Es sind coole Armee-Typen, die man in der Nähe der ehemaligen Kreuzritterburg "Beaufort" stationiert hat. Der Vorposten der israelischen Armee liegt auf den Golanhöhen, was der Film nicht einmal erwähnt, die Israelis haben diesen Streifen Land 1982, im ersten Libanon-Krieg besetzt und ihn erst im Jahr 2004 verlassen. Zwischendurch wurden sie von der UN mehrfach aufgefordert, die völkerrechtswidrige Besetzung zu beenden, auch darüber schweigt der Film. Sonst wird ziemlich viel geredet: Die Jungs von der israelischen Armee, in ihren Unterständen und Tunnelsystemen lecker ausgeleuchtet, als wäre es ein TV-Spot von Nike, reden über sich, ihre Familien und den baldigen Abzug: Die militärischen Anlagen sollen demnächst gesprengt werden, dem Feind, der Hizbollah, darf nichts in die Hände fallen.

Der Feind hat kein Gesicht. Er feuert, anscheinend wahllos auf die israelische Stellung, heimtückisch will uns der Film glauben machen, ohne Sinn, man muss die pure Mordlust vermuten. Manchmal legt er in der Nähe der Festung Minen, schon wieder Heimtücke, so sind sie die Araber, sagt der Film. Dass nahezu die komplette Grenze zum Libanon von den Israelis vermint wurde, dass die israelische Luftwaffe, wann immer sie wollte, und sie wollte nicht selten, libanesische Städte, Dörfer, Menschen bombardierte, dass interessiert den Film nicht.

Ihn interessiert die Psyche der uniformierten, durchaus sympathischen Jungs, die sich leicht verzweifelt fragen, warum sie denn hier noch stationiert sind, wo sie doch diesen Posten bald aufgeben müssen. Ihre Gesichter lernt man kennen. Natürlich ist der Film nicht so dumm, sie in irgendeine Form von Hurra-Patriotismus zu kleiden. Sie tun nur ihre Pflicht. Auch der eingeflogene Spezialist vom Minenentschärfungskommando, der Zweifel am Sinn der Entschärfung hat und sie für saugefährlich hält, macht sich dann doch an die Arbeit. Von seinen Vorgesetzten befohlen und von Liraz, dem 22 Jahre jungen Kommandanten des Vorpostens vorangetrieben.

Um Liraz gruppiert sich der Mythos der israelischen Armee: Sehr jung und schon abgebrüht, kumpelhaft der Ton untereinander, fast die Rangunterschiede verwischend, nicht immer vom Sinn der jeweiligen Mission überzeugt, aber ohne Zweifel am Großen und Ganzen. Liraz, sagen die Soldaten, Liraz lässt uns nicht allein, der holt uns aus jedem Dreck raus. Man ahnt schon bei der Totenfeier für das erste Opfers im Film (der Entschärfer hatte recht, die Mine war saugefährlich), wer der nächste Tote sein wird: Der Junge der ein tragisches Lied singt, während die anderen dunkel in die Gegend schauen. Denn immer dann, wenn man eine der Figuren im klassischen Propagandafilm mit besonderen Eigenschaften ausstattet, dem Zuschauer ermöglich ihr nahe zu kommen, fällt sie oder erringt einen besonderen Sieg.

Auch der dritte junge Mann, der von der Heimtücke des unsichtbaren Feindes in den Tod geschickt wird, hatte diese Extraausstattung. Erst jetzt, relativ kurz vor der Räumung des Postens, die Sprengladungen sind bereits angebracht, erreichen die Zweifel auch Liraz, den jungen Kommandeur. Natürlich keinen Zweifel an der Berechtigung der Besetzung anderer Leute Land, sondern am Zeitpunkt der Räumung, der hätte früher kommen sollen. Diese Haltung erinnert stark an die öffentliche israelische Debatte zum letzten Überfall auf den Libanon: Dass man da jede Menge Leute, darunter auch Zivilisten, umbrachte war schon o. k. Aber dass die Armee nicht wirklich gewonnen hatte, das ging zu weit.

Irgendwo im Tunnelsystem des Vorpostens hängt ein großes eisernes Schild, auf dem die Namen der im Laufe der Besetzung gefallenen Israelis verzeichnet sind. Es soll abmontiert und vor der Sprengung mit nach Hause genommen werden. Da es sich nicht lösen lässt, kommentieren die Soldaten, dass es wohl hier bleiben will, das Schild. Flammen lodern auf, umrahmen die Gedenktafel und jetzt liefern die Pyrotechniker doch ein wenig Heldenepos. Aber Buch und Regie können keine Trauer über die Sinnlosigkeit dieses Konfliktes vermitteln, raffen sich an keiner Stelle auf, den langen israelisch-arabischen Krieg von zwei Seiten zu sehen, ihn historisch einzuordnen oder ihm gar einen Informationsrahmen zu geben.

Die Berlinale hat "Beaufort" mit einem Silbernen Bären für Regie ausgezeichnet. Das ist eher gedankenlos als bösartig. Selbst der Regisseur hält seine Arbeit für einen Antikriegsfilm und hofft, dass die Politiker den "Mut haben den Krieg zu beenden". Das könnte in die Rubrik "gut gemeint" einsortiert werden, hätte man den Film nicht gesehen.

Man stelle sich vor, der russischen Filmindustrie wäre es eingefallen den Abzug des letzten Posten der Roten Armee aus Afghanistan als Drama des einfachen Soldaten zu inszenieren, der zwar gern nach Hause geht, aber nach so langer Zeit der Verteidigung russischer Interessen am Hindukusch auch von einer gewissen Wehmut erfüllt ist. Empört hätte die Berlinale-Auswahlkommission dieses Machwerk zurück gewiesen. Zu Recht, natürlich.