalen" KZ-Insassen natürlich nicht zugänglich sind, die sollen ja möglichst schnell sterben, die Spezialisten aber werden gebraucht. Also gibt es genug zu Essen, eine Tischtennisplatte zur Belohnung für die ersten gelungenen Pfundnoten und Duschen, die zu einer der eindrucksvollsten Szenen des Films führen, als sich einer, der vorher zum Leichenräumkommando in Auschwitz gehörte, schreiend gegen das Duschen wehrt: Er erwartet Giftgas, aber die Privilegierten bekommen noch richtiges Wasser.
Während Burger die Produktion der Dollars weiter sabotiert und deshalb von seinen Mithäftlingen, die um ihr Leben fürchten, bedroht wird, sucht Sorowitsch nach einem Ausweg. Der Film entscheidet nicht, wer von den beiden recht hat. Dankbar registriert man, dass er nicht Partei ergreift, dass die schlauen Nachgeborenen nicht darüber urteilen, ob ein paar Tage länger zu leben wichtiger sind, als den Nazis den Krieg zu verkürzen, was eine Menge Leben retten würde. Allerdings gibt es einen leisen, vorsichtigen Kommentar, den die Schlusszene liefert, in der Sorowitsch all seine doppelt falschen Dollars verspielt. Der Film ist ab dem 22. März in den Kinos.